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Montag, 17. November 2025 Mediadaten
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Holzminden (sst). Der 87. Gedenktag anlässlich der Reichspogromnacht fand vergangenen Sonntag, den 09. November 2025, auch in Holzminden in der Lutherkirche statt. Um die 200 Besucher füllten die kalte Kirche mit melancholischer Stimmung. Trauer und Mitgefühl zeichneten sich auf ihren Gesichtern ab. 

Die Reichspogromnacht war eine vom nationalsozialistschen Regime organisierte, reichsweite Gewaltaktion gegen jüdische Menschen in der Nacht vom 09. auf den 10. November. Allgemein definiert der Duden ein „Pogrom“ als Ausschreitung gegen nationale, religiöse oder ethische Minderheiten, also gewalttätige Aktionen gegen Menschen, die einer Minderheit angehören. Im Deutschen Reich wurden dabei im Zuge des Nationalsozialismus Synagogen in Brand gesetzt, jüdische Geschäfte zerstört, Wohnungen verwüstet und tausende Menschen misshandelt, verhaftet oder getötet. 

„Diese Ereignisse fanden nicht nur irgendwo in der Welt statt, sondern auch hier bei uns in Holzminden“, überträgt Landrat Michael Schünemann die tragische Vergangenheit in die Gegenwart der ergriffenen Zuhörer in der Lutherkirche Holzminden. Schünemann betonte mehrmals die Verantwortung, der sich alle stellen müssten, damit sich derartige Geschehnisse nicht wiederholten. Insbesondere jetzt, da es immer weniger Zeitzeugen gebe, die uns an die Brutalität und Macht eines Staates erinnern könnten. 

„Antisemitismus ist kein Phänomen, das nur bis 1945 existierte, sondern ein Problem im hier und heute darstellt, was uns vor allem der Nahostkonflikt beweist“, so Landrat Schünemann mit ernstem Blick und fester Stimme an die Masse gerichtet. Deutlich wird, dass der Landrat nichts zu verdrängen versuchte, sondern alles laut ansprach: „Wir sagen Nein zur Ausgrenzung, Gewalt und Hass. Dafür Ja zur Toleranz und Mitmenschlichkeit!“ 

Auch Dr. Jean Goldenbaum, Vertreter der jüdischen Gemeinde, schloss sich den Worten des Landrates an und brachte dabei eine Bedeutsamkeit auf den Punkt: „Hass braucht keine Vernunft oder logischen Motive, sondern basiert immer auf Emotionen und Impulsen. Daher sollte niemand, der Hass schürt, die Macht erlangen!“ Trotz der erschütternden Wahrheit schließt Dr. Goldenbaum seine Rede mit einem Funken Hoffnung, indem er sich auf die Bedeutung des ersten und letzten Buchstabes der Tora bezieht: „Der erste Buchstabe „Bet“ steht für das Haus, der letzte „Lamed“ hingegen für das Lernen oder das Lehren. Zusammen ergibt sich also das Haus des Lernens/ Lehrens und symbolisiert, dass wir am Leben sind, um zu lernen, was das Beste für uns ist.“ Kombiniere man schließlich „Bet“ und „Lamed“, entstehe „Lev“, was Herz bedeute. Dr. Goldenbaum interpretierte dieses Zusammenspiel als Suche nach Empathie und Toleranz gegenüber anderen vom Anfang bis zum Ende seines individuellen Lebenszyklus. Besonders berührend und viel Zuspruch sowie Applaus verdienend galten die Beiträge drei junger Männer des Campe Gymnasiums Holzminden: Leander Heimes, Mitja Czyppull und Konrad Rohé. Diese drei haben Begegnungen mit dem Antisemitismus in der Jugend dargestellt und emotional aufbereitet. Leander Heimes berichtete beispielsweise darüber, wie er die Hauptrolle in Max Frischs antisemitischen Drama „Andorra“ im Unterrichtsfach Darstellendes Spiel inszenieren durfte. Voller Stolz sei er gewesen, als er und seine Mitschüler eine Grundlage zur Debatte und Austausch zu antisemitischen Themen geschaffen haben. 

Wie Sprache Realität schafft und daher ein sensibler Sprachgebrauch von enormer Bedeutung ist, brachte Mitja Czyppull auf den Punkt, der sich im Rahmen seiner Hausarbeit mit dem Thema befasste. Er berief sich auf Angela Merkel als er sagte, dass die Menschen auf den Gebrauch der Sprache achten sollten. Denn wenn die Sprache auf die schiefe Bahn gerate, tue es das Handeln ebenfalls. Ebendies ist es, was für Mitja Czyppull die größte Gefahr für die Demokratie sei, da der Rechtsdruck in Deutschland stetig zunehme und faschistische Sprache normalisiert werde. 

Dass die Angst und der Hass, die die Gesellschaft spalten, auch in der Jugend ersichtlich geworden sei, bedrückte Konrad Rohé. Er schilderte seine Wahrnehmung, dass die Vielfalt von Menschen viel weniger akzeptiert werde und immer weniger ihre Meinung vertreten könnten. Er verglich dies mit dem Dritten Reich, bei der nur ein einziger vorgegebener Weg, der scheinbar richtige war. Dennoch sei für ihn der Austausch untereinander unerlässlich für den Erhalt der Demokratie. Daher schloss er mit dem Zitat der deutschen HolocaustÜberlebenden und Zeitzeugin Margot Friedländer seine Rede: „Nie wieder ist jetzt!“ 

Nach jenen emotionalen Beiträgen wurde der kirchliche Teil der Veranstaltung mit einem gemeinsamen Gebet in Gedenken an die Opfer der Reichspogromnacht beendet. Viele der Kirchenbesucher schlossen sich folglich dem Schweigemarsch an, der am Gedenkstein am Katzensprung endetet. Einige von ihnen führten dabei eine bereitgestellte Gedenkkerze mit, welche sie nach der Kranzniederlegung, durchgeführt von Landrat Michael Schünemann und Stadtoberrätin Alena Friese, am Gedenkort abstellten. Nach einem kurzen Gebet von Dr. Goldenbaum galt die Veranstaltung als offiziell beendet und die Besucher verließen das Gedenkmal in Stille.



Fotos: Steingräber 

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