Holzminden (red). Am 6. Juli 2022 ist eine neue EU-Verordnung in Kraft getreten, die verschiedene Fahrassistenzsysteme für alle neu entwickelten Fahrzeugmodelle vorschreibt. Diese Pflicht gilt ab 2024 für alle Neuwagen. Andreas Röll, Leiter der TÜV NORD-Station Holzminden, erklärt, welche das sind und wie sie funktionieren.
Digitale Systeme sollen dafür sorgen, die Unfallhäufigkeit zu verringern und den Straßenverkehr sicherer zu gestalten. Um dies zu gewährleisten, hat die Europäische Union einen neuen Erlass beschlossen, der ab dem 6. Juli dieses Jahres für alle Fahrzeuge gilt, die von den Automobilherstellern neu entwickelt werden. Ab 2024 müssen alle Neuwagen, auch bereits bestehende Modelle, über diese Assistenten verfügen. Folgende sollen verbaut werden: Notbrems-, Spurhalte-, Geschwindigkeits- und Rückfahrassistent, Notbremslicht, Unfalldatenspeicher, Müdigkeits- und Aufmerksamkeitswarner, Reifendrucküberwachung und eine Schnittstelle für eine alkoholempfindliche Wegfahrsperre.
Schutz im Falle einer Notbremsung
Ob im Stadtverkehr, auf der Landstraße oder der Autobahn – eine Vollbremsung kann jederzeit notwendig sein. Der Notbremsassistent und das Notbremslicht sollen Autofahrerinnen und Autofahrer hierbei unterstützen. Andreas Röll, Leiter der TÜV NORD-Station Holzminden, erklärt: „Der Notbremsassistent stoppt das Fahrzeug eigenständig bei einer Gefahrensituation durch optische Abstands- und Geschwindigkeitsmessungen. Er lässt sich manuell deaktivieren und schaltet sich beim Motorneustart automatisch wieder ein.“ Zukünftig sollen sogar Fußgänger und Radfahrer von dem System erkannt werden. Bremst das Fahrzeug bei einem Tempo von über 50 Kilometer pro Stunde und mit einer Verzögerung von über sechs Meter pro Sekunde plötzlich ab, aktiviert sich das Notbremslicht. Dabei blinken die Bremslichter mehrmals pro Sekunde. Das Assistenzsystem reagiert unter anderem auf den Pedaldruck, das Betätigungstempo der Bremsen und die Geschwindigkeit des Autos.
Immer in der Spur bleiben
Unaufmerksamkeit und Übermüdung können dazu führen, dass Verkehrsteilnehmende unabsichtlich die Fahrspur verlassen. In diesen Situationen greift der Notfall-Spurhalteassistent in die Lenkung des Wagens ein. Wird die Schläfrigkeit zu stark, unterstützt der sogenannte Müdigkeits- und Aufmerksamkeitswarner: „Über kontinuierliche Aufzeichnungen von Augen-, Lid- und Lenkbewegungen wird das Fahrverhalten analysiert und Anzeichen von Erschöpfung bzw. schwindender Konzentration werden sofort erkannt“, erklärt Röll. Akustische und optische Signale erinnern an regelmäßige Pausen.
Zu schnell unterwegs
Der Geschwindigkeitsassistent aktiviert sich, sobald das zulässige Tempolimit überschritten wird. „Dafür erkennt er Verkehrszeichen oder analysiert die Daten aus verbauten Navigationssystemen. Auch wenn das Hilfssystem manuell deaktiviert werden kann, ist es beim Neustart der Zündung wieder aktiv“, sagt der TÜV-Experte.
Gefahrloses Ausparken und Rückwärtsfahren
Der Rückfahrassistent erkennt andere Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer hinter dem Auto und warnt bei der Rückwärtsfahrt. „Es gibt je nach Hersteller zwei gängige Systeme, die als Assistent genutzt werden. Meist ertönt ein akustisches Signal mit zunehmend schrillem Ton oder kürzeren Intervallabständen, je mehr sich das Fahrzeug dem Hindernis annähert. Ein weiteres häufig eingebautes System ist die Rückfahrkamera, deren Aufnahme auf dem Bordcomputer abgespielt wird“, weiß der Stationsleiter.
Der richtige Reifendruck ist entscheidend
Die Reifendrucküberwachung ist bereits seit 2014 bei Neuwagen verpflichtend. Sobald der Luftdruck zu stark vom Richtwert abweicht, macht sie sich bemerkbar. Entweder informiert das Assistenzsystem mittels eines Warnsignals oder gibt einen Hinweis über das verbaute Display. „Ab 2022 müssen neben Pkw nun auch neue Nutzfahrzeuge, Busse, Lkw und größere Lkw-Anhänger damit ausgestattet sein“, betont Röll.
Die Black Box
Im Falle eines Unfalls sichert der Unfalldatenspeicher, auch Black Box genannt, anonymisiert alle Daten. Und das vor, während und nach der Kollision. Erfasst werden beispielsweise Geschwindigkeit, Bremsung und Position des Fahrzeugs. „Im Gegensatz zu anderen Assistenzsystemen kann dieser Speicher nicht manuell deaktiviert werden“, erklärt Andreas Röll.
Vorsicht Alkohol
Viele Unfälle passieren aufgrund von Alkoholkonsum. Um diesen vorzubeugen, muss ab Juli 2022 eine standardisierte Vorrichtung verbaut werden, die das Nachrüsten einer alkoholempfindlichen Wegfahrsperre möglich macht. Bereits bekannte Systeme arbeiten oft mit Atemalkohol-Geräten, die erst nach einer erfolgreichen Atemprobe das Auto startet.
„Die Einführung der neuen Assistenzsysteme zeigt deutlich, wie die Digitalisierung auch in der Verkehrssicherheit immer mehr Einzug findet. Wir von TÜV NORD beraten unsere Kundinnen und Kunden gerne in allen Fragen rund um ihre Fahrzeuge und aktuelle Entwicklungen in der Straßenverkehrsordnung“, sagt der TÜV-Experte.
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