Holzminden (red). Die Stadthalle, das Jugendzentrum sowie das Familienzentrum „drehscheibe“ Holzminden haben sich am Dienstag, 09. Dezember 2025, in Orte des Lernens und des intensiven Austauschs verwandelt. Anlass war der zweite Fachtag zur sexualisierten Gewalt im Fokus jugendlicher Lebenswelten, zu dem rund 200 Schülerinnen und Schüler der 8. Jahrgänge der weiterführenden Schulen aus Holzminden eingeladen waren.
Ein schwieriges, zugleich jedoch äußerst wichtiges Thema, das die Lebenswelt junger Menschen unmittelbar berührt, sollte sichtbar und greifbar gemacht werden. Ziel war es, die Entwicklung der Jugendlichen hin zu gesunden Erwachsenen präventiv zu unterstützen und zu fördern.
Nach der Begrüßung und Einführung durch die Organisatoren Julia Rentziehausen und Thomas Weßler vom Team des Jugendzentrums bewegten sich die Jugendlichen im Laufe des Tages in einem Rotationssystem durch insgesamt acht Themenräume. Diese sollten das übergeordnete Thema aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchten.
Um die Intimität und Privatsphäre der Schülerinnen und Schüler zu schützen, nahmen die Lehrkräfte nicht an den Workshops teil. Für sie wurde stattdessen ein eigener Raum eingerichtet, der zum Austausch untereinander sowie mit dem Organisationsteam einlud. Zudem bestand die Möglichkeit, sich mithilfe bereitgestellter Fachliteratur intensiver mit dem Thema auseinanderzusetzen oder vorhandenes Wissen zu vertiefen.
Der Fachtag bot ein vielfältiges Programm, das sich konsequent an den Bedürfnissen der Jugendlichen orientierte. In den acht thematisch unterschiedlichen Räumen setzten sich die Schülerinnen und Schüler unter anderem mit persönlichen Grenzen, Nähe- und Distanzempfinden, unterschiedlichen Wahrnehmungen von Grenzüberschreitungen, der Sprache in Deutschrap sowie mit rechtlichen Aspekten sexualisierter Gewalt auseinander.
Mit ihrem Fachwissen trugen zahlreiche Referentinnen und Referenten maßgeblich zum Erfolg des Tages bei. Dazu zählten Sabrina Sauer und Sebastian Kreplin von ProFamilia, Anita Hummel von der Befem gemeinsam mit Silke Clerc von der BISS-Beratung, Ronja Dörge und Yvonne Schneppe von der Kreisjugendpflege des Landkreises Holzminden sowie Mine Yasaroglu und Alexander Kautz vom Polizeikommissariat Holzminden. Sie leisteten einen wichtigen Beitrag zur Prävention und Aufklärung.
Auch die Jugendlichen selbst waren aktiv eingebunden und konnten eigene Erfahrungen, Gedanken und Fragen einbringen. Besonders viel Raum erhielten persönliche und individuelle Erlebnisse in den Angeboten von Mo Becker vom Projekt Begegnung, der sich gemeinsam mit den Jugendlichen mit dem Thema „Eigene Rechte“ beschäftigte, sowie bei Julia Rentziehausen, Kinder- und Jugendbeauftragte der Stadt Holzminden. Sie hatte eine anonyme Umfrage und einen Diskussionsraum zum Thema Grenzüberschreitungen vorbereitet.
Ein besonderer Dank gilt Esma Vurgun, die den Fachtag in ihrer Funktion als Traumapädagogin begleitete. Sie stand zur Verfügung, um mögliche kritische Situationen oder Beratungsbedarfe aufzufangen, die durch die intensive Auseinandersetzung mit dem Thema entstehen konnten.
Auch für das leibliche Wohl war gesorgt. Neben den thematischen Stationen führte das Rotationssystem die Jugendlichen auch zu einer Candybar. Dort konnten sie sich bei einer süßen und fruchtigen Pause austauschen und die bisherigen Eindrücke reflektieren. In den Pausen standen zudem Brezeln und Getränke bereit.
Zum Abschluss versammelten sich Schülerinnen und Schüler sowie Referentinnen und Referenten erneut in der Stadthalle. Dort wurden vor den Schlussworten die Ergebnisse der anonymen Online-Umfrage vorgestellt, die Julia Rentziehausen zuvor mit den Klassen durchgeführt hatte. Über ihre Smartphones bewerteten die Jugendlichen verschiedene Alltagssituationen hinsichtlich möglicher Grenzüberschreitungen, darunter Aussagen wie „Du bekommst ungefragt ein Nacktbild zugeschickt“ oder „Ich vertraue dir nicht, wenn du mir nicht deinen Standort freigibst“. Die Mehrheit empfand diese Situationen als stark grenzüberschreitend, gab jedoch zugleich an, dass solche Erlebnisse im Alltag häufig vorkämen.
Aus fachlicher Sicht unterstreichen diese Ergebnisse die Notwendigkeit weiterer Präventions- und Aufklärungsarbeit. Jugendliche müssten verstärkt Möglichkeiten erhalten, Situationen reflektiert zu betrachten und einzuordnen, so Rentziehausen.
Die Organisatorin und Initiatorin des Fachtags zeigte sich insgesamt sehr zufrieden mit dem Verlauf der Veranstaltung. Es sei wichtig, junge Menschen frühzeitig zu stärken und ihnen Räume zur Auseinandersetzung mit sensiblen Themen zu bieten. Der Fachtag habe sich inzwischen als fester Bestandteil im Schuljahresverlauf der 8. Klassen etabliert.


Fotos: Stadt Holzminden