Kreis Holzminden (red). Nirgends wird so viel diskutiert, gefachsimpelt und gestritten, wie in der Hundeszene. Gerade in öffentlichen Foren wird gern und oft an den Pranger gestellt. Die Moral bleibt leider allzu oft auf der Strecke. Es gibt nicht nur einen Weg, um das Ziel zu erreichen. Manche Wege sind gepflastert und andere dauern länger. Manchmal sind schmerzhafte Erfahrungen und Tränen nötig, um sich zu guter Letzt doch noch für einen anderen Abzweig zu entscheiden. Jedes Mensch Hund Team ist einzigartig und deshalb wirken gut gemeinte Ratschläge oder Nullachtfünfzehn Theorien selten oder gar nicht.

Doch über welche Themen wird am meisten gestritten?

Erziehungsmethoden

Erziehungsmethoden gibt es mittlerweile wie Sand am Meer. Hundebesitzer müssen selbst oder mit Hilfe einer Hundeschule entscheiden, für welche Methode sie sich entschließen. Reicht die Grundschule oder soll es weitergehen auf die Haupt-, Realschule oder sogar das Gymnasium. Die Schulform ist ebenfalls wichtig. Angefangen bei der Walldorfschule über Montessori, der Gesamtschule bis zum Internat wird viel geboten. Eine rein positive Erziehung kann klappen, muss aber nicht. Das ist immer vom Hund und natürlich auch ganz entscheidend vom anderen Ende der Leine abhängig. Veraltete Methoden sind immer noch zu finden. So gibt es Frauchen und Herrchen, die ihre Welpen im Nacken packen und schütteln, die Nase des Vierbeiners nach einem Unglück in das Pfützchen stecken und darauf beharren, dass sie immer zuerst durch die Tür gehen. Die Wattebauschbällchen-Fraktion verbietet streng ein Nein und clickert stattdessen in unerwünschtes Verhalten hinein. Es gibt die Rudelstellungen und Menschen, die grundsätzlich immer vor ihrem Hund essen. Beschwichtigungssignale werden interpretiert, Stress diagnostiziert und intermediäre Brücken gebaut. In diversen Hundevereinen- und Schulen werden immer noch Zwangsmethoden propagiert, während andere auf Leckerchen und positive Verstärker setzen.

Für Marion Lindhof, zertifizierte Hundetrainerin, ist eine konsequente Hundeerziehung wichtig: „Ich sage meinem Hund, wenn ich etwas nicht will und mache ihm deutlich, welches Verhalten ich in bestimmten Situationen bevorzuge. Mein Hund darf Hund sein und ich vermenschliche ihn nicht. Ich quäle meinen Hund nicht und füge ihm keine Schmerzen zu. Ich respektiere ihn als Lebewesen und sehe ihn als volles Familienmitglied an. Jeder so wie er kann und in seiner eigenen Geschwindigkeit. Niemand sollte sich verrückt machen lassen und immer bei sich bleiben, denn sonst artet die Erziehung in Stress aus und die erwünschte Beziehung zum Partner Hund lässt auf sich warten.“

Gassi gehen

Wie oft und wie lange Hundebesitzer mit dem Hund Gassi gehen ist mittlerweile sogar gesetzlich geregelt. Eine Regeländerung, die tatsächlich jeden Hundehalter betrifft, ist die „Allgemeine Anforderung an das Halten“ in der Tierschutz-Hundeverordnung. Diese besagt, dass jeder Hund in Deutschland ausreichend Auslauf im Freien „außerhalb eines Zwingers“ haben muss, und dass sich Hundehalter auch täglich aktiv mit ihrem Tier beschäftigen müssen. Das sollte eigentlich selbstverständlich sein, ist aber bei vielen Hundehaltern noch Utopie. Statt Gassi zu gehen und dem Hund immer mal wieder neue Schnüffelrunden zu gönnen, werden die Hunde oftmals nur in den Garten geschickt und sollen sich dort selbst bespaßen. Die Besitzer wundern sich, dass der Hund sich hier selbstständig macht und zum bellenden Gartenzaunmonster mutiert.

Das richtige Benehmen bei Hundebegegnungen

„Die Hunde machen das schon unter sich aus…“. Leider sind immer noch viele Hundebesitzer davon überzeugt. Sie halten es nicht für nötig, ihre eigenen Hunde an die Leine zu nehmen, geschweige denn zurückzurufen, wenn ein anderer Artgenosse am Horizont erscheint. Natürlich sind Hundekontakte wichtig und es ist schön, wenn Fiffi ein paar gute Kumpels hat, mit dem er über die Hundewiese toben kann. Doch bei fremden Hunden sollte akzeptiert werden, wenn der ein oder andere darauf keine Lust hat oder vielleicht sogar aus Krankheitsgründen keinen Kontakt aufnehmen darf.

Kastration

Eine Kastration sollte nur nach vorheriger medizinischer Indikation durchgeführt werden. Problemverhalten wird selten dadurch gelöst. Manchmal wird unerwünschtes Verhalten sogar noch, durch das Fehlen der Hormone, verstärkt. Schnipp schnapp und ab muss gut überlegt sein, denn diese Einbahnstraße kann nicht mehr rückgängig gemacht werden.

Ernährung

Das Angebot ist vielseitig: Es reicht von Trockenfutter, Nassfutter, über Rohfleisch, Obst, Gemüse und sogar veganem Futter. Der Markt ist hart umkämpft. Herrchen und Frauchen haben die Qual der Wahl zwischen getreidefreiem Futter, billig, teuer, antiallergen und mit Zusatz von bestimmten Kräutern und Wundermitteln.

Beschäftigung

Wer will eigentlich Agility machen oder Bällchen spielen? Hundesport artet oft aus und es geht nur noch um höher, schneller und weiter. Der Ehrgeiz des Menschen macht aus so manchem Hund ein Monster. Eigentlich wollen Hunde doch nur ein gemütliches Leben führen und haben ein sehr hohes Ruhebedürfnis. Bis zu 18 Stunden Schlaf sind normal. Montags clickern, dienstags Agility, mittwochs Fährtentraining, donnerstags mantrailen und freitags Zielobjektsuche, kann viel Stress bereiten. Auch Border Collies benötigen keine Dauerbeschäftigung. Viel wichtiger ist es Ruhe zu vermitteln, die Frustrationstoleranz zu steigern und lernen, ruhig und gelassen zu sein. Doch auch hier gehen die Meinungen stark auseinander, wobei zum Glück ein Trend nach mehr Ruhe und Entspannung erkennbar ist.

Tierschutz

Das Spiel mit dem Mitleid lässt Hundeherzen nicht immer höherschlagen. Ganz im Gegenteil, denn so mancher Streuner aus Rumänien kann sich nur schwer an ein Leben im 4. Stock, mitten im Großstadtgetümmel, gewöhnen. Tierschutz ist gut und wichtig, doch falsch verstanden, kann es in einer Katastrophe enden.

Impfen

Genau wie beim Menschen polarisiert das Thema Impfen beim Hund. In Deutschland gibt es keine Impfpflicht, jedoch gibt es Einlass ausschließlich für geimpfte Hunde bei Turnieren, gewissen Veranstaltungen, in Hundeschule und Hundepension. Wer mit seinem Hund in den Urlaub fährt, muss auf die Einreisebestimmungen des jeweiligen Landes achten, sonst kann es passieren, dass der Vierbeiner allein Zuhause bleibt.

Noch mehr Themen

Es gibt noch viel mehr Themen, die die Hundewelt auf Trab hält und täglich neu diskutiert werden. Wissenschaftliche Methoden sind erwiesen und am nächsten Tag schon widerlegt. Gespräche auf Hundewiesen sind oft interessant, manchmal haarsträubend und nervig. Jeder Hundehalter muss selbst herausfinden, was für seinen Hund das Beste ist und sich stimmig anfühlt. Niemand sollte sich verrückt machen lassen.

Marion Lindhof ist zertifizierte Hundetrainerin und führt mit ihrem Mann zusammen ein Hundehotel in Eschershausen.

Foto: Lindhof