Höxter (TKu). Der Dachstuhl von Schloss Corvey ist mehr als 300 Jahre alt und muss dringend erneuert werden, um historische Kulturgüter darunter zu schützen. Mit Kulturgut gemeint ist vor allem der Corveyer Sommersaal, der mit einer barocken Stuckdecke ausgekleidet ist. Dringt dort Feuchtigkeit durch Dachundichtigkeiten ein, könne der Schaden immens werden, sagt Michael Funk, Geschäftsführer des Kulturkreis Höxter-Corvey gGmbH. Bei der aktuell laufenden Ertüchtigung nach strengen Vorgaben des Denkmalschutzes handele es sich um eine Mammutaufgabe, die ohne Fördergelder gar nicht realisierbar wäre, betont Michael Funk.

Drei Millionen Euro fließen in das Projekt zur Sanierung der Welterbestätte Corvey. Nach einer erfolgreichen Bewerbung Corveys um die Fördermittel konnten Bundes- und Landesmittel für die Jahre 2021/2022 angezapft werden. Das geförderte Projekt umfasst die Sanierung der Klostermauer, die in wenigen Wochen abgeschlossen sein soll, die Sicherung des Daches in dem am meisten sanierungsbedürftigen Ost- und Nordflügel sowie den Einbau einer neuen Brandmeldeanlage. Bis auf die Brandmeldeanlage ist das Projekt bereits in der Umsetzung. Die Fördermittel setzen sich zu 50 Prozent aus Bundesmitteln (1,5 Millionen Euro), zu 40 Prozent aus Landesmitteln (1,2 Millionen Euro) und zu 10 Prozent aus Eigenmitteln (0,3 Millionen Euro) zusammen. Nachdem das Projekt Mitte 2021 bewilligt worden war, konnten die Sanierungsarbeiten im Juli vergangenen Jahres starten. Voraussichtlich werden sich diese noch bis zum Spätsommer oder Herbst 2022 hinziehen, mit Ausnahme der Installierung der Brandmeldeanlage.

Dieses muss 2023 erfolgen, da es laut Michael Funk wegen voller Auftragsbücher momentan schwierig sei, ein geeignetes Unternehmen zu finden und auch Bauteile Mangelware seien. Man versuche daher, die Fördermittel für die Brandmeldeanlage in das neue Jahr mit hinüber zu nehmen. Bis zu zehn Handwerker von sechs Unternehmen arbeiten aktuell etwa zeitgleich auf der Welterbe-Baustelle, koordiniert von Bauleiter Bernd Müller vom Dachdecker-Unternehmen Josef Müller aus Nieheim-Entrup, das auch mit den Dachdecker-Arbeiten im Bereich des Sandsteindaches betraut ist. Die Ertüchtigung der Holzkonstruktion des Dachstuhls übernimmt die Zimmerei Dirk Marx aus Beverungen als Subunternehmen und die Arbeiten zur Sicherung der Klostermauer werden von der Firma Allerkamp-Lücking aus Brakel erledigt. Architekt ist der Höxteraner Christian Sauer. 

Kulturkreis-Geschäftsführer Michael Funk ist froh, dass die Fördermittel im Kreis Höxter verbleiben, da ausschließlich heimische Unternehmen für die Arbeiten beauftragt worden sind. Es gibt viel zu tun: Die Klostermauer wird aktuell gesäubert, neu verfugt und gegen das Eindringen von Wasser durch eine Sanierung des oberen Mauerbereichs geschützt. Beim Sandsteindach wird gerade eine große Revision durchgeführt, nach mehr als 50 Jahren. „Der Dachstuhl ist 300 Jahre alt, da sind mehrere Schadstellen nichts Ungewöhnliches“, erklärt Zimmerermeister Dirk Marx. Sein langes Leben verdankt der Dachstul dem damals verwendeten Material: „Die Holzkonstruktion besteht größtenteils aus Eiche. Aber auch Fichtenholz wurde hier vor 300 Jahren verbaut – das hält lange“, so Marx. In erster Linie werden die Holzschäden an den Deckenbalken im Traufenbereich beseitigt, wo die Balken der Dachkonstruktion eingemauert waren.

Hier wurden besonders viele Schäden verzeichnet, weil an vielen Stellen Feuchtigkeit eingedrungen und das Holz faul geworden ist. Sogar der sogenannte „Hausschwamm“, eine Pilzart, habe sich stellenweise ausgebreitet, erklärt der Experte. Der Holzaustausch müsse daher an vielen Stellen erfolgen. Ausgetauscht würden aber meist nur einzelne Holzteile, die schadhaft sind und nicht der gesamte Balken. Das seien die Vorgaben des Denkmalschutzes, die alte Bausubstanz so viel wie möglich zu erhalten, weiß Zimmerermeister Marx zu berichten. Erneuert werden müssen auch die Regenrinnen, um den Abfluss zu gewährleisten, damit keine weiteren neuen Schäden entstehen. Eine Grundsanierung anstatt eines Flickenteppichs sei wichtig, sagt Architekt Christian Sauer. Unter anderem waren ausgeführte Sanierungsarbeiten in der Vergangenheit, die teilweise fünfzig oder hundert Jahre her sind, nach heutigem Kenntnisstand oft nicht ausreichend, so Sauer. 

Das 10.000 Quadratmeter Fläche umfassende Sandsteindach mit etwa 120.000 Dachplatten in doppelter Lage übereinander ist das größte zusammenhänge Solling-Sandsteindach auf der Welt. „Es gibt kaum etwas, was haltbarer ist“, meint Bauleiter Bernd Müller, der sich mit seinem Unternehmen auf das Eindecken mit Sandsteinen spezialisiert hat. Aber auch das sehr beständige Sandsteindach müsse irgendwann einmal einer Revision unterzogen werden. Solling-Sandsteine seien heute schwer zu bekommen. Die Steinbrüche, wo die Platten lange Zeit gewonnen wurden, sind in den 1950er und 1960er Jahren geschlossen worden. Das Dachdecker-Unternehmen Müller generiert daher fast alle ihre Sollingplatten nur durch den Plattenaustausch alter Dächer. Alte wiederverwendete Sandsteinplatten könnten laut dem Bauleiter nach einer Wiederverwendung noch mehr als hundert Jahre halten, wenn sie fachgerecht gelagert, angebracht und gewartet würden, weiß Bernd Müller zu berichten.

In Corvey dürfen nach einer Richtlinie des Denkmalschutzes nur alte Platten wieder verwendet werden. Bernd Müller: „Diese Art der Deckung lernt man in keiner Dachdecker-Schule – das können nur sehr wenige Mitbewerber. Wir sind jedoch Experten darin, dank unserer fünfzigjährigen Erfahrung auf diesem Gebiet“. Nach der umfangreichen Sanierung des Ost- und Nordflügels werden die Arbeiten in Corvey erst einmal eingestellt. Die Fördermittel seien dann ausgeschöpft und eine Baustelle wolle man zur Landesgartenschau 2023 in Corvey nicht sein. „Die anderen Dachbereiche müssen zu einem späteren Zeitpunkt ertüchtigt werden“, stellt Architekt Christian Sauer fest. Im Westflügel befinde sich unter anderem der Kaisersaal, so Sauer.

Fotos: Thomas Kube