Holzminden (red). Gleich zu Beginn der Flüchtlingskrise 2015 haben die Berufsbildenden Schulen Holzminden Modelle zur Integration von geflüchteten Jugendlichen entwickelt. Dabei ist das Ziel klar definiert: Vermittlung der deutschen Sprache zur Teilnahme am regulären Schulsystem und die Qualifizierung für eine duale Ausbildung. Dazu haben Studiendirektor Helmut Affelt und Studienrat Nils-Peter Kriegel ein Fördernetzwerk aus bereits bestehenden und neuen Angeboten geschaffen. Der Landtagsabgeordnete Uwe Schünemann hat sich vor Ort über den Erfolg dieses Modulsystems nicht nur informiert, sondern in zwei Sprachlernklassen hospitiert. „Eine lohnende Anstrengung für die Schülerinnen und Schüler aber auch für unsere Gesellschaft“, lautet sein Fazit. Allerdings müssten die Rahmenbedingungen weiter verbessert werden.
Begrüßt wurde der ehemalige Integrationsminister von den zum Teil minderjährigen Flüchtlingen mit den Worten: „Danke! Kein Krieg in Deutschland. Ich kann frei reden. Habe keine Angst mehr.“ Für Uwe Schünemann waren das bewegende Momente. „Beeindruckt war ich von der Disziplin und dem Willen zu lernen“. Die Hinweise, es sei schwer mit Einheimischen in Kontakt zu kommen, sollten wir ernst nehmen. „Eine Aufgabe aber auch eine Chance für viele unserer Vereine.“
Zurzeit besuchen 63 Flüchtlinge die Sprachlern- und Berufsorientierungsklassen der Georg-von-Langen-Schule. Am Anfang steht die Sprachfeststellung. Nicht wenige sind Analphabeten. Einige Mädchen durften in ihren Herkunftsländern die Schule nicht besuchen. „Der Deutschunterricht ist für diese Jugendliche aber auch für die Lehrkräfte eine ganz besondere Herausforderung“, so Uwe Schünemann. Hier reiche die Zeit in der Sprachintegrationsklasse als Vorbereitung auf die darauf aufbauenden Sprachlernklassen A1 und A2 oftmals nicht aus. Eine Wiederholung ist deshalb keine Seltenheit.
„Es ist ein Glück, dass hier Sprachmittler mit Migrationshintergrund eingesetzt werden“, schildert der CDU-Politiker seine Eindrücke aus der Hospitation. Die eigenen Integrationserfahrungen seien sehr hilfreich. So werde sensibel, wenn nötig aber auch resolut und durchsetzungsstark agiert. Leider erhalten die Sprachmittler nur Zeitverträge, die aus rechtlichen Gründen nicht verlängert werden können. „Diese bewährten Kräfte dürfen wir zukünftig nicht wieder einsetzen“, schlägt Schulleiter Andreas Hölzchen Alarm. Für Uwe Schünemann ist das ein unhaltbarer Zustand: „Integration ist keine Momentaufnahme sondern eine Daueraufgabe. Deshalb müssen die Schulen ein festes Budget erhalten, aus denen auch Sprachmittler festangestellt werden können.“ Diese engagierten Mitarbeiter bräuchten Sicherheit und Weiterbildungsmöglichkeiten. Allein das Heranführen von Analphabeten an die deutsche Sprache erfordere zusätzliche Qualifikationen.
Nach in der Regel einem Jahr intensiver Sprachvermittlung bieten die Berufsbildenden Schulen eine individuelle Förderung - zugeschnitten auf den jeweiligen Wissensstand - an. Vom Berufsvorbereitungsjahr Technik und Hauswirtschaft mit und ohne Hauptschulabschluss bis hin zu Berufseinstiegsklassen und Berufsfachschule. Ein Modell, das in Holzminden für ganz Niedersachsen in Zusammenarbeit mit der Bundesagentur für Arbeit gestartet wurde, ist „Sprint-Dual“. Sofern Kompetenzen bereits ausreichen gehen die Jugendlichen für drei Tage in einen Betrieb und zwei Tage in die Berufsschule. „Dieser Praxisbezug ist eine wichtige Motivation und tolle Vorbereitung auf eine hoffentlich anschließende berufliche Ausbildung“, lobt Uwe Schünemann. 19 Jugendliche hätten in den letzten beiden Jahren bereits einen regulären Ausbildungsvertrag unterschrieben.
Zum Abschluss seines Praktikums richtete der CDU Landtagsabgeordnete seinen herzlichen Dank an den Schulleiter Andreas Hölzchen für die tiefgreifenden Einblicke in die Arbeit des Fachbereichs Migration. „Sie haben hier engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die aus Überzeugung Herausragendes leisten.“ Dieser Einsatz müsse auch in Hannover anerkannt werden. Nicht nur mit Worten, sondern mit ausreichendem Personal. Individueller Förderunterricht insbesondere in Sprache, Mathematik und Fachtheorie sei nicht nur für Flüchtlinge dringend erforderlich. Mit einer Unterrichtversorgung von unter 90 Prozent sei dies auf Dauer nicht zu leisten. Wenn schon keine Lehrkräfte zugewiesen werden könnten, müssten zumindest zusätzliche finanzielle Mittel bereitgestellt werden. „Oftmals können wir vor Ort individuelle Lösungen finden“, versichert Andreas Hölzchen.
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