Bodenfelde (zir). Alljährlich lobt die „Allianz pro Schiene“ den Wettbewerb „Eisenbahner mit Herz“ aus. Robert Gottschalk ist Triebfahrzeugführer im OWL-Netz und hat am 4. Mai auf der großen Gala in Berlin den Sonderpreis entgegengenommen. Die Jury würdigt den selbstlosen Einsatz des Triebfahrzeugführers der NordWestBahn, der einen Kater aus dem Gleisbett holte und wieder mit seiner Besitzerin vereinte.
Die Geschichte: Kerstin Stietenroth denkt sich nichts dabei, als ihr Kater Oskar eines Morgens nichts zum Essen nach Hause kommt. Er lässt zwar selten eine Mahlzeit aus, ist jedoch Freigänger und deshalb manchmal länger unterwegs. Am Abend folgt dann aber die böse Überraschung. Auf „ebay Kleinanzeigen“ sieht Kerstin Stietenroths Tochter, dass ein roter Kater im Gleis im Bahnhof gefunden wurde. Kerstin Stietenroth ruft sofort beim Finder, dem Triebfahrzeugführer Robert Gottschalk an.
Der erzählt ihr, dass er den Kater am Morgen zuckend im Gleisbett angetroffen hat. Er habe vor Ort gleich versucht, Hilfe zu organisieren. Da sich dies als schwierig herausstellt, nimmt er den Kater kurzerhand mit im Zug zum nächsten Bahnhof und besucht dort einen Tierarzt. Da dieser wenig Zeit hat, nimmt Robert Gottschalk den Kater weiter mit nach Göttingen, wo er die Feuerwehr ruft, die Kater Oskar dann in die Tierklinik bringt. So schafft es Oskar, der wahrscheinlich eine Vergiftung hatte, tatsächlich zu überleben und kann wieder zurück nach Hause zu Kerstin Stietenroths Familie.
„Nur dank des schnellen Handelns und der Tierliebe von Robert Gottschalk hat Oskar überlebt. Wir sind ihm unendlich dankbar für sein Engagement und seine Fürsorge. Er hat gezeigt, dass er nicht nur seinen Beruf liebt, sondern auch ein großes Herz für Tiere hat“, sagt Kerstin Stietenroth.
„Der Titel Eisenbahner mit Herz für Robert Gottschalk ist natürlich eine tolle Auszeichnung. Ich habe mich sehr für ihn und für uns als NordWestBahn gefreut“, sagt Kathrin Redeker, Leiterin der Region OWL/WE bei der NordWestBahn.
Interview der Allianz Pro Schiene mit Robert Gottschalk:
Es ist früh am Morgen, als Triebfahrzeugführer Robert Gottschalk sich auf den Weg nach Göttingen macht. Kurz vorm Bahnhof Bodenfelde steht ein Mann am Gleis, der wild mit den Armen wedelt und immer wieder aufs Gleisbett zeigt. Robert Gottschalk weiß nicht, was los ist, aber erkennt sofort, dass er anhalten muss.
Herr Gottschalk, Sie haben sicher einen Schreck gekriegt. Was haben Sie gesehen, als Sie aus dem Zug gestiegen sind?
Das war wirklich ziemlich verrückt. Da lag tatsächlich eine Katze im Gleisbett. Erst dachte ich, sie liegt da ganz regungslos. Aber sie hat noch gezuckt.
Oh je. Nun lernt man ja als Lokführer keine Erste Hilfe für Katzen. Was haben Sie gemacht?
Da ich sehr tierlieb bin, wollte ich sofort etwas tun, um die Katze zu retten. Ich hab vom Bahnsteig aus versucht, einen Tierarzt anzurufen. Aber das Blöde war: Es war erst 7 Uhr morgens, und es ging keiner ran. Ich musste ja weiter nach Göttingen, also habe ich in einer Kurzschlussreaktion die Katze einfach mit in den Zug genommen.
Wow, das kann sicher auch nicht jede Katze von sich sagen, dass sie schon mal beim Lokführer vorne mitgefahren ist...
Stimmt, und ich habe versucht, es möglichst gemütlich zu machen. Ich habe die Heizung eingeschaltet und die Katze in eine Warnweste eingewickelt, um sie warmzuhalten. Unterwegs habe ich dann zum Glück den Tierarzt erreicht. Er kam zum Bahnhof Adelebsen zu mir in den Führerstand. Nach einer kurzen Untersuchung mit dem Stethoskop sagte er, dass die Katze weiter versorgt werden muss. Also sind wir weiter mit dem Zug bis Göttingen gefahren. Dort habe ich die Feuerwehr gerufen, die die Katze an sich genommen und zur Tierklinik gebracht hat.
Sie wollten ja sicher wissen, wie es der Katze dort ergangen ist, nachdem Sie keine Mühen gescheut hatten, das Tier zu retten?
Das war wegen Datenschutz und Schweigepflicht gar nicht so leicht. Aber ich konnte nachweisen, dass ich der Finder bin und habe dann erfahren, dass die Katze auf der Intensivstation behandelt wird, weil sie vergiftet wurde. Aber am nächsten Tag ging es der Katze bzw. dem Kater zum Glück besser. Ich habe erst später erfahren, dass der Kleine Oskar heißt.
Hach, das wäre dann ja schonmal ein halbes Happy End. Aber Sie wussten ja noch gar nicht, wem der Kater gehört?
Ich habe alle möglichen Tierheime im Umkreis abtelefoniert und gefragt, ob jemand einen Kater vermisst. Schließlich kam ich auf die Idee, auf Ebay Kleinanzeigen eine Annonce aufzugeben. Ich hatte schon überlegt, den Kater notfalls bei mir aufzunehmen, bevor er in ein Tierheim kommt. Aber dann hat sich tatsächlich auf die Anzeige hin die Besitzerin gemeldet!
Das gibt’s ja nicht!
Mich hat das selber auch total berührt. Die Besitzerin hat sich natürlich richtig gefreut und ist dann nach Göttingen gekommen. Sie hat erst mal überhaupt nicht verstanden, wie es ihr Kater nach Göttingen geschafft hat. Und war total erstaunt, dass ich Oskar im Zug mitgenommen habe.
Was für eine anrührende Geschichte...
Ich freue mich auch total, dass ich dafür jetzt einen Preis bekomme. Das ist richtig schön, dass ich jetzt Eisenbahner mit Herz bin.
Das finden wir auch, lieber Herr Gottschalk. Als Eisenbahner mit Herz für Mensch UND Tier haben Sie sich sogar ein doppeltes Herz verdient. Machen Sie bitte genauso weiter!
Foto: Allianz pro Schiene / Mirja Diederich