Neuhaus im Solling (red). Genau ein einziger „Rufer“ war im gesamten Solling zu hören. Der „Glockenfrosch“ vom Reiherbachtal hatte sich an einem warmen Sommerabend 2019 zurückgemeldet. Schon länger vermuteten Forstleute, die Geburtshelferkröte sei im Solling ausgestorben. Doch nun hatte sich ein Tier mit seinem glockenartigen Ruf verraten. Sein Lebensraum: Der Hutewald Solling der Niedersächsischen Landesforsten.
Hier am Reiherbach nahe Amelith lebten noch vor einigen Jahren die seltenen Kröten mit dem fantasievollen Namen. Dann war ihr Rufen für Jahre verstummt. Nun aber der Beweis: es gibt noch ein Vorkommen der Geburtshelferkröte im Solling. Ein kleines zwar und damit gefährdetes Vorkommen, aber mithilfe der Landesforsten und dem NABU sollen wieder mehr Geburtshelferkröten im Hutewald leben können. Forstleute und Naturschützer starten in diesen Tagen ihre Artenschutzmaßnahmen.
Forstamt Neuhaus und NABU Niedersachsen kooperieren zum Schutz bedrohter Tierarten
Das Niedersächsische Forstamt Neuhaus und der NABU Niedersachsen wollen der kleinen Population helfen und so das langfristige Überleben der Art am Reiherbach sicherstellen. Als erste Maßnahme wird derzeit ein Teich im Reiherbachtal kurzzeitig abgelassen, in dem die Krötenlarven im Sommer leben sollen. Erst wenn der Teich frei von größeren Fischen ist, überleben genug Larven, aus denen sich die fertigen Geburtshelferkröten entwickeln. Vor der Laichsaison im Frühjahr wird der Teich wieder aufgestaut. Auch andere Amphibien- und Libellenlarven profitieren dann von dem raubfischfreien Gewässer.
Bagger gestaltet Grabentaschen und modelliert kleine Mulden
Das Teichufer soll stärker besonnt werden und wird aufgelichtet. Einzelne Bäume und Sträucher müssen weichen, damit die Besonnung die Entwicklung der wechselwarmen Amphibien fördern kann. Außerdem sollen entlang des Reiherbachweges sogenannte Grabentaschen entstehen. Ein Bagger legt dazu kleine Mulden an, die als temporäre Kleingewässer für die Larvenentwicklung hilfreich sind.
Die Landesforsten als Flächeneigentümerin und der NABU arbeiten in dem Kooperationsprojekt LIFE-BOVAR zusammen. Der NABU führt die fachlichen Arbeiten aus und finanziert die Maßnahmen aus dem EU-geförderten Life-Projekt. Die Untere Naturschutzbehörde des Landkreises Northeim unterstützt die Artenschutzbemühungen. Schließlich handelt es sich bei der Geburtshelferkröte um eine streng geschützte und gefährdete Tierart. Das Vorkommen im Hutewald Solling befindet sich in einem nach europäischen Naturschutzrecht geschütztem FFH-Gebiet. Der Naturpark Solling Vogler stellt sicher, dass keine Weidetiere während der Arbeiten zu Schaden kommen.
Das Forstamt bittet Besucher um Verständnis für den zweitägigen Baggereinsatz entlang des Reiherbachweges. „Wenn alles klappt, werden es die Glockenfrösche im nächsten Jahr mit einem Konzert an einem warmen Sommerabend danken und das Hutewaldprojekt Solling wäre damit wieder um ein stabiles Vorkommen einer seltenen Art reicher“ kommentiert Revierleiter Tobias Kiens die angelaufenen Schutzmaßnahmen.
Foto: Bruno Scheel / Geburtshelferkröte