Holzminden (red). „Die kochen auch nur mit Wasser“, das stellten die Schüler des Kurses Politik-Wirtschaft auf erhöhtem Niveau aus dem 11. Jahrgang des Campe-Gymnasiums fest, als sie sich am Mittwoch, den 28. Februar, auf den Weg in den Landtag machten, um ihn in seinen neuen Räumlichkeiten zu besuchen. Auf Einladung der FDP ging es morgens mit dem Bus in die Landeshauptstadt, wo die Abgeordneten bereits kontrovers über antibiotika- resistente Keime in öffentlichen Gewässern debattierten. Für allgemeine Belustigung sorgte der (erfahrene) neue Umweltminister Olaf Lies selbst, der im Rahmen seiner Regierungserklärung über das Fachvokabular stolperte und es mit Humor nahm. „Alter Schwede“ entfuhr es ihm nach einigen Anläufen. Amüsiert unterbrach ihn der Landtagspräsident Dr. Busemann, der ihn darauf hinwies, dass die Stenographen schließlich jede Silbe mitschreiben müssten.
Nachdem die Politiker zu diesem doch sehr speziellen Thema Fragen stellen konnten, waren die Schüler an der Reihe, ihre Fragen los zu werden. Die drei Abgeordneten Sabine Tippelt (SPD), Uwe Schünemann (CDU) und Hermann Grupe (FDP) standen ihnen Rede und Antwort. Zu Beginn drehte sich das Gespräch um die Frage, wie es gelänge, Holzminden verkehrstechnisch besser an urbane Zentren, beispielsweise Hannover, anzubinden. Sabine Tippelt erklärte die Schwierigkeiten im Einsatz für ein zweites Gleis in Holzminden, welches die Anbindung des ÖPVN verbessern würde. Grupe wandte ein, dass eine Politik gegen das Auto eine Politik gegen den ländlichen Raum sei. Es gäbe auch Angebote wie den Partybus nach Herford betonte Schünemann, der in Bezug auf seine jugendlichen Gesprächspartner dafür warb, kreisübergreifende Projekte für die Jugend zu unterstützen.
Richtig kontrovers wurde diskutiert, als das Gespräch auf die Schulsituation im Land und speziell im Kreis kam. Insbesondere Schünemann und Grupe, die letztes Jahr zusammen in der Opposition zusammenarbeiteten, vertraten sehr konträre Ansichten. Auf lange Sicht seien kleine Oberschulen im Kreis nicht zu halten. Um die Qualität der Bildung zu gewährleisten, müsse zentralisiert werden, so Uwe Schünemann. Er sprach sich für das Gymnasium und eine Form der Gesamtschule aus. Im Gegensatz dazu hob Grupe hervor, dass alle Schulen im Kreis mit viel persönlichem Einsatz gute Arbeit leisten würden, die es zu erhalten gelte. Zustimmung erhielt der Oppositionelle von Tippelt, die einbrachte, dass die Geburtenrate im Kreis wieder steige. So sei zwar keine Vierzügigkeit zu erreichen, es reiche aber für einen Erhalt der Schulen. Interessiert beobachteten die Schüler die Diskussion und beteiligten sich mit ihren Erfahrungen aus dem Schulleben und ihren Standpunkten.
Die Schüler stellten weitere Fragen zu den Themen, mit denen nun die Koalitionspartner SPD/CDU im Wahlkampf geworben hatten. Beispielsweise wurde Frau Tippelt gefragt, was aus dem SPD-Versprechen geworden sei, die Kosten für die Schülerbeförderung des Sekundarbereichs II zu übernehmen. Diese entgegnete allerdings, dass dieses Versprechen zwar weiter auf der Agenda stünde, momentan aber schlichtweg nicht umsetzbar sei, da dem Land diesbezüglich die finanziellen Mittel fehlten.
An Uwe Schünemann wurde die Frage gestellt, was aus dem Versprechen geworden sei, eine Unterrichtsgarantie für Niedersachsen zu schaffen. „Das Berechnungsverfahren der Unterrichtsversorgung soll in dieser Legislaturperiode überprüft werden. Das Ziel ist mehr Transparenz für alle Beteiligten. Die Eckpunkte einer guten Unterrichtsversorgung sollen sich künftig an neuen Indikatoren orientieren“, so der Koalitionsvertrag. Er verwies darauf, dass mit dem Koalitionspartner schon viel vereinbart wurde und man auf einem guten Weg sei die Unterrichtsversorgung weiterhin sicher zu stellen. Klar müsse aber auch sein, dass Lehrer nicht von heute auf morgen ausgebildet seien und dieses Problem so auch nicht von heute auf morgen gelöst werden könne.
Nach einem gemeinsamen Gruppenfoto, zu dem sich noch der Abgeordnete Meyer gesellte, ging die Fahrt wieder zurück zum Campe-Gymnasium. Positiv aufgefallen ist den Schülern die gesunde Streitkultur, mit der strittige Fragen abgewogen und ausdiskutiert wurden. Beim angeregten Gespräch auf dem Rückweg stellte eine Schülerin fest, dass es ein ganz anderes Erlebnis ist, die Arbeit des Parlamentes live und ungefiltert zu beobachten, als sie zusammengefasst in der Zeitung zu lesen. Denn Politiker sind eben auch nur Menschen, die „auch nur mit Wasser kochen.“
Foto: FDP