Holzminden (red). Ausgehend vom Alltag vieler junger Mädchen, in dem ihre aufgezeigten Grenzen von Jungen und Männern leider immer wieder Missachtung und Ablehnung erfahren, bot das Jugendzentrum der Stadt Holzminden in Kooperation mit der Kreisjugendpflege des Landkreises Holzminden einen vielfältigen Aktionstag für jugendliche Mädchen ab 14 Jahren an.
Julia Rentziehausen, Leitung des Jugendzentrums, berichtet aus der pädagogischen Arbeit: „In unserem Jugendzentrumsalltag sprechen mich immer wieder jugendliche Mädchen an, die übergriffigem Verhalten von Gleichaltrigen oder älteren Jungen ausgesetzt sind oder waren. Diese Mädchen sind sich ihrer Rechte sehr bewusst, äußern diese und setzen Grenzen. Diese Rechte und Grenzen werden bedauerlicherweise nicht grundsätzlich respektiert, sondern viel zu häufig übergangen, gezielt missverstanden und missachtet. Im Sinne des Weltfrauentages und der Mädchenarbeit in unserem Haus entschieden wir uns für ein Angebot für junge Mädchen, um sie in der Durchsetzung ihrer Rechte zu stärken. Grundsätzlich ist es bei dieser Thematik jedoch mindestens ebenso wichtig, die Jungen für ihr Fehlverhalten zu sensibilisieren und ihnen Grenzen aufzuzeigen. Auch hierzu ist bei uns ein Angebot denkbar.“
Für das kostenlose Weltfrauentagsprogramm „Weil ich ein Mädchen bin?!“ konnten sich die Mädchen bereits ab Februar anmelden und sich auf einen Selbstbehauptungskurs, ein Kreativangebot und ein gemeinsames Pizzaessen freuen.
Unter dem Motto „Weil ich ein Mädchen bin?!“ trafen sich am 8. März 15 Mädchen zwischen 14 und 20 Jahren aus dem Landkreis Holzminden im Jugendzentrum Holzminden und starteten mit einem Selbstbehauptungskurs in den gemeinsamen Tag. Durchgeführt und angeleitet wurde dieser von Marcel Schürzeberg vom TV Deutsche Eiche Holzminden.
Selbstbehauptung ist die Fähigkeit, sich der eigenen Rechte bewusst zu sein und diese kommunizieren zu können. Häufig wird Jugendlichen zwar beigebracht, dass Gewalt schlecht ist, aber ihnen wird nicht gezeigt, wie sie mit übergriffigem Verhalten oder Gewalt gegen sich umgehen oder wie sie sich davor schützen können.
Egal, ob in der Schule oder in der Freizeit, das Verhalten der Jugendlichen untereinander beeinflusst das Wohlbefinden und ihren Alltag maßgeblich. Durch Förderung des Selbstbewusstseins und Deeskalationsstrategien kann es gelingen, einen Konflikt nicht entstehen oder zumindest nicht eskalieren zu lassen. Zudem gilt beides gleichermaßen als Grundlage, um noch besser für die eigenen Rechte einstehen und diese kommunizieren zu können.
Die Mädchen, die den Selbstbehauptungskurs besuchten, lernten an diesem Tag sowohl theoretisch als auch praktisch, dass es mehrere Ebenen eines Konfliktes und somit auch mehrere Ebenen einer Konfliktlösung gibt. Sie bekamen Einblicke in Selbstbewusstseinsstärkung und Deeskalationsstrategien und zudem Möglichkeiten aufgezeigt, wie sie sich im Ernstfall aus gewalttätigen Griffen befreien können. Durch das Ausprobieren der Techniken, konnten die Mädchen lernen, sich in Konfliktsituationen angemessen und selbstbewusst zu verhalten und gleichzeitig ihre Sozialkompetenz fördern.
Wichtig ist hier zu erwähnen, dass Selbstverteidigung geübt werden muss, um sicher angewendet werden zu können und der gemeinsame Nachmittag lediglich einen Einblick in die Thematik geben konnte. Besonders das praktische Ausprobieren der Übungen und Strategien fanden viele Mädchen spannend und sie würden gerne Weiteres dazu lernen.
Diesen Bedarf wird das Jugendzentrum aufgreifen und weitere Veranstaltungen zu diesem Thema planen.
Nach dem knapp 4-stündigen Kurs war es Zeit für eine Stärkung und das gemeinsame Pizzaessen, bevor der Abend mit dem kreativen Gestalten der „Goodiebags“ weiterging. Die sogenannten „Goodiebags“ waren kleine Baumwolltäschen, welche gut in den Ranzen oder die Handtasche passen, die von den Mädchen gestaltet werden durften. Bei der Gestaltung konnten die Mädchen ihrer Kreativität freien Lauf lassen – es standen Patches (Bügelbilder), Stoffstifte, Bügelfolie und Stickgarn zur Verfügung. Jedes Mädchen konnte ihre eigene „Goodiebag“ nach dem Gestalten ganz nach Belieben mit allerlei nützlichen Utensilien, wie Deo, Binden, OBs, Desinfektionstücher/-gel, Pflaster, Traubenzucker, Zopfgummi oder Kondom, füllen.
Im Anschluss an die Kreativaktion nutzten die Mädchen die Räume des Jugendzentrums noch zur Freizeitgestaltung und ließen den Abend gemeinsam mit Julia Rentziehausen (Stadt Holzminden – Leitung Jugendzentrum/Kinder- und Jugendbeauftragte) und Alina Niemeyer (Kreisjugendpflege des Landkreises Holzminden) mit einem „Makarena – Tanz“ ausklingen.
„Ich freue mich gemeinsam mit den Mädchen noch heute über den gelungenen Tag und möchte mich noch einmal bei Alina Niemeyer für die Kooperation und Marcel Schürzeberg für den wirklich tollen Kurs bedanken“, so Julia Rentziehausen.
Foto: Stadt Holzminden