Holzminden (red). Die fünfte Jahreszeit setzt so manches Gesetz außer Kraft: Bis zum Aschermittwoch sind in vielen Städten und Gemeinden der Republik die Narren los. Doch auch wenn es während des Karnevals noch so „jeck“ zugeht, spezielle TÜV-Gutachten nach der Brauchtumsverordnung sind für die bunt umgebauten Fahrzeuge Pflicht.
Während der künstlerischen Freiheit kaum Grenzen gesetzt sind, darf ein Zugwagen erst an einer Festfahrt teilnehmen, wenn das Fahrzeug die TÜV-Prüfung bestanden hat. Das Besondere: Die Prüferinnen und Prüfer kontrollieren die Fahrzeuge nach der Brauchtumsverordnung, in der spezielle Ausnahmeregelungen nicht nur für die Sonderfahrzeuge des Karnevals, sondern auch für Wagen andere Festveranstaltungen, wie etwa vom Schützenverein, genau definiert sind. Dieses Regelwerk ermöglicht es, dass die Personen sitzend oder stehend auf den Ladeflächen der Fahrzeuge befördert werden dürfen.
Das sogenannte „Merkblatt über die Ausrüstung und den Betrieb von Fahrzeugen und Fahrzeugkombinationen für den Einsatz bei Brauchtumsveranstaltungen“ legt alles genau fest. Andreas Röll, Leiter der TÜV NORD Station Holzminden, gibt einen Überblick über die wichtigsten Verkehrsvorschriften, die an Karneval (und anderen Festveranstaltungen) die Sicherheit gewährleisten:
√ Die Stehflächen müssen sicher und rutschfest sein.
√ Nicht ohne Geländer: Fahren die Närrinnen und Narren stehend mit, muss das Geländer mindestens einen Meter hoch sein. Werden die Personen sitzend befördert oder handelt es sich um Kinder, müssen die Haltevorrichtungen mindestens 80 cm hoch sein.
√ Sitzbänke, Tische und alle anderen Auf- und Einbauten müssen fest am Fahrzeug montiert sein, damit sie bei einer Bremsung oder einem Unfall nicht zu einer zusätzlichen Gefahr werden.
√ Es sind stabile und trittsichere Ein- und Ausstiege erforderlich.
√ Bei der Beförderung stehender Personen beträgt die zulässige Höchstgeschwindigkeit 6 km/h, sitzen die Närrinnen und Narren darf man sogar 25 km/h fahren. Während der Umzüge gilt aber generell: Schrittgeschwindigkeit.
√ Selbstverständlich müssen die Gespanne auch so konzipiert sein, dass niemand unter den Wagen geraten kann.
√ Über das Gutachten hinaus benötigt jeder Wagen von der Versicherung die Deckungszusage für den Einsatz bei der Brauchtumsveranstaltungen.
√ Und: Die Fahrenden müssen mindestens 18 Jahre alt sein und einen gültigen Führerschein besitzen. Für Zugmaschinen mit Anhängern ist ein Führerschein der Klasse T vorgeschrieben. Ist der Karnevalswagen nicht in der Lage, schneller als 32 km/h zu fahren, reicht ein Führerschein der Klasse L.
Zudem legen die Gutachterinnen und Gutachter während der Prüfung die maximale Personenanzahl fest, die auf dem Fahrzeug mitfahren darf. Neben der Kippsicherheit werden zudem die Bremsen, Achsen und die Beleuchtung der Zugfahrzeuge kontrolliert – schließlich müssen die Wagen alle gängigen Vorschriften der Verkehrssicherheit erfüllen. Röll: „Die Geltungsdauer eines solchen Gutachtens ist in der Ausnahmeverordnung nicht geregelt und wird je nach Region sehr unterschiedlich gehandhabt. Zumindest in den Karnevalshochburgen beträgt die Gültigkeit meist nur ein Jahr.“ Nicht zuletzt benötigen alle Fahrzeuge, die bauartbedingt schneller als 6 km/h fahren können, eine allgemeine Betriebserlaubnis. Liegt alles vor und sind alle Vorgaben erfüllt, steht einem bunten Umzug nichts mehr im Wege.
Mehr Informationen zur Prüfung nach der Brauchtumsverordnung finden Sie unter: www.tuev-nord.de/karnevalswagen
Foto: TÜV NORD