Holzminden (fw). Der gestrige Pressetermin der AG Bahn, SoVD und des Seniorenrats Holzminden zum Thema ‚Barrierefreier Bahnhof‘ begann schon alles andere als reibungslos. Aber so wurde nochmals die Notwendigkeit für den geplanten Umbau deutlich, denn die extra zum Termin eingeladene Vorsitzende des Beirats für Menschen mit Behinderung der Stadt Northeim, Monika Nölting, war zwar in Holzminden am Bahnhof angekommen, allerdings auf den mittleren Gleisen. Für nicht behinderte Menschen kein größeres Problem die Treppen der Unterführung zum Ausgang zu benutzen, aber für Nölting, die auf einen Rollstuhl angewiesen ist, zurzeit in Holzminden noch eine unlösbare Aufgabe. Trotz zahlreicher Ideen, Monika Nölting samt Rollstuhl rüber zu Gleis 1 zu bringen, scheiterten letztendlich an der nicht Umsetzbarkeit. Dementsprechend wurde der Termin auf die mittleren Gleise des Holzmindener Bahnhofs verlegt. 

Um überhaupt anzukommen, musste die Vorsitzende einen vierstündigen Bahnmarathon zurücklegen, über Göttingen und Ottbergen nach Holzminden und das eigentlich nur aus Northeim. „Ich habe gestern eineinhalb Stunden mit der Nord-West-Bahn telefoniert, doch wie man sieht, ist nichts passiert, niemand ist am Bahnsteig, um mir zu helfen“, erzählt Nölting verärgert. „Der Mobilitätsservice hat den Holzmindener Bahnhof sogar als barrierefrei ausgewiesen, aber hier gibt es ja noch nicht einmal einen Notknopf!“ Derzeit gibt es im Bahnhof Holzminden einen Bahnsteig am ehemaligen Empfangsgebäude - den Hausbahnsteig - mit Gleis 3, der schon heute barrierefrei zu erreichen ist und einen Mittelbahnsteig mit den Gleisen 1 und 2. Reisende erreichen den Mittelbahnsteig durch den Bahnsteigtunnel über Treppen. Die früher vorhandenen Gepäckkarrenüberwege waren nie für Reisende zugelassen.

Doch der Umbau steht fest - Die Bahnsteige werden um 38 Zentimeter auf die Fußbodenhöhe der Züge angehoben, um einen stufenfreien Einstieg zu ermöglichen.

Zukünftig soll der Mittelbahnsteig über den Bahnsteigtunnel barrierefrei erreicht werden. Die Treppen bleiben erhalten und erhalten eine Ruhefläche. Ein höhengleicher Zugang über die Gleise 3 und 2 ist nicht zulässig. Übergänge über ein Gleis wie in Kreiensen und Ottbergen sind zulässig unter der Voraussetzung, dass ohne Halt durchfahrende Züge maximal 40 Kilometer pro Stunde schnell sein dürfen. Mit durchfahrenden Zügen ohne Halt muss in Holzminden jederzeit gerechnet werden. Die zulässige Geschwindigkeit beträgt hier 100 Kilometer pro Stunde. Bei zwei zu überquerenden Gleisen kann die Sicherheit der Reisenden nicht mehr gewährleistet werden, auch, weil die Züge gleichzeitig von beiden Richtungen kommen können und die Bremswege wesentlich länger als bei Autos sind. Überwege mit Schranken kommen nicht in Frage, weil sie von Reisenden in Zeitnot umgangen werden können.

Der Zugang zum Bahnsteigtunnel kann barrierefrei über Aufzüge oder Rampen erreicht werden. Voraussetzung für Rampen ist genügend vorhandener Platz. Diese Voraussetzung ist in Holzminden gegeben, der Bau der Rampen steht fest.

In der letzten Ausschusssitzung wurde Kritik geäußert, dass eine so lange Rampe kaum im Rollstuhl zu schaffen sei, doch für die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Bahn Holzminden/Höxter überwiegen die Vorteile einer Rampe gegenüber dem Fahrstuhl.

In Aufzügen sei wenig Platz vorhanden, zum Beispiel für maximal zwei Kinderwagen oder zwei Fahrräder. Dadurch könnten Wartezeiten bei der Benutzung entstehen. Aufzüge seien maschinentechnische Anlagen mit verschleißanfälligen beweglichen Teilen, die steckenbleiben und ausfallen könnten, weil sie störungsanfällig seien, die mutwillig beschädigt werden könnten (Vandalismus), die regelmäßig gewartet und repariert werden müssten, die ständig Strom verbrauchen würden und die am Ende ihrer Nutzungsdauer teuer und aufwändig erneuert werden müssten. Eine Rampe hingegen könnten gleichzeitig von vielen Reisenden benutzt werden ohne Wartezeiten einrechnen zu müssen. Eine Rampe könne auch nicht plötzlich ausfallen, da sie keinen Strom benötige. 

Die Bahnerfahrene Rollstuhlfahrerin stärkte die Argumente für eine Rampe und berichtete von passenden Beispielbahnhöfen, auf denen der Fahrstuhl ständig außer Betrieb sei. Auch gab Nölting weitere Tipps zur Gestaltung eines behindertengerechten Bahnhofs, Notsysteme, eine Behindertentoilette oder Blindenleitsysteme wären unabdingbar. Gerne verfasse sie eine Checkliste, die der Bauaufsicht vorgelegt werden könne.

Letztendlich waren sich alle Anwesenden einig, eine Rampe sei zwar zunächst in der Umsetzung die teurere Variante, aber im Bezug auf die Lebensdauer doch die günstigere Lösung.

Fotos: fw