Holzminden (r). Nach den sehr niedrigen Zahlen im vergangenen Winter haben sich in diesem Jahr wieder mehr Wintervögel in Deutschlands Gärten und Parks eingefunden. Das hat die gemeinsame Zähl-Aktion von NABU und seinem bayerischen Partner Landesbund für Vogelschutz (LBV), die Stunde der Wintervögel, ergeben, deren Endergebnis an diesem Montag vorgestellt wurde. Über 14.500 Vogelfreunde haben sich in Niedersachsen an der Aktion beteiligt und Zählungen aus mehr als 9.700 Gärten übermittelt – ein neuer Rekord. „In Hildesheim haben sich 191 Vogelfreunde an der Zählaktion beteiligt und wichtige Daten über 5.603 Vögel übermittelt“ freut sich die NABU-Regionalgeschäftsstellenleiterin Britta Raabe, welche auch viele Anrufe in der Geschäftsstelle persönlich entgegen genommen hat und die sich auf diesem Wege bei allen Naturinteressierten bedankt.
„Im vergangenen Winter hatten die Teilnehmer in ganz Deutschland 17 Prozent weniger Vögel gemeldet als im Schnitt der Jahre zuvor“, sagt Raabe, „zum Glück hat sich dieses erschreckende Ergebnis nicht wiederholt.“ Im Vergleich zum Vorjahr wurden wieder elf Prozent mehr Vögel gesichtet. 2018 wurden rund 38 Vögel pro Garten gemeldet, im vergangenen Jahr waren es nur 34 Vögel. 2011 waren bei der ersten Stunde der Wintervögel aber noch 46 Vögel pro Garten gemeldet worden. „Die höheren Zahlen in diesem Jahr können darum nicht darüber hinwegtäuschen, dass seit Jahren ein kontinuierlicher Abwärtstrend festzustellen ist“, so Raabe weiter. „Der Rückgang häufiger Arten ist in vielen europäischen Ländern ein ernstes Problem und zeigt sich offensichtlich auch bei den Wintergästen in unseren Gärten.“ Seit Beginn der Wintervogelzählungen im Jahr 2011 seien die Gesamtzahlen gemeldeter Vögel um 2,5 Prozent pro Jahr zurückgegangen.
Überlagert wird dieser langjährige Trend jedoch durch die Auswirkungen jährlich unterschiedlicher Witterungs- und Nahrungsverhältnisse. Grundsätzlich kämen in milderen Wintern, wie den letzten beiden, weniger Vögel in die Gärten, da sie auch außerhalb der Siedlungen noch genug Nahrung fänden. Dennoch fehlten im letzten Jahr viele Meisen und waldbewohnende Finkenarten, während sie in diesem Winter wieder in gewohnter Anzahl gesichtet wurden. Erklären ließe sich dieses vermutlich durch das von Jahr zu Jahr sehr unterschiedliche Angebot an Baumsamen in den Wäldern – nicht nur bei uns, sondern auch in den Herkunftsgebieten dieser Vögel in Nord- und Osteuropa. „Je weniger Samen, desto größer der Zuzug von Vögeln aus diesen Regionen zu uns und desto eher nehmen diese Vögel naturnahe Gärten und Vogelfütterungen dankbar an“, so Raabe weiter.
In der Rangliste der häufigsten Wintervögel in Hildesheim haben sich Kohlmeise und Blaumeise den zweiten und dritten Platz hinter dem Haussperling erobert, der damit seinen Platz als häufigster Gast am Futterhäuschen verteidigen konnte. Danach folgen Amsel, Feldsperling, Grünfink, Buchfink, Elster, Rotkehlchen und der Kleiber . Der Star, Vogel des Jahres 2018 wurde 27 Mal beobachtet. Mit 1,56 Individuen pro Garten wurden im Durchschnitt 37% weniger Tiere gezählt. Dagegen zeigte sich bei anderen Teilziehern eine gegenteilige Entwicklung. Diese Arten reagieren damit auf die vermehrten milden Winter, die ihnen eine Überwinterung näher an ihren Brutgebieten ermöglicht.
Unter den Top Ten der häufigsten Wintervögel hat die Amsel am stärksten verloren: 22% weniger Amseln als im Vorjahr wurden in Holzminden beobachtet. „Ein Grund dafür könnte der für diese Vögel tödliche Usutu-Virus sein, der in den Jahren 2016 und 2017 zu Ausbrüchen in immer mehr Teilen Deutschlands geführt hat“, so Raabe. „Hier wartet der riesige Datenschatz der Stunde der Wintervögel aber noch auf eine genauere Analyse.“
Fotos: Kathy Büscher