Holzminden (red). Glatte Straßen, verschneite Verkehrsschilder und vereiste Scheiben sind für so manche Autofahrerinnen und Autofahrer im Winter kein Vergnügen. Allerdings haben sich in den letzten Jahren auch viele Märchen rund um das Autofahren in den kalten Monaten verbreitet. Andreas Röll, Leiter der TÜV NORD Station Holzminden, hat sich einige dieser Mythen näher angeschaut. 

Mit warmem Motor schnell zu freier Sicht 

Vereiste und beschlagene Scheiben sind bei kalten Temperaturen keine Seltenheit. Eine beliebte Methode für schnelle freie Sicht: den Motor im Stand laufen lassen. Sinnvoll ist dies jedoch nicht. „Da der Motor im Stand viel Zeit braucht, um warmzulaufen, erreicht man damit abgesehen von unnötigem Lärm und Abgasen und Schäden am Motor nicht viel. Wird man dabei erwischt, folgt zudem ein Bußgeld von 80 Euro“, sagt der Stationsleiter. Am besten nimmt man den Eiskratzer zur Hand. Wenn es doch etwas schneller gehen soll, bietet sich ein Eisspray an. Bei beschlagenen Scheiben helfen das Gebläse und die Heizung auf höchster Stufe. Zusätzlich entzieht die Klimaanlage der Luft die Feuchtigkeit. 

Leise rieselt der Schnee – freie Scheiben reichen aus 

Um verkehrssicher losfahren zu können, müssen neben den Scheiben auch andere Teile des Fahrzeuges von Schnee befreit sein. Dazu zählen unter anderem die Lichtanlagen und das Kennzeichen. Auch auf dem Dach haben Schneehaufen während der Fahrt nichts zu suchen. „Wehen diese während der Fahrt herunter, wirkt sich das auf die Sicht folgender Fahrerinnen und Fahrer aus. Dabei reicht ein kurzer Griff zum Handbesen“, rät der TÜV-Experte. 

Wunschkonzert bei der Winterbereifung 

Seit 2010 gilt auf den deutschen Straßen eine Winterreifenpflicht. Sie greift situativ, also witterungsabhängig. „Bei Glatteis, Schneematsch, Reif, Eis- oder Schneeglätte müssen Winterreifen mit dem dreigezackten Bergpiktogramm mit der Schneeflocke in der Mitte gekennzeichnet sein. Das M+S-Zeichen allein reicht für neue Reifen nicht mehr aus“, erklärt Röll. Wer bei diesen Bedingungen noch mit Sommerbereifung unterwegs ist, muss mit einem Bußgeld von bis zu 120 Euro und einem Punkt in Flensburg rechnen. Um dem vorzubeugen, dient die O-bis-O-Faustregel. Sie besagt, dass Winterreifen von Oktober bis Ostern genutzt werden sollten. Zusätzlicher Tipp: „Fällt die zulässige Höchstgeschwindigkeit der Winterreifen niedriger aus als die des Autos selbst, muss man einen Aufkleber anbringen. Gerade bei den Hauptuntersuchungen fällt uns das immer wieder auf“, sagt der Stationsleiter. 

Runter mit dem Reifendruck für mehr Antrieb auf Schnee 

Der Gedanke an sich ist nicht falsch. Durch den verringerten Reifendruck vergrößert sich die Fläche des Rades. Das verhindert unter anderem, dass der Reifen durchdreht. Aber: Ist man mit dem Fahrzeug wieder auf normalem Asphalt unterwegs, wird ein zu niedriger Reifendruck schnell gefährlich. „Die Bodenhaftung lässt deutlich nach, das Bremsverhalten ändert sich und die Reifen verschleißen schneller. Zudem verbraucht das Auto mehr Sprit. Wir empfehlen daher, zu jeder Zeit mit dem für das Fahrzeug zugelassenen Luftdruck zu fahren“, erklärt der TÜVExperte. 

Zugeschneite Verkehrsschilder sind unwichtig 

Wichtige Verkehrsschilder wie das Stoppschild sind auch bei dicker Schneedecke durch ihre spezielle Form gut zu erkennen und gelten uneingeschränkt. Eine bedingte Lesbarkeit schützt hier nicht vor einem Bußgeld. Sind Verkehrsschilder eingeschneit, die aufgrund ihres Umrisses nicht hervorstechen, spielt in vielen Fällen die Ortskunde der Fahrenden eine Rolle. Ist diese nicht gegeben und das Schild nachweislich nicht lesbar, kann es seine Gültigkeit kurzzeitig verlieren. Eine Vollbremsung im Schnee ist eine gute Idee Das Antiblockiersystem (ABS) unterstützt den Bremsvorgang in vielen Situationen, aber Schnee und Eis stellen auch dieses vor Herausforderungen. Hier hilft es, die Geschwindigkeit zu reduzieren und vorausschauend zu fahren. Besonders bei der Kurvenfahrt ist dies zu beachten. „Am besten vermeidet man starke Bremsmanöver und schnelle Lenkbewegungen gänzlich, um in der Spur zu bleiben. Bricht das Fahrzeug dennoch aus, die Kupplung treten und vorsichtig gegenlenken“, rät Röll. 

Die Autowäsche im Winter ist zwecklos 

Streusalz, matschige Straßen und Schmutz gehören in den dunklen Monaten oft zum Alltag. Viele Autofahrerinnen und Autofahrer verzichten daher lieber auf die Kosten der Waschanlage. „Besonders in den Wintermonaten ist eine regelmäßige Wäsche wichtig, um all den Schmutz zu beseitigen. Denn Streusalz tut dem Unterboden und dem Lack nicht gut. Zudem wirkt sich das auf die Sicherheit aus. Verdreckte Pkw, Motorräder und Lkw sind zudem für andere Verkehrsteilnehmende schlechter zu erkennen und auch die eigene Sicht ist eingeschränkt“, erklärt Röll. Aus diesem Grund empfiehlt sich in gewissen Abständen ein Besuch der Waschanlage. Auch wenn viele Märchen und Mythen rund um das Autofahren im Winter die Runde machen, sollte man diese hinterfragen. Ist man sich nicht sicher, helfen die Expertinnen und Experten an den TÜV NORD Stationen gerne weiter.