Landkreis Holzminden (red). Nicht nur angesichts der steigenden Energiepreise wird es zukünftig einen erhöhten Bedarf an gut ausgebildeten Fachkräften zum Thema „Green Building“ geben. Auch die politisch vereinbarten Klimaschutzziele werden die Nachfrage weiter anheben, so Prof. Dr. Sebastian Föste, HAWK-Professor für Gebäudeenergietechnik an der Fakultät Management, Soziale Arbeit, Bauen am Standort Holzminden. Wir haben Sebastian Föste nach Energiespar-Tipps und langfristigen Möglichkeiten des Energiesparens durch gute Planung und Digitalisierung gefragt.
HAWK: Prof. Dr. Föste, haben Sie einen spontanen Tipp, welche Möglichkeiten man als Privatverbraucher hat, um zum Beispiel Wärmeenergie zu Hause einzusparen?
Prof. Dr. Sebastian Föste: Grundsätzlich macht die Wärme den bedeutendsten Anteil unseres Energiebedarfs zu Hause aus. Zum einen kann man mit der Raumtemperatur arbeiten: Indem ich nur eine ein Grad Celsius geringere Raumtemperatur an meinen Thermostaten einstelle, spare ich schon etwa sechs Prozent der Heizenergie ein. Bei einer Temperatursenkung um zwei oder drei Grad Celsius, und mit etwas dickerer Kleidung in der Wohnung kann ich schon signifikante Anteile meines Wärmebedarfs einsparen. Das Lüftungsverhalten ist ebenfalls ein Thema: Man sollte nicht dauerhaft Kipplüften, sondern beim Lüften die Fenster immer komplett öffnen, also kurzzeitig Stoßlüftung betreiben. Das spart sehr viel Energie. Einige Verhaltensweisen beim Trink-Warm-Wasserbedarf sind auch energieschonend. Wenn die Duschzeiten reduziert werden und wer anstatt einer Viertelstunde vielleicht nur zwei bis drei Minuten duscht, kann sehr viel Energie einsparen.
Studierende bei Ihnen lernen ja im Bachelor-Studiengang "Green Building" am HAWK-Standort in Holzminden ja die langfristigen Möglichkeiten und Lösungen, um zum Beispiel Energie in Gebäuden einzusparen. Mit welchem Wissen gehen Ihre Studierenden später in die Berufe?
Unsere Studierenden lernen eigentlich alle energierelevanten Teile der Gebäudeplanung kennen. Das fängt bei der Gebäudehülle an und geht über die Anlagentechnik und Heizungstechnik und bis hin zum Einsatz erneuerbarer Energien am Gebäude. Und genau dort finden zukünftig auch die wesentlichen Investitionen statt. Wir müssen unseren Gebäudebestand in den nächsten 20 Jahren auf Klimaneutralität trimmen. Das heißt also, wir müssen in die Gebäudehülle investieren, um den Wärme- und Energiebedarf insgesamt zu reduzieren und diesen reduzierten Energiebedarf vollständig klimaneutral, das heißt vor allem über erneuerbare Energien decken. Dazu zählt dann die Solarenergie, die ich einbinden kann, erzeugt durch Photovoltaik und Solarthermie. Wärmepumpen nutzen die Umweltenergie aus Erdreich, Grundwasser oder Luft und werden mit erneuerbar erzeugtem Strom, zum Beispiel von Windkraftanlagen, versorgt.
Für diese Ziele ist ja auch eine jeweils gute Planung notwendig. Was ist denn dabei wichtig zu beachten?
Ja, ein Schlüssel hinsichtlich der Effizienz der Gebäudeplanung ist sicherlich die Digitalisierung, die gerade im Bausektor stark voranschreitet. Das läuft unter dem Fachbegriff "Building Information Modeling". Gebäude werden auf Basis eines 3D-Modells, das alle relevanten Informationen zeitaktuell beinhaltet, vollständig geplant. Alle am Planungsprozess Beteiligten bringen ihre Ergebnisse in diesem Modell unter und können immer auf den aktuellen Planungsstand zugreifen. Im Studiengang Green Building vermitteln wir diese Methodik über alle für uns relevanten Fachgebiete des Bauens über den gesamten Studienverlauf hinweg. Und aufgrund der sehr großen Herausforderungen, unseren Gebäudebestand klimaneutral zu gestalten, werden wir auch eine deutliche Ressourcenknappheit an Fachkräften sehen. Das heißt, wir müssen eigentlich nicht nur hochqualitativ planen, sondern auch effizienter. Und da kann die Digitalisierung einen ganz wesentlichen Beitrag leisten.
Sie haben ja auch einen guten Einblick in die Branche: Wie ist denn dort die Stimmung? Und haben Sie den Eindruck, dass die politische Lage derzeit als weiterer Katalysator wirken könnte?
Ja, davon ist auszugehen. Die Klimaschutzziele an sich haben schon großen Druck hinsichtlich der Sanierung von Gebäuden aufgebaut, der durch die aktuelle Situation deutlich verstärkt wird. Wir sehen steigende Energiepreise, die zusätzlich ein Ansporn für Hausbesitzer sind, zeitnah den Energieverbrauch ihres Gebäudes zu senken und zu sanieren – auch weil es finanziell schnell zu einer Amortisation dabei kommt. Wichtig ist, die Sanierung sorgfältig zu planen, also Fachleute als Energieberater einzubeziehen, um auch langfristig das Ziel des klimaneutralen Gebäudes im Jahr 2045 zu erreichen. Je früher man damit anfängt, desto mehr Energie und CO2 kann eingespart werden, und umso größer ist eigentlich auch der finanzielle Vorteil. Ich glaube schon, dass in den nächsten Jahren die Sanierungsrate bei Gebäuden deutlich gesteigert wird.