Viana Pavlenko ist erst vor etwa zwei Monaten aus der Ukraine nach Deutschland gekommen. Trotzdem ist sie schon im Bachelorstudiengang Architektur an der HAWK-Fakultät Bauen und Erhalten eingeschrieben. Ihr Kommilitone Alexander Longere hat sich, gemeinsam mit einer weiteren HAWK-Studentin, gleich bereit erklärt, sie in der ersten Zeit an der Hochschule zu unterstützen. „Besonders den Seminaren auf Deutsch zu folgen, fällt mir noch schwer“, berichtet Pavlenko. „Und auch der Ablauf des Studiums ist ganz anders als in der Ukraine.“ Da helfe es ihr besonders, dass sie die gemeinsamen Seminare noch einmal mit Longere besprechen könne. Er war es auch, der sie auf das Treffen der „Study Buddies“ aufmerksam machte.
In dem neuen Hochschulprojekt vernetzten sich HAWK-Studierende mit internationalen Kommiliton*innen und Studieninteressierten. Als Mentor*innen unterstützen sie vor allem Geflüchtete aus der Ukraine oder anderen Herkunftsländern bei Herausforderungen im Studienalltag und bei der Studienorientierung. Sie wollen helfen, Kontakte an der HAWK zu knüpfen, die Hochschule kennenzulernen und in Deutschland anzukommen. In Hildesheim hat nun bei einem gemeinsamen Grillabend ein erstes Treffen zwischen Mentor*innen und Mentees stattgefunden.
Pavlenko und Longere sitzen gemeinsam mit 28 anderen Studierenden und Studieninteressierten draußen am HAWK-Campus Weinberg. Die meisten kennen sich untereinander noch nicht, 15 von ihnen sind HAWK-Studierende aus Hildesheim, die sich als Mentor*innen für das Programm angemeldet haben. Für sie ist „Study Buddies“ nicht nur eine Möglichkeit, sich zu engagieren und neue Leute kennenzulernen. Im Rahmen des Individuellen Profilstudiums (IPS) von HAWK plus können sie durch ein begleitendes Seminar auch Credits für ihr eigenes Studium sammeln.
Ihnen gegenüber sitzen an diesem Abend 15 Studierende und Studieninteressierte aus der Ukraine. In kleinen Gruppen sollen sie sich an diesem Abend kennenlernen und über ihre Erwartungen an das Programm austauschen. Zu der Veranstaltung unter freiem Himmel hat Annette Rehfus eingeladen, die das HAWK-Projekt betreut. „Dieser Grillabend ist für die Mentees und Mentor*innen der erste offene Begegnungsort“, erklärt sie. „Was mich beeindruckt, ist die hohe Motivation der Studierenden, sich in diesem Projekt zu engagieren.“ Auch an den HAWK-Standorten in Göttingen und Holzminden hat sie bereits entsprechende Auftaktveranstaltungen für das Programm „Study Buddies“ organisiert. Insgesamt haben sich 36 Studierende als Mentor*innen für das Semesterprojekt angemeldet. Etwa zwei Drittel von ihnen hätten selbst einen Migrationshintergrund und könnten so ihre besonderen Erfahrungen und Kompetenzen in das Projekt mit einbringen, so Rehfus. „Manche erwähnten, dass sie sich selbst als Geflüchtete ein solches Programm gewünscht hätten.“
Unter den Studierenden, die sich engagieren möchten, sind auch Maria Amaeri, Wesam Ajini und Omar Alkhudr. Amaeri studiert Bauingenieurwesen an der HAWK, Ajini und Alkhudr sind Studenten der Sozialen Arbeit. Alle drei stammen aus Syrien und haben selbst Fluchterfahrungen machen müssen. Das motiviert sie nun, anderen Menschen beim Ankommen zu helfen, unabhängig davon, wie viel Unterstützung sie selbst als Geflüchtete erfahren haben. „Ich musste damals zunächst zu Hause alleine Deutsch lernen“, erinnert sich Alkhudr. Nun könne er anderen Menschen die Hilfe geben, die ihm damals fehlte. „Wir können besonders gut helfen, weil wir selbst Krieg erlebt haben“, glaubt auch Amaeri. „Krieg bleibt Krieg, egal wo.“ Wesam Ajini hat selbst viel Unterstützung erfahren und möchte diese guten Erfahrungen nun weitergeben. Den ukrainischen Geflüchteten will er Mut machen: „Ich war wie ihr alleine und konnte kein Deutsch sprechen. Auch ihr werdet langsam die Sprache lernen und euch zurechtfinden.“
Das Programm „Study Buddies“ bietet internationalen Studierenden und Studieninteressierten Orientierung und Hilfe beim Start ins Studium. Neben regelmäßigen Treffen mit ihren Mentor*innen, um Fragen zu klären und Herausforderungen zu besprechen, stehen auch Gruppenaktivitäten wie Wanderausflüge auf dem Programm. Interessierte können sich auch während des Semesters noch als Mentee anmelden.
Foto: HAWK