Holzminden (red). Am Sonntag, dem 27.Januar 2019, Holocaust-Gedenktag und Ende des Kirchenjahres, fand in der Michaeliskirche in Holzminden ein ganz besonderer Gottesdienst zur Wahrung der Menschenrechte statt.
Wie war es dazu gekommen? - Im Sommer 2018 hatte sich die Bewegung SEEBRÜCKE gegründet, als das Schiff ‚Lifeline‘ mit 234 Menschen an Bord tagelang auf hoher See ausharren musste und in keinem europäischen Hafen anlegen konnte.... Die Gruppe entstand heraus aus der Empörung von Menschen über diesen Zustand. In großer Geschwindigkeit wuchs innerhalb weniger Tage eine Bewegung heran, der sich inzwischen deutschlandweit viele Menschen angeschlossen haben. Es sind nun schon mehr als 100.000 Menschen im Namen der SEEBRÜCKE auf die Straße gegangen und ihre Zahl wächst allerorts.
Inzwischen hat sich auch im Landkreis Holzminden eine im Aufbau begriffene Arbeitsgruppe SEEBRÜCKE formiert, die als ihre erste Aktion diesen Gedenkgottesdienst geplant hat.
Der Gottesdienst am 27.1.2019 in der Michaeliskirche in Holzminden war geprägt vom Gedenken an ertrunkene Flüchtlinge im Mittelmeer. Die verlesenen Namen Ertrunkener und die von Menschen, die infolge des Leids dieser Flucht verstarben, gaben im Gottesdienst den Unbekannten wieder ein Gesicht, eine Prägung, eine Greifbarkeit. Für jeden Namen wurde eine Kerze entzündet.
Frau M. Brockmann, Lektorin, hielt, zusammen mit anderen Engagierten und umrahmt von der Orgelmusik J.S. Bachs – einen tief bewegenden Gottesdienst. Die Epistel dieses Sonntags (Matthäus 25,40 – „…Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan…“) berührte den Nerv unserer Mitverantwortung für die, mit denen wir diesen Planeten teilen und erinnerte uns an unseren großen Menschheitstraum, dass es anders sein kann und eine Welt möglich ist, in der es gerecht zugeht, ohne Oben und Unten, ohne Groß oder Klein.
In Wahrheit ist es aber so, dass die Menschenrechte brutal missachtet werden. Wir vergessen, dass keiner sein Heimatland freiwillig verlässt, auch wenn manche Stimmen aus Politik und Medien die Not bagatellisieren und alles auf einen einzigen Nenner herunterschrauben, der aus den Verfolgten, den Hungernden, den von Klima Betroffenen und von Unterdrückung gezeichneten Menschen am liebsten reine Wirtschaftsflüchtlinge macht. Diese Stimmen sind fest mit der Wahrung von Besitzstand befasst und setzen ein normales menschliches Verhalten, Menschen in Not zu helfen, gern außer Kraft.
Diese Art negativer Berichterstattung formt das einseitige Bild, das sich Menschen von der „Migrationsgesellschaft“ machen und drängt alles Positive an die Wand: die Chancen für eine tolerantere und buntere Gesellschaft, das Verständnis für andere Hautfarben, Religionen und Kulturen, fremde Sprachen und Gewohnheiten und somit eine positive Seite der Globalisierung, nämlich die, GEMEINSAM eine gerechte Welt zu schaffen! Für ALLE.
Christen dürfen nicht tatenlos zusehen. Statt Grenzen dicht zu machen, brauchen wir ein offenes, brüderliches Europa, solidarische Städte und sichere Häfen.
Am Ende des denkwürdigen Gottesdienstes wurden noch einmal die Allgemeinen Erklärungen der Menschenrechte ins Gedächtnis zurück gebracht:
„Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte gilt ausnahmslos und immerwährend für ALLE Menschen – unabhängig von Hautfarbe, Geschlecht, Sprache, Religion, politischer oder sonstiger Anschauung, nationaler oder sozialer Herkunft, Vermögen, Geburt oder sonstigem Stand. Neben der Charta der Vereinten Nationen ist die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte vom 10. Dezember 1948 das entscheidende Dokument der internationalen Politik, auf das sich die Staaten geeinigt haben. Sie ist die Basis aller weitergehenden menschenrechtlichen Vereinbarungen. Mit diesen allumfassenden Prinzipien bekennen sich die Vereinten Nationen und ihre Mitgliedstaaten zur Gewährleistung, Förderung und zum Schutz der Menschenrechte.
Seit der Verabschiedung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte durch die UN-Generalversammlung hat dieser Text nichts an Aktualität eingebüßt. Es sind auch Ihre Rechte. Sie dienen uns allen als Grundprinzipien des menschlichen Zusammenlebens, auf das sich jeder berufen kann. Wir können ALLE dafür sorgen, dass diese Grundrechte tatsächlich und tagtäglich geachtet werden – im Großen wie im Kleinen, vor Ort und in der Welt, überall, zu jeder Zeit.
ALLE MENSCHEN SIND FREI UND GLEICH AN WÜRDE UND RECHTEN GEBOREN. SIE SIND MIT VERNUNFT UND GEWISSEN BEGABT UND SOLLEN EINANDER IM GEISTE DER BRÜDERLICHKEIT BEGEGNEN.
Die neu gegründete Arbeitsgruppe SEEBRÜCKE im Landkreis Holzminden, die sich über Ihre Mitarbeit und Ihr Interesse freuen wird, solidarisiert sich mit allen Menschen auf der Flucht und erwartet von der Politik sichere Fluchtwege, eine Entkriminalisierung der Seenotrettung und eine menschenwürdige Aufnahme der Menschen, die fliehen mussten und noch auf der Flucht sind.
Sie erreichen die neue SEEBRÜCKE im Landkreis Holzminden unter der Kontaktadresse:
Das nächste gemeinsame Treffen findet am 14. Februar 2019 um 19.30 Uhr im Gemeindehaus der Lutherkirche in Holzminden statt.
Foto: Symbolbild