Neuhaus (red). Einen Eindruck vom derzeitigen Zustand der Sollingwälder verschafften sich Kreisverband und Kreistagsfraktion von Bündnis 90/ Die Grünen Holzminden. Fachkundig geführt wurden sie vom neuen Leiter des Forstamtes Neuhaus,Wolf Ebeling und Förster Andreas Helms, Leiter des Reviers Mühlenberg. Die zwei letzten Hitzesommer und der Regenmangel haben zu einem Absterben vieler Bäume geführt. Großflächig betroffen ist nicht nur die Fichte, sondern inzwischen auch Lärche und sogar die Buche als Hauptlaubbaumart in unseren Breiten.
Stürme wie Friederike 2018 und Eberhardt in diesem Jahr sowie Baumkrankheiten und der Borkenkäfer haben die durch die Klimaerwärmung angeschlagenen Wälder weiter gefährdet.
Forstamtsleiter Wolf Ebeling zeigte den Grünen sowohl die Herausforderung der Aufforstungen als auch die natürliche Waldverjüngung auf von Stürmen und Borkenkäfern massiv geschädigten Flächen. „Zur Zeit machen wir vor allem Notmaßnahmen wie das Entfernen vom Borkenkäfer geschädigter Bäume und das Ernten abgestorbener Bäume“, berichtete Ebeling.
Die Grünen, darunter der Landtagsabgeordnete und ehemalige Forstminister Christian Meyer, lobten die Arbeit im Forstamt beim Waldumbau hin zu klimastabileren Mischwäldern nach dem Programm der Langfristigen Ökologischen Waldentwicklung (LÖWE). „Wir machen uns große Sorgen um unsere Wälder durch die Klimaerwärmung, die ja von einigen immer noch geleugnet wird. Wer nicht an den menschengemachten Klimawandel glaubt, sollte mal unsere Wälder fachmännisch besuchen“, so Meyer.
In der Tat stimmt die rasante Klimaerwärmung die Försterinnen und Förster der Niedersächsischen Landesforsten besorgt. Auslöser für das jüngste Absterben selbst alter Buchen ist die extreme Trockenheit und das Absterben der für den Wassertransport so wichtigen Feinwurzeln im vergangenen und diesm Jahr. Vielerorts zeigt die Buche schon jetzt welkes Laub infolge des Wassermangels oder Risse in der Rinde nach Sonnenbrand. Der Befall durch Insekten wie Borkenkäferarten setzt den geschwächten Buchen zusätzlich zu.
Der Grüne Christian Meyer hatte das von 1991 stammende LÖWE-Programm insbesondere aufgrund neuer Erkenntnisse zum Klimawandel in seiner Amtszeit zu LÖWE Plus weiterentwickelt. Meyer: „Wir brauchen klimaresistente Wälder mit gemischten Baumarten. Fichtenmonokulturen wie sie nach dem Krieg aus Not angelegt wurden, sind nicht die Zukunft, sondern werden mit einem höheren Laubholzanteil aktiv von den Landesforsten umgeforstet. Mischwälder sind nicht nur gegen Schädlinge und Klimafolgen resistenter, sondern erhöhen auch die Artenvielfalt im Wald, den Klimaschutz und die Grundwasserneubildung. Unsere Wälder sind die besten Klima- und Umweltschützer, die wir haben“, so Meyer beeindruckt.
Nach den Schadwurfflächen besuchten die Grünen mit mehr als 20 Interssierten auch ältere Buchenwälder, wo einige Bäume erste Klimaschäden durch die zweijährige Trockenheit aufweisen. „Forstwirtschaft denkt in Zeiträumen von Generationen. Wenn die Klimaerwärmung die 1,5 Grad Grenze deutlich übersteigt, werden wir ein massives Waldsterben erleben. Daher ist Klimaschutz immer auch Waldschutz für die kommenden Generationen“, so Grünen-Vorstandssprecher Gerd Henke.
Auch für die Grundwasserneubildung sind Wälder und die von den Landesforsten durchgeführten Moorprojekte wichtig. "Wälder sind Wasserspeicher und sorgen für sauberes, frisches Grundwasser", stellte Gerd Henke fest. "Diese Umweltleistungen der Wälder für die Gesellschaft sollte die Politik besser honorieren".
Wolf Ebeling erläuterte die Nutzung des Holzes und wies auf den hohen Holzverbrauch in Deutschland und die vielen mit der Forstwirtschaft verbundenen Arbeitskräfte hin. Das Forstamt Neuhaus bewirtschaftet in zwölf Revierförstereien 19.500 ha Landeswald vom Vogler bis zum Solling in den Landkreisen Holzminden und Northeim. Viel Nadelholz werde zurzeit gelagert, da die Holzpreise eingebrochen sind. Erstmals seit ihrer Gründung machten die niedersächsischen Landesforsten daher im letzten und in diesem Jahr Verluste.
Der Landtagsabgeordnete Christian Meyer sagte die Unterstützung der Grünen für den Wald und die Forstwirtschaft zu: „Leider hat Niedersachsen bislang noch keine Landeshilfen für private Waldbesitzer wie in Hessen und Thüringen zur Verfügung gestellt. Für die Landesforsten brauchen wir wie in Hessen auch in Niedersachsen mehr finanzielle Unterstützung durch das Land beim Personal aber auch beim Saatgut“. Für 2020 ist es geplant, im Solling mehr als doppelt so viele Bäume neu zu pflanzen wie in den Jahren zuvor. Einher gehen soll die Anpflanzung mit der natürlichen Verjüngung auf großen Flächen. Bei Letzterer setzt die Forstwirtschaft auf die Ausbreitung der Samen der älteren Bäume.
Foto: Ulrich Schulze