Neuhaus (red). „Was ist da gerade los im Wald? Man hört so vieles und kann es gar nicht richtig einordnen“. Mit diesen Fragen traten Mitglieder der Hamelner Ruderer an ihren langjährigen Freund Kurt Hapke aus dem Forstamt Neuhaus im Solling. Schnell waren sich alle einig und wollten vom Forstmann Hapke Informationen aus erster Hand. Spontan waren alle Ruderer Anfang Februar mit im Boot, um in der Försterei Mühlenberg Buchen zu pflanzen.
Dass es dem Wald nicht gut geht, war in Zeitung, Funk und Fernsehen seit längerem zu entnehmen. Die aktuellen Probleme ausgelöst hatte bereits der Sturm Friederike im Januar 2018. Allein im Forstamt Neuhaus fielen damals 250.000 Kubikmeter Sturmholz an, hauptsächlich von geworfenen und abgeknickten Fichten. Mit einer großen Kraftanstrengung hatten Forstamtsmitarbeiter und Forstlichen Unternehmer das Schadholz schon nach neun Monaten aufgearbeitet und vermarktet.
Gleichzeitig erlebte der Sollingwald 2018 die längste Trockenperiode und die niedrigsten Jahresniederschläge der vergangenen 200 Jahre.
Verlieren die Fichte als Charakterbaum im Solling
„Wenn das so weitergeht wie in den letzten beiden Jahren, dann verlieren Harz und Solling die Fichte“, erläuterte Andreas Helms die Situation bei dieser für viele Waldbesitzer so wichtigen Baumart – dem sogenannten Brotbaum der Forstwirtschaft - der Freitagsrunde aus dem Hamelner Ruderverein. „Die durch Wassermangel geschwächten Bäume sind dann leichte Beute für die Borkenkäfer – Buchdrucker und Kupferstecher - und wir kommen mit der Bekämpfung der Käfer nicht mehr hinterher“. Beschrieb Revierleiter Andreas Helms den Arbeitsschwerpunkt der zurückliegenden Jahre und auch das Vorgehen für 2020:
Das Forstamt Neuhaus organisiert auf rund 4.000 Hektar, d. h. 6.000 Fußballfeldern in der Flugzeit von April bis September wöchentliche Kontrollgänge. Von Borkenkäfern befallene Bäume und Baumgruppen sollen so schnellstmöglich entdeckt und beseitigt werden.
Anschließend folgt die Fällung, das Herausziehen der Stämme und die Lagerung auf sogenannten Poltern am Waldweg. Ziel ist es, die Vermehrung der Borkenkäfer zu unterbinden.
Dort, wo Borkenkäfer Bäume abgetötet haben, entstehen größere Freiflächen, die wieder bepflanzt werden müssen.
Im Jahr 2019 gab es dann den etwas kleineren Sturm „Eberhard“, der dem Forstamt Neuhaus weitere 50.000 Kubikmeter Schadholz lieferte. Der anschließende außergewöhnlich warme Sommer mit hoher Aktivität und Vermehrung bei den Borkenkäfern ließ großflächig entwaldete Kahlstellen im Wald zurück.
Nicht nur reden sondern handeln
Eine solche Freifläche war das Exkursionsziel der Sportler aus Hameln. Dort skizzierte Förster Andreas Helms die geplante Bepflanzung der durch Sturm und Käferfraß entstandenen Fläche. Denn die Ruderer aus Hameln wollten nicht nur zuhören, sondern auch helfen und selber Bäume pflanzen. „Unter diesen stehengebliebenen alten Fichtenbäumen wollen wir Rotbuchen pflanzen. Die Kronen der Nadelbäume dienen als Sonnenschirm und bieten Verdunstungsschutz. Im Winter leisten sie den jungen Laubbäumen Frostschutz, den die empfindlichen Buchen dringend benötigen“, wies der Mühlenberger Förster die Gruppe ein und stellte die unterschiedlichen Pflanzwerkszeuge vor. Im Zweier-Team kam der Pflanzspaten zum Einsatz, wobei einer das Loch grub und der andere die 50 bis 80 Zentimeter große Buche tief ins feuchte Erdreich setzte. So waren am Ende des Nachmittages insgesamt 400 Bäume gepflanzt. Damit waren knapp 10 % dieser rund ein Hektar großen Fläche aufgeforstet. Die Samen der Altbäume werden noch kleine Fichten als sogenannte Naturverjüngung hervorbringen. So erwarten Forstleute an dieser Stelle einen neuen Mischwald aus Buchen und Fichten.
Moderne Umweltbildung: Learning by doing
„Mit diesem Learning by doing und der Begleitung durch die Förster haben wir heute eine Menge dazugelernt. Es ist ein richtig gutes Gefühl, hier für den Wald etwas getan zu haben, auch wenn der Rücken etwas zwickt“, freut sich Bernd Kerkhoff, einer der Ruderer aus dem Vorstand des Rudervereins. „Vielleicht ergibt sich ja ein Folgeeinsatz mit weiteren Vereinsmitgliedern“.
Insgesamt werden im Forstamt Neuhaus in diesem Frühjahr über 500.000 Pflanzen von den Mitarbeitern der Niedersächsischen Landesforsten und forstlichen Dienstleistern gepflanzt, um auf den entstandenen Freiflächen klimastabile Mischwälder zu etablieren.
Foto: NFA Neuhaus