Holzminden (r). Sprachkompetenzen sind ein wichtiger Grundstein für die sozial-emotionale Entwicklung und für den Bildungserfolg von Kindern. Sprachbildung und Sprachförderung sind daher seit 2018 in Niedersachsen sogar gesetzlicher Auftrag von Kindertagesstätten. In einem Forschungsprojekt hat die HAWK Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim/Holzminden/Göttingen gemeinsam mit der Alice Salomon Hochschule Berlin (ASH Berlin) nun untersucht, welche Bedeutung Unterstützungsstrukturen für eine erfolgreiche Umsetzung von Sprachförderung in Kindertageseinrichtungen haben. Dafür evaluierten die Wissenschaftler*innen verschiedene Formate und Angebote des Koordinierungszentrums DialogWerk Braunschweig.
Das DialogWerk Braunschweig bietet Kindertagesstätten Unterstützung bei der Umsetzung von Sprachförderung und Sprachbildung, zum Beispiel mit Arbeitsmaterialien, Fortbildungs- und Beratungsangeboten. „Kitas spielen bei der Sprachentwicklung von Kindern eine große Rolle. Das ist gerade während der Coronavirus-Pandemie besonders deutlich geworden“, erklärt Prof. Dr. Tim Rohrmann, Professor für Kindheitspädagogik an der HAWK und Leiter des Forschungsprojekts. „Regionale Begleitstrukturen leisten dabei einen wichtigen Beitrag zur Umsetzung von Sprachbildung und -förderung in Kitas. Bislang wurden diese Strukturen aber noch nicht systematisch evaluiert.“
Mit Hilfe von Dokumentenanalysen, Interviews und einer umfangreichen Online-Erhebung untersuchten die Forscher*innen die verschiedenen Formate und Angebote des DialogWerks auf ihre Wirksamkeit und Nachhaltigkeit. Die Ergebnisse zeigen, dass das DialogWerk in den vergangenen Jahren für die teilnehmenden Kindertageseinrichtungen eine wichtige Unterstützungsfunktion eingenommen hat. Die befragten Fachkräfte in den Kitas berichteten von einer verbesserten Umsetzung von Sprachbildung und -förderung und von mehr Sprechfreude bei den Kindern. Auch hätten sich die Erzählkompetenzen und der Umgang mit geschriebener Sprache bei den Kindern deutlich verbessert.
Die große Bedeutung von Sprachbildung in den ersten drei Lebensjahren, im Kindergartenalter und beim Übergang in die Grundschule sei in den Befragungen sehr deutlich geworden, berichtet Rohrmann. „Dabei gibt es einen großen Unterstützungsbedarf – von Mehrsprachigkeit über Erfassung der Sprachkompetenz bis hin zum Umgang mit Sprachstörungen.“ Das multiprofessionelle Angebot des DialogWerks, die enge Verzahnung von Fortbildungs- und Qualifizierungsangeboten und die Fach- und Fallberatung in den Einrichtungen hätten sich dabei besonders bewährt.
Die geplante Deckelung der Finanzierung von Unterstützungsstrukturen ab Herbst 2021 könne darum einen negativen Einfluss auf die Qualität der Sprachförderung haben und die Zusammenarbeit von Kitas mit Einrichtungen wie dem DialogWerk einschränken, so Rohrmann. „Zu befürchten ist, dass eine nachhaltige Verankerung guter Sprachbildung und -förderung in Kitas nur unzureichend gelingt. Stattdessen müssen multiprofessionelle und praxisnahe Unterstützungsstrukturen dringend erhalten und weiter ausgebaut werden.“
Foto: Marius Maasewerd