Kreis Holzminden (kp). 469 Menschen zählt die Kreisverwaltung, die seit Kriegsbeginn am 22. Februar aus der Ukraine in den Kreis Holzminden flüchteten. Die Tendenz: Steigend. „Die Situation ist mit 2015 nicht vergleichbar, es sind jetzt viel, viel mehr Menschen, die zu uns kommen“, sagt Manuela Schäfer, Dezernentin für Migration. Täglich bekommt der Landkreis ein Kontingent von Flüchtlingen zugewiesen, die schnellstmöglich irgendwo untergebracht werden müssen. Schon vor ein paar Tagen appellierte der Landrat deswegen, keine privaten „Holaktionen“ mehr zu unternehmen, da die Kapazitäten der zur Verfügung stehenden Immobilien erschöpft seien.

Seit Tagen befinde sich die Kreisverwaltung auf der Suche nach geeigneten Objekten und führe Gespräche mit Eigentümern. Gespräche, das ehemalige Tryp-Hotel in Stadtoldendorf einzurichten, brachten bisher keine positiven Ergebnisse. Nun hat der Landrat bekannt gegeben, das Campe-Gebäude 1 in der Wilhelmstraße für maximal 200 Geflüchtete herrichten zu lassen. „Der Umzug des Campe-Gymnasiums steht bevor, so dass schon im April Schubweise Menschen dort einziehen können“, sagt Michael Schünemann. Die Einrichtung soll bereits in der ersten Aprilwoche in Zusammenarbeit mit dem DRK erfolgen. Das Campe I verfüge neben seinen 40 Klassenräumen noch über Duschmöglichkeiten in der Sporthalle sowie über Mensa-Container, die bei der Objektwahl eine entscheidende Rolle gespielt haben.

Die Aufnahme und Verteilung der Flüchtlinge an die Gemeinden stelle den Landkreis neben Corona derzeit vor große Herausforderungen. Dabei fungiert die Kreisverwaltung als wichtige Schnittstelle. Zuletzt hätten intern 15 Mitarbeiter abgestellt werden müssen, um bei der Koordination der ankommenden Flüchtlinge zu helfen. Neben mangelnden Unterbringungsmöglichkeiten fehle es zudem auch an ausreichend Mobiliar. Finanzielle Unterstützung bekommt der Landkreis momentan weder vom Bund noch vom Land. „Wir sprechen hier von einem Millionenbetrag, den der Landkreis vorstrecken muss“, betont Landrat Michael Schünemann. Das Zurückgreifen auf ehrenamtliche Unterstützung, wie vom DRK oder den Johannitern, sowie die Annahme von Spenden stelle diesbezüglich eine große Hilfe dar.

„Die Menschen sind unheimlich willig“, sagt Dezernentin Manuela Schäfer zum Beispiel in Bezug auf die große Nachfrage nach Sprachkursen. Diese müssten von den Kommunen finanziert werden, doch auch da fehle das Geld. Viele Spenden würden daher vor allem in eben jene Sprachkurse fließen. „Es gibt auch viele Ehrenamtliche, die als Dozenten auftreten“, fügt sie hinzu.

Nachdem die Anfangsphase etwas chaotisch gewesen sei, wie der Landrat zugibt, sei man jetzt gut organisiert. Bei der Bewältigung des großen Zustroms an Flüchtlingen werde derzeit zudem viel auf die Erfahrungswerte aus 2015 zurückgegriffen. Einen weiteren Unterschied zu 2015 hebt Manuela Schäfer noch hervor: „Damals waren es vor allem Männer, jetzt sind es überwiegend Frauen und Kinder, die zu uns kommen.“

Klar ist: Die Unterbringung und Versorgung der ankommenden Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine wird den Landkreis noch länger vollumfänglich beschäftigen. Eine Konsequenz ist, dass mittlerweile die Corona-Nachverfolgung eingestellte werden musste. Durch die personelle Belastung und bei täglich um die 300 Neuinfektionen würden bereits jetzt etliche Corona-Bescheide „vor uns hergeschoben“.

Momentane Aufteilung und Unterbringung der Flüchtlinge im Kreis Holzminden

Insgesamt befinden sich tagesaktuell (Stand: 23. März) 469 geflüchtete Menschen aus der Ukraine im Landkreis Holzminden. Die Zahlen ändern sich jedoch täglich. Bisher sind die Geflüchteten wie folgt untergekommen:

Samtgemeinde Bodenwerder-Polle: 51 Personen plus 65 Personen, die in der Jugendherberge Bodenwerder untergebracht sind

Samtgemeinde Eschershausen-Stadtoldendorf: 193 Personen, davon sind derzeit 75 Personen im Bildungszentrum des Bundes auf dem Ith untergebracht

Delligsen: 28 Personen

Bevern: 9 Personen

Holzminden: 54

Boffzen: 69

Foto: Kai Pöhl