Weserbergland (red) - Ganz gegen den Trend zeigt sich eine Schmetterlingsart dieses Jahr besonders häufig: Der farbenprächtige Distelfalter wurde beim „Insektensommer“ des NABU dreimal so oft gesehen wie 2018. Zwar sind Distelfalter für ihre weiten Wanderungen bekannt, doch in diesem Frühjahr kommen selbst erfahrene Naturbeobachter aus dem Staunen nicht mehr heraus. Seit Mitte Mai wurden die von Süden herein flatternden Trupps immer größer. Als Ende April die ersten der schwarz-weiß-rotorangen Schmetterlinge auftauchten, schien alles noch im normalen Rahmen. Doch ab dem 10. Mai wurden die von Süden herein flatternden Trupps immer größer. Der Distelfalter ist einer der wenigen fast über den ganzen Erdball verbreiteten Schmetterlinge. Unsere mitteleuropäischen Winter mag er allerdings nicht, denn er verträgt keinen Frost. Jedes Frühjahr wandern die Distelfalter deshalb neu aus dem Süden ein, mal sind es mehr, mal weniger. Der diesjährige Einflug nach Europa konzentrierte sich auf eine östliche Route über Israel, Zypern und den Balkan. Folglich traten die Distelfalter auch bei uns zunächst im Osten auf. Viele zogen nach Norden und Westen weiter, ab ungefähr 10. Juni wurden auch die Küste und Niedersachsen stark beflogen.
Insgesamt, schätzen Schmetterlingsexperten, sind derzeit Milliarden Tiere unterwegs. Ausgangspunkt für die Wanderungen der Distelfalter ist Nordafrika. Von dort fliegen sie im Spätwinter nach Süd- und Westeuropa ein und legen ihre Eier ab, so dass dort ab April eine neue Faltergeneration entsteht. Diese fliegen dann weiter nach Mitteleuropa. Manche Falter kommen auch direkt von Nordafrika oder von den Kanarischen Inseln bis zu uns - die Schmetterlinge haben dann 3000 bis 4000 Kilometer zurückgelegt, was man ihnen deutlich an den Flügeln ansieht. Doch längst nicht alle Distelfalter überleben die große Reise. Viele sterben unterwegs an Erschöpfung, kommen in Unwettern um oder fallen dem Autoverkehr zum Opfer.
Auch im gesamten Weserbergland, von Schaumburg über Hameln-Pyrmont, von Holzminden über Hildesheim, können die Falter momentan vermehrt beobachtet werden. Der NABU-Schmetterlingsexperte und Biologe Carsten Heinecke führt das darauf zurück, dass die Bedingungen für die Raupenentwicklung in Nordafrika in diesem Jahr sehr gut waren. Die Distelfalter lassen sich besonders an Stellen mit reichem, duftendem Blütenangebot beobachten – das sind im Moment vor allem blühende Ligusterhecken. Bald legen die Distelfalter ihre Eier ab, die nächste Generation schlüpft in den kommenden Wochen. Im Spätsommer ziehen diese Falter dann wieder nach Süden. Naturfreunde haben also noch einige Wochen Gelegenheit, Distelfalter zu beobachten. Der NABU und sein Partner naturgucker.de wollen dies nutzen, um mehr Informationen über die Falter zu gewinnen. Unter www.NABU.de/Distelfalter können Sichtungen von Distelfaltern aktuell über den NABU-Insektensommer hinaus gemeldet werden, dort gibt es auch weitere Informationen zur Aktion. So wird man nicht nur Zeuge eines faszinierenden Naturschauspiels, sondern hilft auch mit, es zu dokumentieren.
Wer an der bundesweiten NABU-Zählaktion "Insektensommer" teilnehmen möchte, sollte sich den Zeitraum vom 02. bis zum 11. August 2019 merken, dann geht der Insektensommer in die zweite Runde - näheres unter insektensommer.de oder in der NABU Regionalgeschäftsstelle Weserbergland unter 05752-5237.
Foto: Kathy Büscher