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Sonntag, 24. November 2024 Mediadaten
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Lüchtringen/Holzminden (TKu). Mehr als zwei Kilometer oberhalb von Lüchtringen im Solling befindet er sich, ein kleiner, verwitterter roter Sandstein mit einem Henkelkreuz und einer Hand eingearbeitet. Eine nur bei genauem Hinsehen erkennbare abgebildete Hand links neben dem Kreuz gibt Rätsel auf. Heimatkundler haben dazu unterschiedliche Theorien, was die Bedeutung der abgebildeten Hand neben dem Kreuz betrifft. Auch in Fachbüchern ist der Stein, der sich im Forstrevier Otterbach im Solling nahe Lüchtringen befindet, mit seinem Abdruck Thema. 1979 entdeckte ihn der damalige Lüchtringer Ortsheimatpfleger Franz Fromme. Wir haben uns mit Dieter Siebeck aus Höxter zu dem Stein aufgemacht, um ihn inmitten des dichten Waldes ausfindig zu machen. Dieter Siebeck ist passionierter Wanderer und hat Anfang der 1990er Jahre damit begonnen, die Steine, die in dem Buch „Denksteine, Denkmäler, Grenz- und Kreuzsteine im Solling“ beschrieben sind, aufzusuchen und sie kartographisch zu erfassen. 1998 kam sein Buch „Wo Steine reden“ in zwei Bänden heraus. Als Fachmann für solche „Lost Stones“ haben wir uns von Höxter News aufgemacht zu dem Stein, um sein eventuelles Geheimnis zu lüften. Diesen Kreuzstein hat Dieter Siebeck erstmalig im Januar 1991 ausfindig gemacht. Leicht zu finden ist er nicht. Er ist relativ klein und unscheinbar im Gegensatz zu vielen anderen solcher Gedenksteine im Solling.

Etwa 200 Denksteine, Denkmäler, Grenz- und Kreuzsteine gäbe es alleine im Solling, mehr als in den meisten anderen Wäldern. Insbesondere gibt es viele Sühne- oder auch Mordsteine. Sie stammen aus dem Mittelalter oder der frühen Neuzeit und wurden möglicherweise nach einem Urteil an der Stelle errichtet, an der ein Mord geschehen war. Im Solling wurden beispielsweise in den vergangenen Jahrhunderten zahlreiche Förster Mordopfer von ertappten Wilddieben. Auf dem Weg zu dem Kreuzstein versperren umgestürzte Bäume die Feldwege. Über Umwege gelangt Dieter Siebeck jedoch zu der Stelle, wo sich der Sandstein befindet. Er steht etwa zehn Meter von einem Weg entfernt in einem Laubwald, direkt vor einer Fichtenschonung. Erkennbar ist er auf Anhieb nicht, weil das eingeschlagene Henkelkreuz und die Hand nur von der anderen Steinseite erkennbar sind. Mit Hilfe seiner Karte gelang es Dieter Siebeck, den Kreuzstein nach mehr als 25 Jahren wieder zu finden. Dieter Siebeck erklärt, was es mit den eingeschlagenen Symbolen auf sich hat: Das lateinische Henkelkreuz stamme sehr wahrscheinlich aus dem Mittelalter. Die nur schwach erkennbare Hand daneben sei wahrscheinlich erst später eingeritzt worden, so Siebeck. Der Sinn der eingeritzten rechten Handinnenfläche lasse sich nicht eindeutig erklären. Aus verschiedener Fachliteratur kennt der Höxteraner jedoch einige Theorien, die den Ursprung dieser Symbole und das Alter beschreiben.

Dazu Dieter Siebeck: Die Darstellung einer Hand deute darauf hin: „Wer hier einen Frevel begeht, verliert die Hand“. Gerade der Baumfrevel sei vor hunderten Jahren sehr hart bestraft worden. Die Hand und der Handschuh spielten im mittelalterlichen Rechtsdenken eine bedeutende Rolle. Gern wurde die Hand auch zur Grenzbezeichnungen verwendet, vor allem für sogenannte „befriedete Bezirke“. Die Darstellung könne auch eine „abgeschlagene“ Hand sein, die darauf hin deute, dass man sich an bestimmte Regeln im Wald zu halten habe, meint Siebeck. Abgebildet wurde immer die rechte Hand, aber niemals die Linke. Auf dem Lüchtringer Stein sei sehr wahrscheinlich die Innenfläche der rechten Hand zu sehen. Dieter Siebeck nennt aber noch eine weitere These: „Bis gegen Ende des Mittelalters, als die Mehrzahl der Bevölkerung in Deutschland weder lesen noch schreiben konnte und die damals von gelehrten Mönchen in Latein handgeschriebenen Bücher für den einfachen Mann ohnehin unerschwinglich waren, stellte die religiöse Unterweisung durch Bilder und Zeichen überwiegend neben der Predigt die Verbreitung der Heilsgeschichte und der Zehn Gebote sicher. Auf dem Kreuzstein könnten die fünf gestreckten Finger auf das fünfte Gebot hindeuten: ´Du sollst nicht töten!´ Diese Art von Bildsprache war üblich bis zur Verbreitung der Buchdruckerkunst um 1500. Daraus ließe sich schließen, dass der Stein bei Lüchtringen ein mittelalterlicher Kreuzstein sein könnte.“

Fotos: Thomas Kube

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