Holzminden (red). Es war eine mitunter sehr dynamische Kurszeit, auf die die frisch gebackenen Absolvent*innen des Schulabschlusskurses der Kreisvolkshochschule zurückschauen. Denn während der etwa 15-monatigen Kurslaufzeit von September 2019 bis November 2020 konnte der Unterricht nicht wie gewohnt in der Schulklasse stattfinden. Der pandemiebedingte Wechsel von Präsenz- und Onlinephasen und das Verschieben von Prüfungsterminen aufgrund von Quarantäneanordnungen konnte den Teilnehmenden jedoch kaum etwas anhaben. Insgesamt 13 Schülerinnen und Schüler können sich über ihren erfolgreich absolvierten Kurs freuen.
Neun Teilnehmer*innen des Schulabschlusskurses haben den Realschulabschluss, genauer: den Sekundabschluss I geschafft. Ein weiterer den erweiterten Sekundarabschluss I, der zum Besuch der gymnasialen Oberstufe berechtigt. Drei weitere Teilnehmende schließlich haben sich in dem Kurs nach bestandener Prüfung den Hauptschulabschluss erarbeitet. „Wir sind mit den gezeigten Leistungen und dem am Ende zustande gekommenen Ergebnis trotz schwieriger Bedingungen sehr zufrieden“, unterstreicht die Kursleiterin und Koordinatorin des Zweiten Bildungswegs, Katharina König-Brittner.
Besonders ein Kursbesucher fiel durch seine herausragenden Leistungen auf. Zakaria, der in seinem Heimatland nur kurz die Schule besucht hat und nun seit einigen Jahren in Deutschland lebt, ist in dem KVHS-Schulabschlusskurs richtig durchgestartet. Dass das so nicht unbedingt zu erwarten gewesen wäre, zeigt ein Blick in den Alltag des jungen Sudanesen. Denn während er den Schulkurs belegte, absolvierte der junge Mann gleichzeitig auch noch ein Praktikum in einem Eschershäuser Kfz-Meisterbetrieb, um seinem Ziel, eine Ausbildung als KFZ-Mechatroniker beginnen zu können, ein Stück näherzukommen.
Sein Praktikumsbetrieb erwies sich dabei für die Schulausbildung als wichtige und hilfreiche Stütze. Als im Rahmen des Lockdowns im Frühjahr digitales Lernen auf dem Programm stand, zögerte der Betrieb nicht lange und stattete Zakaria mit einem PC und weiterer Hardware aus. Wenn man Zakaria heute fragt, was ihn zu seinen Höchstleistungen verholfen habe, überlegt er deshalb nicht lang. Er sagt einfach, dass es viele Menschen in seiner Umgebung gab, die an ihn geglaubt haben. Für die Dozent*innen des Schulabschlusskurses, Dr. Klaus-Friedrich Nortrup, Brigitte Lange, Hans-Jürgen Höna, Kristin Hinrichs und Christiane Kohlenberg liegt der Schlüssel von Zakarias Erfolg allerdings mehr in ihm selbst. Er habe einfach ganz viel Fleiß und Zuverlässigkeit bewiesen und alle Unterstützungsangebote eben auch angenommen.
Diese Kompetenzen hat auch Hatice (Name auf Wunsche der Schülerin geändert) ausgezeichnet. Ähnlich wie bei Zakaria hat sie das Bedürfnis nach Selbstverwirklichung zum Schulabschlusskurs in der KVHS geführt. Nachdem ihre drei Mädchen alt genug waren, wollte sie gern zur Erzieherin ausbilden lassen. Um die Vorrausetzungen dafür zu erfüllen, ist jedoch ein Realschulabschluss vonnöten. Dass sie am Ende in Mathematik und Deutsch sogar überragende Leistungen gezeigt hat, war angesichts ihres anstrengenden Lebensalltags dennoch nicht selbstverständlich. Die Zeit in dem Kurs habe sie weitergebracht, sagt Hatice, auch wenn der Spagat zwischen Hausfrau und Kindererziehung, einer geringfügigen Beschäftigung sowie dem Lernen nicht immer einfach für sie gewesen sei. Doch ihre Familie – allen voran ihr Ehemann – hätten sie unterstützt, wo es ging. Die individuelle und bedarfsorientierte Betreuung des KVHS-Teams, zu dem auch noch der Sozialpädagoge Martin Könneke gehört, haben für sie überdies ein erfolgreich unterstützendes Netzwerk gebildet.
Kursleiterin Katharina König-Brittner betont, dass gerade die ressourcen- und lösungsorientierte Beratung die wichtigste Basis dafür darstelle, mit den verschiedenen Teilnehmer*innen wertschätzend und nachhaltig arbeiten zu können. Denn viel zu oft hätten Schüler*innen in ihrer Bildungsbiographie Hürden erlebt, die sie in einer negativen Selbsteinschätzung verharren ließen. Es komme darauf an, mit jeder und jedem Einzelnen auf die Suche nach den eigenen Talenten zu gehen und diese auch durch Reflexion bewusst werden zu lassen. Die pädagogischen Fachkräfte des Schulabschlusskurses sind sich darüber einig, dass es wesentlich war, die Teilnehmer*innen kontinuierlich zu bestärken. Ein Weg, der sich auch in diesem Kursdurchlauf gelohnt hat und der so nur durch die Förderung des Landkreises Holzmindens sowie des Landes Niedersachsen durch den Sonderfonds zur Unterstützung und Förderung des lebenslangen Lernens realisiert werden konnte.
Foto: Sophie Everding