Holzminden (r). Bei „MehrWert - Weiterbildungsverbund im ländlichen Raum“ ziehen die Landkreise Cloppenburg, Vechta, Diepholz, Nienburg/Weser, Schaumburg, Hameln-Pyrmont und Holzminden an einem Strang. Innerhalb von drei Jahren wollen Wirtschaftsförderungen, Kammern, Arbeitsagenturen, Kreishandwerkerschaften und weitere strategische Partner ein anbieterübergreifendes Beratungsangebot für kleine und mittlere Betriebe (KMU) auf die Beine stellen. In zwei regionalen Koordinierungsstellen sollen im Projektzeitraum zahlreiche Erst- und Folgeberatungen zur beruflichen Weiterbildung erfolgen. Organisiert wird MehrWert von der Handwerkskammer Hannover Projekt- und Servicegesellschaft mbH. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales fördert das ehrgeizige Vorhaben mit fast einer Million Euro, das sind knapp 70 % der Gesamtkosten. Die verbleibenden 30 % tragen die beteiligten sieben Landkreise selbst.
„Dieser Weiterbildungsverbund ist ein weiterer richtiger Schritt zur Unterstützung unserer weitgehend eher mittelständisch angelegten Wirtschaftsstruktur“, beschreibt Landrat Michael Schünemann das neue Beratungsinstrument. Allen Kooperationspartnern sei klar, dass man gerade im ländlichen Raum die Unternehmen in Fragen der betrieblichen Kompetenzerweiterung nicht allein lasen dürfe. „Deshalb freue ich mich, dass wir künftig nicht auch dank der Förderung des Arbeitsministeriums Hilfe anbieten können.“
Im ersten Schritt wollen die Akteure von MehrWert Weiterbildungstrends und -bedarfe in den Regionen erfassen. Bei bestehenden Lücken im regionalen Weiterbildungsangebot wird der Verbund neue Angebote anregen. Diese sollen möglichst bei regionalen Anbietern angesiedelt werden oder aber digital stattfinden. In einem zweiten Schritt gehen zwei regionale Koordinierungsstellen an den Start.
Für Projektleiterin Anika Wohlers von der Handwerkskammer Hannover Projekt- und Servicegesellschaft mbH bilden sie das Herzstück von MehrWert: „In den Koordinierungsstellen beraten wir Betriebsinhaberinnen und Betriebsinhaber sowie die Beschäftigten von KMU trägerneutral und unterstützen bei der Auswahl geeigneter Weiterbildungen. Die Beraterinnen und Berater arbeiten eng mit den Wirtschaftsförderern, den Agenturen für Arbeit, den Kreishandwerkerschaften und weiteren strategischen Partnern zusammen.“
Für Handwerksbetriebe aller Gewerke sei die ständige und nachhaltige Qualifizierung der Mitarbeiter und Führungskräfte eine große Herausforderung, bekräftigt Jens Leßmann, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Diepholz/Nienburg. Dabei denkt Leßmann auch an ambitionierte Klimaschutzziele für die Bau- und Ausbaugewerke sowie die Kraftfahrzeugbranche. „Die Betriebe haben hierzu eine große Bereitschaft. Wichtig für sie ist es, in der angebotenen Vielzahl von Maßnahmen die herauszufinden, die sinnvoll für die Mitarbeitenden und den Betrieb sind, ihnen also eine Perspektive eröffnen und die sich gegenseitig befruchten.“ Die intendierte Beratung werde dazu eine wichtige Hilfestellung anbieten. Denn gerade in KMU, in denen der Inhaber oder die Chefin sich dieser Aufgabe widmet, sei eine Unterstützung notwendig und hilfreich.
„Unser Gemeinschaftsprojekt „MehrWert – Weiterbildungsverbund im ländlichen Raum“ zeigt zum einen, dass sich ganz unterschiedliche Akteure aus überregionalem Kontext hinter dem Ziel vereinen, den Fachkräftemangel der KMU auch durch zunehmend wichtige, passgenaue Weiterbildungs-angebote vor Ort zu beheben“, erklärt Dirk Gehrmann, Erster Vorsitzender des Fachkräftebündnisses Nordwest. Den Überblick über diese Angebote herzustellen und gleichzeitig die regionalen Bildungsträger durch die Koordinatoren stärker in Austausch und Angebotsabgleich zu bringen, darin erkennt Gehrmann weitere wichtige Chancen des Projektes.
Die REK Weserbergland plus, Kooperation der Landkreise Hameln-Pyrmont, Holzminden, Schaumburg und Nienburg/Weser, hat sich schnell bereit erklärt, als Partnerin in das Projekt „MehrWert“ einzusteigen. „Gerade im ländlichen Raum ist es für die berufliche Weiterbildung eine Herausforderung, eine kritische Masse zu generieren,“ sagt Andreas Manz, Leiter der Geschäftsstelle der REK Weserbergland plus. Dies gelte sowohl für die Angebote als auch für die Nachfrage, die durch den Weiterbildungsverbund gebündelt werden können. „Außerdem sind wir der Überzeugung, dass wir durch eine digitalisierte und trägerunabhängige „Weiterbildungsmatrix“ deutlich mehr KMU erreichen können, als dies bisher auf herkömmlichem Wege möglich ist.“ Neben den regionalen Weiterbildungsangeboten sollen hier auch bereits etablierte Beratungsangebote rund um die Themen Organisations- und Personalentwicklung sichtbarer gemacht werden.
Dass die Weiterbildungsverbünde auch Eingang in den Koalitionsvertrag der Ampelparteien gefunden haben, ist für Karl-Wilhelm Steinmann ein positives Zeichen. Es zeige, „dass es keinen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fortschritt ohne Weiterbildung gibt - und dass dabei die Weiterbildungsverbünde eine entscheidende Rolle spielen werden.“ Sie seien unter Federführung der Agentur für Arbeit weiterhin Teil der Nationalen Weiterbildungsstrategie der Bundesregierung.
Laut Tina Heliosch, Vorsitzende der Geschäftsführung Agentur für Arbeit Vechta, verstärken die laufende Transformation in der Arbeitswelt und die zunehmende Digitalisierung die Notwendigkeit der systematischen Weiterbildung von Beschäftigten. „Viele kennen das Thema und dessen Bedeutung. Insbesondere in kleineren Unternehmen mit guter Auftragslage fällt die konkrete Auseinandersetzung mit der perspektivischen Weiterbildungsplanung im Alltag oftmals hinten rüber. Hier setzt das Projekt mit den verschiedenen Angeboten an. Die Agenturen für Arbeit unterstützen das Projekt u.a. durch ihre Erkenntnisse zur Veränderung der Anforderungen in den verschiedenen Berufsfeldern sowie mit dem seit Ende 2020 implementierten Angebot der Berufsberatung im Erwerbsleben.“ Bundesweit fördert das Bundesministerium für Arbeit und Soziales in diesem Jahr 39 Weiterbildungsverbünde inklusive Koordinierungsstellen.
Foto: Peter Drews/ Landkreis Holzminden