Holzminden (red). Bildung legt die Basis für gesellschaftliche und wirtschaftliche Teilhabe. Spätestens seit Beginn der Corona-Pandemie stellt sich die Frage: Sind unsere Schulen im Bereich Digitalisierung fit für die Zukunft? Nach Ansicht der CDU Kreistagsfraktion besteht beim Aufbau der IT-Technologie im Landkreis Holzminden und vor allem bei der inhaltlichen Umsetzung noch erheblicher Handlungsbedarf. Wie kann den Schulen dabei geholfen werden? Das war die Kernfrage eines von der CDU Kreistagsfraktion organisierten Expertengesprächs in der Aula der OBS Holzminden.
Impulsreferate hochkarätiger Referent:innen lieferten Denkanstöße aus der Praxis. Silke Müller, Schulleiterin der OBS Waldschule Hatten, Landespreisträgerin 2017 „schule digital.niedersachsen“, Hans Knobel, kommissarischer Schulleiter der IGS Lengede diesjährige Trägerin des Deutschen Schulpreises der Kategorie "Digitale Lösungen umsetzen" und Stefan Muhle, Sonderstaatssekretärs im niedersächsischen Wirtschaftsministerium hatten zusammen eine Botschaft: „Der digitale Unterricht gehört zum zeitgemäßen Lernen und muss deshalb Normalität sein!“ Ansonsten könne der Auftrag, die Kinder auf die Herausforderungen unserer Gesellschaft vorzubereiten, nicht erfüllt werden. Dass dieses anspruchsvolle Ziel an den Schulen des Landkreises Holzminden noch nicht vollständig erreicht ist, machten Inez Schroth vom Campe Gymnasium und Andreas Hölzchen von der BBS deutlich. „Der Digital Hub kann Sie auf dem Weg dahin unterstützen“, bot Carl-Otto Künnecke seine Unterstützung an. Immerhin habe der Landkreis einen Kooperationsvertrag geschlossen, der auch gelebt werden sollte.
Bereits im Jahr 2009 hat die Waldschule Hatten den Digitalisierungsprozess begonnen. Aus diesen weitreichenden Erfahrungen leitet Silke Müller die Forderung ab, dass den Kindern IT-Kompetenzen, Verständnis für Künstliche Intelligenz (KI) und – ganz wichtig – „Digitale Ethik“ vermittelt werden muss. IT-Kompetenz gehöre mittlerweile zu den Kulturtechniken wie Lesen, Schreiben, Rechnen. KI sei der Motor für Wirtschaftswachstum. Die Kinder sollten aber wissen, welche Verantwortung immer noch der Mensch für den Prozess von Algorithmen hat und wie sehr die KI unseren Alltag schon heute beeinflusst. Viel zu spät habe man auf die Gefahren reagiert, die im Internet auf junge Menschen lauern. Deshalb sei digitale Ethik an den Schulen so entscheidend.
Für Silke Müller tragen die sozialen Netzwerke im erheblichen Maße Mitschuld an der zunehmenden Radikalisierung und Verrohung unserer Gesellschaft. Gewaltverherrlichende Bilder, denunzierende Fotos werden über Messanger-Dienste unter den Schülerinnen und Schülern verbreitet. Anstand, Respekt und Toleranz müssen auch beim Umgang mit digitalen Medien selbstverständlich sein. Dass Werte und Normen in der digitalen Welt genauso wichtig seien wie in der realen Welt, müsse den Kindern immer wieder deutlich gemacht werden. Prävention und individuelle Beratung seien entscheidend. Social-Media-Sprechstunde für Eltern und Schüler:innen werden an der Waldschule Hatten regelmäßig genutzt. „Wenn die Kinder Fake-News nicht erkennen können oder unreflektiert Hatespeech-Botschaften erhalten, gerät unsere Demokratie in Gefahr“, warnt die engagierte Schulleiterin. Während die OBS-Hatten auf ein einheitliches Computersystem für Lernende und Lehrende setzt, geht die IGS Lengede ganz bewusst einen anderen Weg. Für Hans Knobel bedeutet eine freie Auswahl des Herstellers die Entscheidungskompetenz in der digitalen Welt zu stärken. Zudem müssten die Schülerinnen und Schüler auf das Arbeiten mit verschiedenen Betriebssystemen vorbereitet werden. Voraussetzung für das digitale Lernen sei neben einer leistungsfähigen IT-Infrastruktur ein umfassender digitaler Werkzeugkasten, auf den Lernende und Lehrende jederzeit Zugang zu allen Anwendungen haben. Dafür müsse ein zentrales Benutzermanagement aufgebaut werden. Ohne externe Hilfestellung von darauf spezialisierten Firmen könne dieses nicht geleistet werden.
Das kostet Geld, das laut Staatsekretär Muhle grundsätzlich durch die Mittel des Digital-Paktes zur Verfügung steht. Die Verknüpfung mit komplizierten Vorgaben wie die Erstellung eines umfangreichen Medienkonzeptes für den gesamten Landkreis verhindere eine schnelle Umsetzung. Bund und Land sollten sich vielmehr auf die Formulierung von Zielen konzentrieren und die Mittel unbürokratisch an die Schulträger weiterleiten. Nur so könne der Investitionsstau aufgelöst werden.
Die anschließende Podiumsdiskussion wurde von den CDU Fraktionsmitgliedern Sabine Echzell und Tanya Warnecke moderiert. Carl-Otto Künnecke machte dabei auf den IT-Fachkräftemangel aufmerksam. Das Curriculum an den Schulen sei nicht mehr zeitgemäß. Schroth und Hölzchen wünschten sich eine noch stärkere Unterstützung des Landkreises. Selbstverständlich seien die Schulen verantwortlich. Aber durch eine bessere Koordinierung des Schulträgers würde vieles einfacher.
Aus dieser spannenden Veranstaltung zieht der Vorsitzende der CDU Kreistagsfraktion Uwe Schünemann folgendes Fazit: „Die schnelle Umsetzung der Schulstrukturreform ist auch für das digitale Lernen alternativlos. Ohne ausreichend p
ersonelle Ressourcen kann dieser Prozess nicht gelingen. Der Aufbau der IT-Infrastruktur muss umgehend abgeschlossen werden. Für jede weiterführende Schule muss - bestenfalls in Kooperation mit den Grundschulen - eine IT- Fachkraft zur Verfügung stehen. Der Landkreis muss unverzüglich eine ständige Schulleiterkonferenz zur Umsetzung der Digitalität einberufen, in der konkrete Unterstützungsmaßnahmen festgelegt und die Einbeziehung des hiesigen Digital Hub in den Prozess geprüft werden. Zudem ist der Erfahrungsaustausch beim Thema „Digitale Ethik“ hilfreich“ All diese Forderungen wird die CDU Kreistagsfraktion in den Kreistag einbringen.
Foto: CDU Holzminden