Holzminden (r). Eines der Ziele von Unterricht an Schulen ist die Integration von Schülerinnen und Schülern mit unterschiedlichen Migrationserfahrungen, um das friedliche Zusammenleben von Kulturen zu unterstützen und zu fördern. Hierzu haben wir Herrn Fischer und Herrn Dr. Eichelberg eingeladen. Die Projektgruppe von Herrn Fischer hatte bereits 2013 und 2015 in unserer Schule im Rahmen einer Wanderausstellung vorgetragen. Gefördert wird dieses Projekt durch das Bundesministerium des Inneren (BMI) in Berlin. Organisiert wurde das Projekt am Campe von Oberstudienrat Haas, Fachobmann für Geschichte.
Der Vortrag skizzierte die Rolle der Deutschen, die als Kolonisten im 18. Jahrhundert an die Wolga kamen, nachdem Sie von Zarin Katharina II. (die Große) durch ihr Manifest 1763 zur Siedlung in Russland angeworben wurden. Die Deutschen bildeten in Russland eine nicht unbeachtete Minderheit im Vielvölkerstaat. Bis zum Ersten Weltkrieg lebten in Russland um die 2,5 Mio Deutsche, die sich auf die Untere Wolga, das Schwarzmeergebiet, das Baltikum, Wolhynien und um St. Petersburg verteilten.
Der erste Weltkrieg wurde zur Zerreißprobe der deutsch-russischen Kultur in Russland selbst. In Moskau kam es im Mai 1915 zu antideutschen Pogromen und die Deutschen standen unter dem Generalverdacht der Spionage.
Die Russische Revolution vermochte es zwar nicht, die wohlhabenden und streng religiösen Wolgadeutschen für die sozialistische Utopie zu gewinnen, aber kein geringerer als Stalin, 1917 noch Volkskommissar unter Lenin, trieb die Autonomierechte der Deutschen voran. Diesen gestand dann am 19. Oktober 1918 Lenin per Dekret die Gründung der Arbeitskommune (tatsächlich autonomes Gebiet) der Wolgadeutschen zu. Tatsächlich brauchten Stalin und Lenin die Getreideproduktion der Wolgadeutschen für die Versorgung der beiden Revolutionszentren Moskau und Petrograd.
Die Sowjetmacht unter Stalin erhoffte sich vom hohen wirtschaftlichen und kulturellen Stand der Siedler entscheidende Anstöße für den Aufbau der UdSSR. Die stärker werdende Diktatur unter der Alleinherrschaft Stalins konnte die autonomen Minderheiten aus ideologischen Gründen in der Sowjetunion nicht gewähren lassen und die Grundhaltung des Kommunismus zur Religion und dem Eigentum sowie der Plan zur Zwangskollektivierung der Landwirtschaft standen dem Autonomiegedanken der Wolgadeutschen diametral entgegen.
Schlussendlich mit dem Überfall der Wehrmacht auf die UdSSR galten die Deutschen in Russland offiziell als Feinde und wurden innerhalb der Sowjetunion vor allem nach Osten, nach Sibirien und in das Altaigebirge vertrieben. Dies ging mit Zwangsarbeit einher und die ehemals deutschen Orte wurden umbenannt.
Seit der Ost-Westentspannung, bereits 1971-1982, beginnt die Ausreise der Russlanddeutschen nach Deutschland zurück. Diese Bewegung verstärkt sich während Glasnost und Perestroika, als 1987 die Ausreisemöglichkeiten aus der UdSSR gesetzlich gelockert werden. Verstärkt wurde dieser Prozess durch die Absage Jelzins 1992 an deutsche Autonomiepläne innerhalb Russlands.
In der Bundesrepublik gilt heute die Integration der Russlanddeutschen als weitgehend gelungenes Beispiel gelebter Integration. Die Ausstellung hat die tiefgründigen deutsch-russischen Beziehungen in drei Jahrhunderten offengelegt und schülergerecht aufbereitet.
Dank gilt Herrn Fischer und Herrn Dr. Eichelberg für die gelungenen zwei Schulstunden.