Holzminden (sst). Das Holzmindener Schützenfest geht weiter! Auch am vergangenen Samstag wurden keine Mühen gespart, ein unvergessliches Erlebnis für die Besucher des Festes sowie die Vereinsmitglieder zu gestalten. Vor allem in musikalischer Hinsicht herrschte ein fächerbreites Angebot. ###Nach dem großen Umzug zur Kranzniederlegung am Ehrenmal versammelten sich alle auf der „Kleinen Steinbreite“ unmittelbar neben dem Festzelt gegen 18 Uhr. Dort fand der Große Zapfenstreich statt. „Der Zapfenstreich wird heute zu Ehren und Verabschiedung der Majestäten veranstaltet“, verkündete Detlef Leonhardt, Schützengeneral und zweiter Vorsitzender der Bürgerschützengesellschaft von 1668. Mit Majestäten sind die verschiedenen Königstitel wie bspw. der Große König oder der Bürgerkönig gemeint, um die sich ein jeder Schütze beweisen darf.
Nachdem Major Friedrich Ahlbrecht das Kommando des Zapfenstreiches erteilt hatte, sorgten das Stahler Blasorchester sowie die Tambourcorps Stahle für festliche Musik. Man konnte also einem harmonischen Zusammenspiel aus Querflöten, Trommeln, Trompeten und Klarinetten lauschen. Dabei standen alle Beteiligten äußerst aufrecht, trugen formelle Kleidung und hatten ernste Gesichtsausdrücke, was ein Zeugnis besonderer Seriosität und Bedeutsamkeit ist. „Zapfenstreiche habe ich bereits schon öfters musikalisch begleitet und es macht mir immer wieder Spaß“, beteuerte eine Spielerin der Tambourcorps. Diese Euphorie schienen auch manche Zuschauer zu teilen, zumal sie alles mit ihren Handys und Kameras festzuhalten versuchten. Mit der Deutschen Nationalhymne schloss das Orchester ab und zog ins Festzelt ein. Dieses wurde mit Marsch- und Gleichschritt von den Schützen sowie dem Spielmannszug gefüllt, was die volle Aufmerksamkeit auf sie richten ließ. Parallel betraten immer mehr Menschen das Zelt, was vielleicht aber auch etwas mit dem anfänglichen Regen korrelierte...
Viele der Spieler wedelten dabei mit ihrem Notenpapier, was ihnen jedoch keiner bei der stickigen Zeltluft verübeln konnte. Sobald die Schützen an den Zelttischen Platz nahmen, wurden zunächst ein paar Bier weggezischt und die Theke hatte viel zu tun.
Das Stahler Blasorchester unterhielt die Besucher weiter im Festzelt, bis es schließlich zur Verabschiedung der alten Könige kam. Die Moderation hierfür übernahm der erste Vorsitzende der Bürgerschützengesellschaft Volker Meyer. Idealtypisch trägt man zwei Jahre den Titel des Königs, Corona verschuldet betrug die diesmalige „Regentschaftszeit“ vier Jahre. „Ich möchte den noch amtierten Majestäten danken für ihre Zeit als Könige. Nun ist es an der Zeit, eure Würde auf die Nachfolger zu übertragen“, verabschiedete der erste Vorsitzende die Könige. Abgelegt wurden folglich die Königsketten, während die Königskreuze zur Erinnerung behalten werden durften. Dabei flossen bei dem ein oder anderen sogar kleine Tränen, was zeigt, wie emotional und wichtig ein mancher Titel für die Beteiligten war. Die Schützenbrüder und -schwestern erhoben sich und erlösten die Ehemaligen von ihren Königstiteln mit einem dreifachen „Gut Schuss!“.
Im Folgenden wurden die Preisträger des Pokalschießens von Volker Meyer verkündet. Den ersten Platz des Sappeur-Wanderpokals machte Günter Briel, während sich der Sport-Schützen-Club über den Wanderpokal der Holzmindener Schützen freuen durfte. Die gerade erst verabschiedete Stadtkönigin Carolin Reese gewann in diesem Zuge den Pokal der ehemaligen Holzmindener Majestäten. Zur Königsproklamation wurde Bürgermeister Christian Belke auf die Bühne gebeten. Dieser hielt ein anfängliches Grußwort: „Die Tradition des Holzmindener Schützenfestes geht über Jahrhunderte zurück. Deshalb ist es mir umso mehr eine außerordentliche Ehre heute hier als ihr Bürgermeister dabei sein zu dürfen. Ich bin sehr stolz darauf, dass es so viele Menschen gibt, die tagtäglich zeigen, dass die Schützenvereine in Holzminden Kontinuität haben.“
Christian Belke durfte zudem den Bürgerkönig verkünden, was er gekonnt interaktiv gestaltete. Dazu bat er, alle Männer, die teilgenommen hatten, aufzustehen. Alle Blicke des prompt gefüllten Festzeltes richteten sich folglich auf diese. Nur damit der Bürgermeister in aller Ruhe sagen konnte: Ihr seid es nicht. Großes Gelächter brach aus, das sich in Jubel wandelte bei der Bekanntgabe, dass alle drei Erstplatzierten Frauen waren. Letztendlich wurde Lara-Aylin Specht die Bürgerkönigin der Stadt Holzminden. Stadtkönigin wurde eine Frau, die vor zwei Jahren in den Schützenverein eintrat und bereits Clubmeisterin des Sport-Schützen-Clubs ist. Ihr Name ist Iris Drabe. Eine gute Freundin und Vereinskollegin, die sie zur Bühne begleitete, sagte im Vorbeigehen voller Stolz zu ihrer Freundin: „Iris, ist das nicht schön!“ Bei den jüngeren Schützen freute sich Emir Morawiec vom Verein Junger Schützen über den Titel des Jugendkönigs. „Ich bin vorher schonmal Vereinskönig gewesen, aber der Jugendkönig zu sein, ist viel aufregender!“, verkündete Emir euphorisch.
Niklas Salzmann verteidigte direkt seinen Titelanspruch und wurde vom Jugendkönig 2019 zum Jungkönig 2023. Die vorherige Königskette konnte also direkt wieder angelegt werden. Sowohl Emir Morawiec als auch Niklas Salzmann wurden durch das typische Vereinstragen auf den Schultern ihrer Vereinskollegen zur die Bühne gebracht. Die Spannung, wer der Große König der Stadt Holzminden wird, wurde bis zur letzten Sekunde herausgezögert. Insgesamt hatten 31 Holzmindener Schützen auf den Großen König geschossen und dies aus allen Mitgliedsvereinen. Über einen Sieg jubeln konnte letztendlich der Schatzmeister Thorsten Fieker vom Sportclub Eintracht. Völlig überrascht und überrumpelt betrat der neue große König die Bühne und rief dreifach aus dem Bauch heraus zum Jubel auf. Die Schützenbrüder und -schwestern stimmten alle herzensgut mit ein.
Thorsten Fieker muss nun für zwei Jahre immer eine kleine Kette mit Vogelanhänger dabei haben. Da die Schützen wohl alle sehr trinkfreudig und durstig sind, haben sie aus der Kette ein traditionsreiches Spiel entwickelt: Jeder Schützenkollege darf den Großen König auffordern, den Vogel vorzuzeigen. Wenn der König den Vogel nicht dabei hat, muss dieser seinem Gegenüber einen ausgeben. Sollte er den Vogel allerdings vorzeigen können, hat der Fragende Getränke, ganz bestimmt Bier, zu bezahlen.
Auffällig über die ganze Veranstaltung hinweg war, dass es an keinem anderen Ort so viel Gemeinschaftsgefühl und Mitfreude für seine Vereinskollegen gibt wie im Schützenverein. Nach der Proklamation stand also die neue Regentschaft für die nächsten zwei Jahre fest, was zusätzlich mit alkoholischen Getränken zelebriert wurde. Das Blasorchester rundete die Veranstaltung mit „Wir sind in Niedersachsen“ und „Wo die Weser einen großen Bogen macht“ passend zum Weserbergland ab und führte somit zur Nachfolgeband „Me and the Jokers“ hin.