Niedersachsen (red). Auch die Regenfälle der letzten Tage werden nichts mehr daran ändern: Niedersachsen geht nach zwei Trockenjahren in Folge mit niedrigen Grundwasserständen in den bevorstehenden Sommer. Entsprechende Zahlen stellte der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) im Rahmen eines jetzt veröffentlichten Sonderberichts vor. Für die Experten ist klar: Die beobachteten historisch niedrigen Grundwasserstände sind nicht mehr allein mit zufälligen Witterungsschwankungen zu erklären.
„Die sich seit einigen Jahren in den Messungen des NLWKN abzeichnende Entwicklung ist auch Ausdruck eines sich infolge des Klimawandels insgesamt verändernden Landschaftswasserhaushalts. Die Grundwasserstandsextreme in den Trockenjahren 2018 und 2019 führen dabei anschaulich die in Folge des Klimawandels möglichen Veränderungen vor Augen“, betont Bernhard Ohlrogge, Aufgabenbereichsleiter Grundwasser beim NLWKN.
In dem jetzt veröffentlichten „Sonderbericht zur Grundwasserstandssituation in den Trockenjahren 2018 und 2019“ stellt der Landesbetrieb die Auswirkungen der trockenen Witterungsbedingungen der letzten zwei Jahre auf die Grundwasserstände dar. Im Vergleich zum Trockenjahr 2018 mit bereits landesweit extrem niedrigen Grundwasserständen hat sich die Situation in Niedersachsen 2019 demnach weiter verschärft. Die Tiefststände des Dürrejahres 2018 wurden dabei in 71 Prozent der ausgewerteten Grundwassermessstellen unterboten. Der tiefste Grundwasserstand des 30-jährigen Referenzzeitraums 1988-2017 wurde 2019 an 56 Prozent der Messstellen unterschritten (2018 32 Prozent). „Trotz verhältnismäßig hoher Niederschläge im Winter 2019/20 kann auch für das laufende hydrologische Jahr nicht von einer generellen Entspannung der Grundwasserstandssituation ausgegangen werden“, prognostiziert Bernhard Ohlrogge.
2019 lagen die Jahrestiefstände im Mittel 0,36 Meter unterhalb der mittleren Werte im Vergleichszeitraum 1988 bis 2017 (2018: 0,23 Meter). Die ungünstigsten Grundwasserstandsentwicklungen und höchsten Absenkungen waren in den Geest- und Börderegionen Niedersachsens zu beobachten. Die günstigsten Entwicklungsverläufe mit den geringsten Absenkungen fanden in den Niederungsregionen insbesondere Westniedersachsens sowie in den Marschgebieten statt.
Trend zu Defiziten setzt sich offenbar fort
Trotz eines niederschlagsreichen Winters 2019/2020 zeichnet sich ab, dass auch 2020 in vielen Regionen Niedersachsens weiterhin Grundwasserstandsdefizite bestehen. Während sich die Grundwasserstände in den Niederungs- und Küstenregionen West- und Nordniedersachsens über den Winter gut erholt haben, fiel der Wiederanstieg in den übrigen Landesteilen und insbesondere in den Geestregionen nur mäßig aus. „Die winterliche Grundwasserneubildungsphase ist abgeschlossen und die Grundwasserstände sinken entsprechend ihrem saisonalen Verlauf gegenwärtig wieder ab. Insbesondere in den Beregnungsgebieten Ostniedersachsens liegen dabei zum Teil schlechtere Ausgangsbedingungen als 2019 vor“, so Dr. Gunter Wriedt von der NLWKN-Betriebsstelle Cloppenburg. Die Grundwasserstände folgen dabei aktuell ungefähr dem Verlauf des Vorjahres. Zum Teil werden die Werte von 2019 auch überschritten - sie bleiben aber in der Regel unter den Werten von 2018. Eine grundlegende Entspannung der Situation sei nicht eingetreten, so Wriedt: „Der NLWKN geht zum derzeitigen Zeitpunkt davon aus, dass die Grundwasserstände im Sommer 2020 überwiegend einen ähnlichen Verlauf wie in den beiden Vorjahren nehmen und auch vergleichbare Tiefstände erreicht werden können.“
Nach dem Dürrejahr 2018 hatte der NLWKN im Frühjahr 2019 erstmals im Rahmen des jährlich erscheinenden Grundwasserberichts Niedersachsen die Entwicklung der Grundwasserstände in einem Sonderbericht dargestellt. „Bereits damals hatten die Grundwasserstände infolge der lang andauernden Trockenheit extreme Tiefstände im Vergleich zu den vorangegangenen 30 Jahren erreicht“, erinnert Wriedt. Im hydrologischen Jahr 2019 hat sich die Grundwasserstandssituation im Vergleich zum Vorjahr landesweit noch einmal deutlich verschärft.
2019 elfmonatige Dürrelage
Im Mittel lag dabei über elf Monate eine Grundwasserdürrelage vor – an 41 Prozent der untersuchten Messstellen wurde der tiefste Grundwasserstand seit Beginn der Auswertungen 1988 erreicht. 2018 war dies an 23 Prozent der Messstellen der Fall. An 71 Prozent der Grundwassermessstellen wurde der Tiefststand des Vorjahres noch einmal unterboten. Für die Untersuchung wurden die Daten von insgesamt 1.430 Grundwassermessstellen des NLWKN in ganz Niedersachsen ausgewertet. Der vollständige Bericht ist im Internet unter www.nlwkn.de zum Download verfügbar.