Holzminden (red). „Mit ihrem Votum haben die Delegierten von Stadt und Landkreis die Tür offen gehalten für einen Erhalt von Krankenhaus und MVZ und eine mutige Entscheidung getroffen“, sagte Danko. Er betonte aber auch: „Die Rettung ist damit noch nicht in trockenen Tüchern.“ So hängen Fortführung und der Erfolg der angestrebten Restrukturierung von einigen Unsicherheitsfaktoren ab. Insbesondere müssen das notwendige Personal für die angestrebte Zielstruktur gehalten und eine langfristig stabile Betreiberlösung gefunden werden. „Das ist jetzt unsere gemeinsame Aufgabe“, so der vorläufige Insolvenzverwalter.
Im nächsten Schritt müssen jetzt sehr kurzfristig eine ganze Reihe von komplexen Verträgen finalisiert und unterzeichnet werden. Alle Beteiligten stehen unter enormem Zeitdruck. Spätestens bis zum 24. November müssen zudem die für die Fortführung nötigen finanziellen Mittel auf dem Treuhandkonto des Insolvenzverwalters sein. „Das ist ein K.O.-Kriterium“, so Danko. „Nur dann ist die Fortführung der Geschäftsbetriebe auch tatsächlich gesichert.“ Hintergrund ist, dass es für eine Fortführung des Betriebs nach dem Auslaufen des Insolvenzgeldes am 30. November zwingend einer Finanzierung bedarf.
Danko bedankte sich ausdrücklich für das große Engagement aller Beteiligten und die gute Zusammenarbeit, insbesondere mit Bürgermeister Christan Belke, Landrat Michael Schünemann, den Landtagsabgeordneten Uwe Schünemann und Sabine Tippelt, dem Sozial- und Finanzministerium sowie der AOK Niedersachsen: „Alle Beteiligten kämpfen mit enormem Einsatz und hohe Flexibilität für den Erhalt der medizinischen Versorgung in Holzminden“, so der vorläufige Insolvenzverwalter. „Die Zusammenarbeit ist sehr eng, intensiv und darüber hinaus fachlich und menschlich sehr angenehm.“
Zugleich hob der vorläufige Insolvenzverwalter den großen Einsatz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hervor. „Für die Beschäftigten ist das eine sehr belastende Situation und natürlich eine bittersüße Entscheidung: Es gibt weiter Hoffnung auf einen Erhalt von Krankenhaus und MVZ. Zugleich ist klar, dass eine große Zahl von ihnen im Zuge der notwendigen Restrukturierung ihren Arbeitsplatz verlieren werden. Dass sie weiterhin mit hohem Engagement und Pflichtgefühl ihren Job machen, verdient höchsten Respekt.“
Für den Erfolg der geplanten Restrukturierung braucht es auch weiterhin breiteUnterstützung. So sind infolge der unsicheren Zukunft die Belegungszahlen gesunken, auch beim Personal gibt es Fluktuation. „Wir sind weiterhin auf die Unterstützung der Beschäftigten, Patienten, zuweisenden Ärzte etc. angewiesen“, so Danko. „Wenn es gelingt, die Belegung und die personelle Situation zu stabilisieren, verbessert das direkt die Aussichten für den Erhalt von Krankenhaus und MVZ.“
Zum besseren Verständnis der Hintergründe und Zusammenhänge nachfolgend eine Zusammenfassung der Situation.
Ausgangslage:
- Krankenhaus und MVZ befinden sich seit dem 21. August 2023 jeweils in einem Insolvenzverfahren und machen massive Verluste.
- Die Aufrechterhaltung und Fortführung des Geschäftsbetriebs war bisher aufgrund des Insolvenzgeldes möglich: Die Löhne und Gehälter der Beschäftigten werden bis einschließlich November von der Agentur für Arbeit gezahlt.
- Ende November endet das Insolvenzgeld. Das bedeutet, das Krankenhaus muss wieder unter Vollkosten wirtschaften, d.h. die Löhne und Gehälter wieder selbst zahlen. Dazu ist es aus eigener Kraft nicht in der Lage.
- Für eine Fortführung über den November hinaus benötigt der vorl. Insolvenzverwalter zwingend Liquidität in Form eines Massezuschusses. Hintergrund: Der vorl. Insolvenzverwalter darf die dann im Betrieb entstehenden Verluste nicht aus der Insolvenzmasse finanzieren.
Mögliche Restrukturierung:
- Der vorl. Insolvenzverwalter hat umgehend nach seiner Bestellung im August eine Investorensuche eingeleitet. Das Ergebnis: Es gibt keinen Interessenten, der das Krankenhaus in seinem aktuellen Zuschnitt übernehmen will.
- Daraufhin hat der vorl. Insolvenzverwalter ein Restrukturierungskonzept erstellt. Als einzig wirtschaftlich tragfähiges und von Seiten des Landes Niedersachsen genehmigungsfähiges Konzept stellte sich der Umbau zu einer „Sektorenübergreifenden Versorgungseinrichtung“ bzw. einem „Regionalen Gesundheitszentrum (RGZ) heraus. Das bedeutet im besten Fall:
- Stationäres Krankenhaus mit rund 31 Betten und Fokus auf Innere Medizin (allgemein, Gastroenterologie und / oder Kardiologie).
- Belegärztliche Leistungen mit weiteren 10 Betten und Fachbereichen Augenheilkunde, HNO, Urologie, Chirurgie / Orthopädie, Gynäkologie (nicht Geburtshilfe!)
- Ergänzende MVZ-Leistungen: Gynäkologie, Orthopädie, Gastroenterologie, Radiologie, Unfallchirurgie, Durchgangsarzt sowie Kooperationen mit niedergelassenen Ärzten.
- Notfallversorgung 10/5 (d.h. Mo-Fr von 8.00-18.00 Uhr)
- Keine Geburtshilfe, keine Zentrale Notfallaufnahme 24/7, keine Intensivstation
- Beschäftigte (Vollzeitäquivalente): ca. 90 in der Klinik + bis zu 40 MVZ
- Mit dieser Zielstruktur und einem langfristigen Betreiber hätten Krankenhaus und MVz eine Zukunft.
- Um diese Zielstruktur zu erreichen, ist eine tiefgreifende Neuausrichtung von Krankenhaus und MVZ nötig, die mehrere Monate dauern wird.
Eine nachhaltige Fortführung von Krankenhaus und MVZ hängt von folgenden Faktoren ab:
- Personal: Entscheidend ist, dass das für die Zielstruktur nötige Schlüsselpersonal gehalten werden kann.
- Investor/neuer Betreiber: Es muss ein neuer Betreiber gefunden werden, der den Betrieb von Krankenhaus und MVZ langfristig übernimmt.
- Künftige Vergütungsstruktur nach Verabschiedung der Krankenhausreform: Das Restrukturierungskonzept ist bzw. konnte zwangsläufig nur auf Basis der aktuellen Vergütungsstruktur im Krankenhauswesen gerechnet werden. Im Zuge der Krankenhausreform wird sich die Vergütungsstruktur ändern. Die groben Linien sind bekannt und im Konzept berücksichtig. Die Details der künftigen Vergütungsstruktur stehen aber naturgemäß bis zum Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens noch nicht fest.