Holzminden (r). Einmal im Jahr kommen Verwaltung und Wirtschaft in den Berufsbildenden Schulen Holzminden zusammen, um miteinander im Gespräch zu bleiben, Fragen zu klären oder neue Impulse und Informationen mitzunehmen. Bei der 26. Ausgabe dieser Veranstaltung standen neben den üblichen Gesprächen auch drei Vorträge zur Straßenbau- und Ausbildungsentwicklung auf dem Programm.
Landrätin Angela Schürzeberg war erkrankt, deshalb übernahm diesmal Kreishandwerksmeister Karl-Heinz Bertram als Mitgastgeber die Begrüßung und moderierte die Veranstaltung. Als ersten Vortragsgast brauchte er Markus Brockmann von der Hamelner Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr kaum vorzustellen, denn der ist derzeit einer der gefragtesten Männer im Landkreis. Brockmann machte allerdings, anders als einen Tag zuvor im Poller Hotel zur Burg, nicht allein die B 83 zum Thema seiner Ausführungen, sondern die Fernanbindungen des Kreises an die Landeshauptstadt an sich.
Rund 150 Millionen Euro nimmt der Bund in die Hand, um die verschiedenen Baumaßnahmen zur Verbesserung der Anbindung des Landkreises auf den Bundestraßen 64 und 240 nach Hannover durchzuführen. Die sogenannte „Perlenkette“ an Maßnahmen umfasst dabei die Ortsumgehung Negenborn, die West- bzw. Nordumgehung Eschershausens sowie die Ith-Querung und die Ortsumgehung Weenzens bis einschließlich Marienhagen. Allein sämtliche dieser Maßnahmen in einem Gesamtzusammenhang zu sehen, so Brockmann, sei schon ein Novum in der bundesrepublikanischen Straßenbauplanung gewesen, weil man vorher gewohnt gewesen sei, eher abschnittsweise zu planen und zu bauen. Während die Verkehrsfreigabe der Negenborner und der Eschershäuser Nordumgehung schon 2022 erfolgen soll, stehen alle anderen Maßnahmen noch vor der Planfeststellung. Das betrifft unter anderem auch die Westumgehung Eschershausens, die nach Bürgerprotesten noch einmal alternativ geplant wird. Anhand der aufgezeigten Zeiträume wurde aber auch deutlich, warum Markus Brockmann sich einen Tag zuvor in der Poller Informationsveranstaltung zur B 83 mit Terminfestlegungen so geziert hatte. Denn die sind trotz zügiger Abarbeitung durch die Planer aufgrund gesetzlich vorgeschriebener Fristen und Verfahrenslogiken selten im Vorhinein abschätzbar.
Zweiter Referent des Nachmittags war der Hausherr der Veranstaltung. Schulleiter Andreas Hölzchen berichtete über die Einbeziehung von Online-Lehrmethoden in das Konzept der BBS. Ziel sei vor allem Erhaltung oder Neuschaffung von Ausbildungsbeschulungen, die sonst in ländlichen Räumen so nicht mehr angeboten werden könnten. Hölzchen erinnerte in diesem Zusammenhang auch an die im Sommer geschlossene länderübergreifende Kooperationsvereinbarung, die eine Zusammenarbeit der BBS mit dem Berufskolleg Höxter möglich gemacht hat. Darüber hinaus stellte er die Beschulung zu E-Commerce vor, ein im südlichen Niedersachsen bisher einmaliger Ausbildungszweig. Es brauche insgesamt eine Kombination von klassischer kaufmännischer Ausbildung im Dualen System und Inhalten des Ausbildungsganges „Kaufmann im E-Commerce“, stellte der BBS-Schulleiter als Fazit fest.
Im Mittelpunkt von Hölzchens Vortrag stand allerdings das von der HAWK begleitete Modell des Blended Learning, bei dem Auszubildende zum Groß- und Außenhandelskaufmann über gemeinsame Videokonferenzen und anderen online-gestützten Methoden ein Drittel des Unterricht auch von zu Hause wahrnehmen konnten. Die Einbeziehung digitaler Medien in den Unterricht böte insgesamt eine größere Bandbreite an pädagogischen Mitteln, die auch individuelle Lernformen und -fähigkeiten stärker berücksichtige, ist sich Andreas Hölzchen sicher.
Als letzte Referentin des Wirtschaftsgesprächs schließlich stellte Mechthild Schulz-Fleißner, IHAFA-Beraterin der Handwerkskammer Hildesheim-Südniedersachsen das Thema „Ausbildung von Geflüchteten“ vor. IHAFA, das ist das 2016 an zehn Standorten Niedersachsens eingerichtete „Integrationsprojekt Handwerkliche Ausbildung für Flüchtlinge und Asylbewerber“. Die Beratungsstelle hat inzwischen Tausende von Beratungen von Geflüchteten und Betrieben durchgeführt und niedersachsenweit 628 Ausbildungsplätze vermittelt. Mit positiver Resonanz offenbar, denn die Abbrecherquote lag unter der von deutschen Auszubildenden. In Holzminden liegt diese Quote bei den 25 in eine Ausbildung Gegangenen sogar noch darunter. Allerdings unterstrich Schulz-Fleissner auch, dass es für die auszubildenden Betriebe auch einer speziellen Bereitschaft, Geduld und Akzeptanz bedürfe, um alle Schwierigkeiten zu bewältigen. Das IHAFA helfe aber mit einer intensiven Begleitung von der Bewerbung bis zum Kompetenzcheck der potentiellen Mitarbeiter, um zu klären, ob diese wirklich für die Ausbildung geeignet seien. Beratungstermine gibt es an jedem zweiten Montagvormittag im Jobcenter und nachmittags in der KVHS. Konsens in der abschließenden Diskussion jedoch war, dass die Ausbildung von Flüchtlingen sich für die auszubildenden Betriebe auch lohnen müsse. Heißt: Nach Ausbildungsabschluss sollte auch das Bleiberecht der Gesellen nicht Infrage stehen.
Foto: Landkreis Holzminden