Neuhaus (red). Seit Beginn des Schuljahres 2023/24 gibt es an der Grundschule Neuhaus eine jahrgangsgemischte Eingangsstufe. Eine solche Eingangsstufe ist eine jahrgangsübergreifende Klasse, die Kinder aus den Klassenstufen 1 und 2 umfasst. Meist wurden in der Vergangenheit solche Klassen gebildet, weil es nicht genügend Kinder für eine eigene Klasse gab. Jetzt wird das gemeinsame Lernen von Kindern in unterschiedlichem Alter allerdings mit einem speziellen Konzept dauerhaft fortgeführt.
Das Team der Grundschule hat sich in den letzten Jahren umfassend zum Thema Eingangsstufe informiert, fortgebildet und an Schulen hospitiert, die bereits seit vielen Jahren Eingangsstufen führen. So war das Team schnell überzeugt vom Konzept Eingangsstufe
Aktuell gibt es an der Grundschule Neuhaus zwei Eingangsstufen. Durch zahlreiche Zuzüge sind die Schülerzahlen von weniger als 50 im Jahr 2019 zuletzt deutlich auf über 70 gestiegen, sodass mit großer Wahrscheinlichkeit auch in den nächsten Jahren durchgehend zwei Eingangsstufen gebildet werden können, weil auch weiterhin viele Kinder eingeschult werden. Zudem gab es bereits Anmeldungen und Interesse von Holzmindener Eltern und ihren Kindern bezüglich der jahrgangsgemischten Eingangsstufe. Derzeit ist die Grundschule Neuhaus die einzige Grundschule im Landkreis Holzminden mit einer Eingangsstufe und hat hier somit ein Alleinstellungsmerkmal.
Wie funktioniert das Konzept jahrgangsgemischte Eingangsstufe?
Zu Beginn eines neuen Schuljahres kommen die Einschulungskinder in eine Lerngruppe, in der schon Kinder aus dem zweiten Schuljahr sind. Die Einschulungskinder können viel von den älteren Kindern lernen. In der Regel übernimmt ein älteres Kind für ein jüngeres Kind eine Patenschaft. So entfällt eine lange Eingewöhnungszeit und die jüngeren Kinder lernen von den älteren Kindern, wo sie etwas finden können, wo das Arbeitsmaterial steht und wie sie eine Seite im Buch schnell finden. Gerade in Klassen, in denen nur Einschulungskinder sind, dauern solche – aus Erwachsenensicht – „einfachen“ Aufgaben sehr lange, weil die Kinder eine längere Eingewöhnungszeit benötigen. Die älteren Kinder können hier helfen und so steht mehr Lernzeit zur Verfügung. Aber auch die älteren Kinder profitieren. Es gibt immer wieder Arbeitsphasen von einigen Minuten, in denen sie mit dem Patenkind gemeinsam lernen. So wiederholen und festigen sie auch noch einmal bereits gelernte Inhalte und übernehmen Verantwortung. Eine weitere Besonderheit an der Eingangsstufe ist eine freie Lernzeit. Zu Beginn des Schultages erhalten die Kinder Zeit, um frei an ihren Aufgaben zu arbeiten. So können sie sich aussuchen, ob sie sich mit Deutsch oder mit Mathematik beschäftigen wollen. Aus den Erfahrungen des ersten halben Jahres Eingangsstufe berichten die beiden Klassenlehrerinnen, dass dieses sehr gut funktioniert. Natürlich stehen die Lehrerinnen den Kindern dabei stets bei Fragen oder Unklarheiten zur Seite oder ermuntern zur Weiterarbeit. In den Hauptfächern Deutsch und Mathematik erhalten die Kinder je nach Alter unterschiedliche Arbeitshefte und können individuell arbeiten. In den Nebenfächern arbeiten alle Kinder an einem Thema, aber auch hier teilweise mit unterschiedlichem Material.
Die Kinder verbleiben in der Regel zwei Jahre in der Eingangsstufe, also wie beim Durchlaufen der 1. Klasse und anschließend der 2. Klasse. Schnell lernende Kinder können auch schon an schwierigerem Material mit den älteren Kindern arbeiten und nach einem Jahr in der Eingangsstufe in die 3. Klasse versetzt werden. Kinder, die etwas mehr Zeit benötigen, können auch drei Jahre in der Eingangsstufe bleiben, bis alle Grundlagen sicher beherrscht werden. In beiden Fällen ist der Vorteil, dass die Kinder immer mit einem Teil ihrer bekannten Gruppe zusammenbleiben und nicht in eine ganz neue Klasse gehen müssen.
Natürlich gab es seitens der Eltern auch Sorgen bei der Einführung der Eingangsstufe. So konnten sich viele nicht vorstellen, dass das jahrgangsgemischte Lernen lernförderlich für die Kinder ist.
Die bisherigen Beobachtungen aus Neuhaus und von anderen Schulen mit Eingangsstufen zeigen, dass die Kinder jedoch äußerst selbstständig arbeiten und gute Lernergebnisse erzielen. Das wurde auch aus den weiterführenden Schulen rückgemeldet, wie andere Grundschulen mit Eingangsstufe berichteten.
Außerdem gab es Befürchtungen, die Kinder könnten in ihrer freien Lernzeit alles machen, was sie wollen. Dem ist natürlich nicht so, die Kinder arbeiten lediglich an selbst gewählten Themen in ihren Arbeitsheften, aber selbstverständlich wird alles bearbeitet. Mit der Eingangsstufe möchte das Team der Grundschule Neuhaus die individuelle Entwicklung aller Kinder noch besser fördern und fordern. Bisher gelingt das sehr gut.
Ältere und jüngere Kinder lernen und arbeiten gemeinsam und helfen sich gegenseitig.
Foto: Grundschule Neuhaus