Holzminden (djd). Heute sind wir es gewohnt, beim Optiker aus unzähligen Brillenfassungen aussuchen zu können, auch bei den Gläsern hat man die Qual der Wahl. Bis dahin war es allerdings ein langer Weg, um ein Nachlassen der Sehkraft kompensieren zu können. Der Lesestein etwa gehört zu den Anfängen der Brille. Er stammt aus mittelalterlichen Werkstätten, in denen Quarze, Bergkristalle und Edelsteine geschliffen wurden, um damit Schreine, Kreuze und Reliquien zu verzieren. Per Zufall entdeckten Handwerker den Vergrößerungseffekt und nutzten diese "Lupen" für die Betrachtung kleiner Schriften.

Die Brille als Massenprodukt

Was Hersteller und Nutzer von Brillen schon immer interessierte, war die Positionierung und Fixierung von Sehhilfen vor dem Auge. Den entscheidenden Schritt zur Brille markierte die sogenannte Nietbrille, die zwei Gläser miteinander verband. Bis ins 16. Jahrhundert waren diese vor die Augen gehaltenen Fassungen unter Gelehrten und in höfischen Kreisen der letzte Schrei. Ohne beweglichen Steg wurden die Gläser dann bei der Bügelbrille zusammengehalten. So oder so war die Brille im Mittelalter ein Luxusprodukt. Zum Massenprodukt wurde sie erst viel später - etwa durch die Patentierung der ersten modernen, eingefassten Brille durch Josef Rodenstock im Jahre 1879. Das von ihm gegründete gleichnamige Unternehmen feiert 2017 sein 140-jähriges Bestehen. Zum Jubiläum gibt es spezielle Retro Classic Modelle. Nur der Look ist dabei retro, die Technologie dagegen auf der Höhe der Zeit. Mehr dazu steht unter www.rodenstock.de.

Tragbare Extravaganz

Die Entwicklung von Kunststoffen für den Einsatz bei Brillengestellen nahm im Übrigen erst nach dem 2. Weltkrieg Fahrt auf. Die Ersatzstoffe aus dem Chemielabor erweitern die entsprechenden Optionen extrem. In den wilden 1960er-Jahren wird die Brille dann zum Lieblingsobjekt der Designer und Stilikonen, auch die gute alte Nickelbrille erfährt eine Renaissance. Die Brillenmode in den 1970er-Jahren war farbenfroh und von Experimentiergeist geprägt. In den 1980er-Jahren rückte dann der Glam-Look an die Stelle des Hippie-Styles, Titanfassungen galten als echte Revolution dieser Zeit. Wieder anders dann der Trend in den 1990er-Jahren: Nun musste alles möglichst cool sein, das galt auch für die Brille. Karl Lagerfeld etwa setzte auf tragbare Extravaganz mit Brillen aus Titan und exklusiven Spezialkunststoffen. Heute gilt in der Brillenmode: Erlaubt ist, was gefällt. So sind gerade Materialkombinationen zwischen Acetat und Metall besonders angesagt. Aber auch Brillen mit dünnem Metallrand sind gefragt, denn sie stellen den Träger in den Vordergrund.

Foto: djd/Rodenstock