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Samstag, 23. November 2024 Mediadaten
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Höxter (red). Wenn ein Gottesdienst im Fernsehen live übertragen wird, muss der Zeitrahmen passen. Und zwar exakt bis auf die Minute. Überziehen wie bei „Wetten, dass“ geht nicht. Die Kirchengemeinde Corvey hat sich dieser Herausforderung an Allerheiligen gestellt. Und legte eine Punktlandung hin.

Das war der ARD-Fernsehgottesdienst zu Allerheiligen auf der ganzen Linie. Denn nicht nur der Zeitrahmen passte. Pater Dr. Philipp Reichling, Rundfunkbeauftragter der Katholischen Kirche in NRW beim WDR, war auch von den Mitwirkenden dieser besonderen heiligen Messe vor der Prachtkulisse der barocken Abteikirche beeindruckt. „Es macht sehr viel Freude, wie hochmotiviert alle Beteiligten vor Ort sind.“

Reichweite für die Botschaft Christi

Diese große Einsatzfreude vor und hinter den Kulissen hat eine der kleinsten Kirchengemeinden Deutschlands mobilisiert. Sie verantwortet mit dem karolingischen Westwerk und der ehemaligen Abteikirche ein Weltdenkmal, das seit 1200 Jahren als Ort des Gebets eine große Anziehungskraft entfaltet.  Um das Jubiläumsjahr zu Ehren dieses Leuchtturms der Christenheit würdig abzuschließen, ergriff die kleine Gemeinde mit dem ARD-Fernsehgottesdienst eine große Initiative. Und bezweckte mit ihr eine Hommage an den Ursprung dieses bedeutenden Klosterortes. Denn so wie die Mönche der Benediktinerabtei Corvey vor mehr als 1100 Jahren bis nach Skandinavien auszogen, um das Evangelium zu verkünden, nutzt die Gemeinde heute die Mittel der Technik, um für die Hoffnungsbotschaft Christi Reichweiten zu erzielen.

Um dieses Anliegen zu verwirklichen, rückte der WDR schon drei Tage vor Allerheiligen mit jeder Menge Equipment für die Fernseh- und Radioübertragung (WDR 5) der Messfeier an. Der Übertragungswagen als Regiezentrale parkte im Domänenhof. In der Kirche baute die versierte Crew sieben Kameras und einige Bildschirmarbeitsplätze auf. 80 moderne LED-Scheinwerfer wurden in Position gebracht, um die barocke Pracht ins rechte Licht zu rücken. Pater Philipp, der das Drehbuch für diesen Gottesdienst geschrieben hatte, stand auch den Protagonisten, also den Mitwirkenden, mit Rat und Tat zur Seite. Denn auch sie waren nicht nur am großen Tag selbst vor Ort. Ein Gottesdienst fürs Fernsehen muss intensiv geübt werden – von mehreren Stellproben bis hin zur Generalprobe am Vortag, in der der Gottesdienst vom Anfang bis zum Auszug komplett und in vollem Ornat durchgespielt wird.

Organist von zwei Kameras flankiert

Daher hingen für die Zelebranten, Pfarrdechant Dr. Hans-Bernd Krismanek und Domkapitular Andreas Kurte, ebenso wie für die Ministranten zur Probe die Gewänder bereit. Die Lektoren Hiltrud Vornholt und Michaela Lücking-Freytag, Kantorin Sylvia Wiesemeyer-Koke und die Kommunionhelferinnen Gisela Luchte und Jessica Siewers hatten sich für die Generalprobe dem Anlass des Festgottesdienstes entsprechend gekleidet. Organist Dominik Balduin war am Spieltisch bereits während der Proben von zwei Kameras flankiert.

Lampenfieber hatte er schon, wie er vor der Generalprobe einräumte. Nicht wegen des Orgelspiels selbst, sondern wegen des exakt getakteten Zeitplans. Der leidenschaftliche Musiker holt bei den Zwischenspielen immer gerne aus – sehr zur Freude der Gottesdienstbesucher. Fürs Fernsehen aber war jetzt jede Sekunde verplant. Das sei herausfordernd, so Dominik Balduin, der diese Vorgabe schlussendlich meisterte und die Klangfülle der bedeutenden Barockorgel für das große Fernsehpublikum festlich und zur Ehre Gottes entfaltete.

Die anderen Mitwirkenden waren natürlich ebenfalls angespannt. Hiltrud Vornholt aus Fürstenau trug die Fürbitten vor. Trotz der Aufregung überwog in ihr die Freude über diesen „schönen Abschluss des Jubiläumsjahres“. Ihre Großeltern kommen aus Corvey. „Wir waren immer hier.“ Das verbindet. Auch Gisela Luchte aus Godelheim hat viele persönliche Erinnerungen an das heutige Welterbe zu den Proben und zum Gottesdienst selbst mitgebracht.

Eng verbunden ist auch Domkapitular Andreas Kurte dem ehemaligen Kloster. Er hat ein profund recherchiertes Buch über die Äbte der Weserabtei geschrieben und war einige Jahre lang Pfarrer in Corvey. „Die Abteikirche ist für mich ein Zuhause.“ Deshalb halte sich das Lampenfieber vor der Predigt in Grenzen, sagt der heutige Leiter des pastoralen Raums Brakeler Land.

Lektorin Michaela Lücking-Freytag aus Höxter ging am Vortrag des Gottesdienstes davon aus, dass die Aufregung sicher steigen werde, wenn die Kameras laufen. Sie und alle anderen Beteiligten meisterten ihren Part bei den Proben und auch bei der Liveübertragung am Feiertag souverän. Und wurden zu Botschaftern der Glaubenskraft Corveys.

Josef Kowalski lädt vor laufender Kamera ein

Als ersten von ihnen erlebten die Fernsehzuschauer Kirchenvorsteher Josef Kowalski. Er war es, der das große Publikum in der Eingangshalle des karolingischen Westwerks begrüßte und zur Mitfeier der heiligen Messe einlud – mit den Ministrantinnen und Ministranten im Rücken, deren liturgischer Dienst ein beeindruckendes Glaubenszeugnis mit großer Reichweite war. Dieses strahlt angesichts ihrer Jugend auch Hoffnung in Richtung Zukunft aus.

Auf die große Vergangenheit Corveys richtete Josef Kowalski den Blick. Er machte die Zuschauenden prägnant mit der großartigen Geschichte dieses Klosterortes an der Weser vertraut – sodass sie gleich orientiert waren, in welch bedeutende Kirche sie sich hineingeschaltet hatten. „Seit 1200 Jahren wird an diesem Ort Gott verehrt, erst durch die Mönche im Kloster, später dann durch die Gläubigen der Pfarrgemeinde oder auch durch die unzähligen Besucher“, machte auch Pfarrdechant Dr. Hans-Bernd Krismanek die Mitfeiernden mit Corveys spiritueller Aura vertraut.

Auch Monsignore Andreas Kurte ordnete Corvey zu Beginn seiner Predigt in seiner Bedeutung ein: Der als Apostel des Nordens verehrte Benediktinermönch Ansgar zog im 9. Jahrhundert von Corvey aus nach Skandinavien, um das Evangelium zu verkünden. „Wer nach Corvey kommt, begibt sich an die Wurzeln des Christentums im norddeutschen Raum“, schlussfolgerte er. Von der Abtei an der Weser aus sei durch den Orden der Benediktiner ein Stück Europas aufgebaut worden. Und Ansgar gehöre zu den frühen Helden Europas, die ihren Platz in Gestalt figürlicher Darstellungen an den Chorgestühl-Dorsalen der barocken Abteikirche haben. Andreas Kurte verglich sie mit den Top-Spielern der Champions-League.

Zur Heiligkeit sind alle berufen

Vom Podest der Unerreichbarkeit holte er die Heiligen bewusst herunter. Denn zur Heiligkeit „sind wir alle berufen“. Und Heiligkeit sei nicht unmöglich, sondern bedeute lediglich, die eigenen Talente zum Wohl aller einzusetzen. „Das kann jeder versuchen.“ Menschen, die sich um die Sorgen der Nachbarschaft kümmern, die erkrankte Angehörige pflegen oder anderen einfach ein Lächeln schenken, seien für ihn Heilige. Die Messlatte, die Welt besser zu machen, hängt also nicht unerreichbar hoch. Auch diese Botschaft ging von diesem für Corvey einmaligen Tag aus.

Dieser endete für die Fernsehzuschauer mit beeindruckenden Drohnenaufnahmen als Abspann. Die Techniker begannen nach dem Auszug der 185 Vor-Ort-Teilnehmenden sofort, die (gefühlt) kilometerlangen Kabel einzurollen. Pater Philipp lobte unterdessen die Beteiligten für ihre großartige Motivation.

Europäischen Gedanken in Corvey angestoßen

Corvey als Austragungsort für die Messe zu Allerheiligen sei bewusst gewählt worden, so der Geistliche, weil das Kloster 1200 Jahre Christentum verorte. Die Symbiose des karolingischen Westwerks und der barocken Abteikirche spiegele einen Entwicklungszyklus wider. „Hier hat sich Kirchgengeschichte materialisiert.“

Aber auch die europäische Dimension liege ihm am Herzen – „dass wir hier an einem Ort sind, an dem Menschen wie Ansgar den europäischen Gedanken angestoßen haben.“ Und mit ihm ein Welt- und Menschenbild, das bis heute eine Relevanz habe. „Das ist mir, der ich ein Freund des europäischen Gedankens bin, jetzt noch einmal besonders bewusst geworden“, sagte der Prämonstratenser-Pater in der Rückschau auf drei denkwürdige Tage in Corvey.

Foto: Pastoralverbund Corvey

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