Landkreis Holzminden (red). Am 7. Oktober trafen sich die Geschäftsführer und Pflegedienstleitungen mehrerer Pflegedienste aus der Region (APD Holzminden Kraft und Pfeil, GAK Grußendorf ambulante Krankenpflege, Kues Ambulanter Pflegedienst, Pflegeteam 2000 und des ambulanten Pflegedienstes Dormann und Steppat). Alleine diese Pflegedienste versorgen über 1000 Pflegebedürftige in der Region. Es wurde von allen Beteiligten festgestellt, dass eine pflegerische Versorgung der Pflegebedürftigen spätestens im nächsten Jahr stark gefährdet sei. 

Durch das von der großen Koalition im Juni verabschiedete Tariftreue-Gesetz werden alle Unternehmen dazu gezwungen, Tariflöhne zu bezahlen. Jeder der Anwesenden habe sich im Juni darüber gefreut, die Mitarbeiter, die gerade auch in der Pandemie außerordentliches geleistet haben, besser bezahlen zu können. Allerdings habe man zu diesem Zeitpunkt noch nicht gewusst, dass die im Gesetz verankerte Verpflichtung zur Refinanzierung von Tariflöhnen durch die Pflegekasse ignoriert wird. Nach bisherigem Kenntnisstand sollen sich die Pflegekassen weigern, die nun steigenden Lohnkosten in voller Höhe zu refinanzieren. Die Leistungen der ambulanten Pflege seien aus Sich der Kassen bereits jetzt zu hoch bewertet. 

„Wir werden ab September 2022 verpflichtet, Löhne zu bezahlen, die sich nicht im Erlös für Pflegeleistungen widerspiegeln“, sagt Thomas Kraft vom APD Holzminden. Michael Pfeil vom APD Holzminden ergänzt hierzu: „Wie sollen wir in Zukunft für die Pflege eines Menschen, der beispielsweise einen Schlaganfall hatte, eine morgendliche Grundpflege für 18,56 Euro zuzüglich Fahrkosten von Höhe von 4,29 Euro durchführen, wenn die Altenpflegerin für eine Stunde Arbeit in Zukunft rund 23 Euro verdient? Erschwerend kommen jetzt gerade auch in der ambulanten Pflege steigende Kosten für Benzin hinzu, die wir aus eigener Tasche bezahlen müssen. Wir können nicht, wie jeder andere Gewerbetreibende, unsere Preise neu kalkulieren.“ 

Die Politik, insbesondere die neue niedersächsische Gesundheitsministerin Daniela Behrens, halte sich sehr bedeckt. Verantwortung werde in die sogenannte Selbstverwaltung verschoben und eine Fülle an Gesetzesinitiativen auf Bundes- und Landesebene sei wirkungslos. Obwohl die Politik Gesetze verabschiede, kümmere sie sich im Nachgang nicht um eine faire und pragmatische Umsetzung. 

Die Mitglieder des Bündnisses planen Aktionen, um sich und ihren angestellten Pflegekräften Gehör zu verschaffen. Es wird hierzu weitere Informationen und Veranstaltungen geben, zu denen interessierte Menschen und Vertreter der Bundes- und Landespolitik eingeladen werden und über die Entwicklung informiert werden sollen. 

„Die Zeit drängt, wenn die pflegerische Versorgung im nächsten Jahr noch ausreichend sein soll“, sind sich Kraft und Pfeil einig.