Landkreis Holzminden (lbr). Die Mitglieder des Schulausschusses kamen am gestrigen Montagnachmittag zur ersten Sitzung im neuen Jahr zusammen und diskutierten rund fünf Stunden über die Themen der Tagesordnung. Wieder einmal war das dominierende Thema die Entwicklung der Schullandschaft im Kreis. Drei verschiedene Anträgen standen zur Diskussion. Der Vorschlag der Mehrheitsgruppe aus SPD, FDP und Grüne, der bereits im jüngsten Kreistag skizziert wurde sowie ein Änderungsantrag der Gruppe CDU-UWG und ein Änderungsantrag der Verwaltung. Hitzig und ausgiebig wurde das Thema erneut ausgerollt und diskutiert, doch eine Empfehlung an den Kreistag wollten die Ausschussmitglieder an diesem Tag nicht aussprechen. Die Vorlage der Verwaltung sei erst am Freitag ins Informationssystem eingestellt worden und konnte daher nicht in den Fraktionen diskutiert werden. Auf Antrag von Sabine Echzell (CDU) sprach man sich gegen eine Empfehlung für einen der Anträge aus und wolle gemeinsam mit allen Fraktionen und den bildungspolitischen Sprechern vor dem nächsten Kreistag über die Anträge sprechen.
Vorab wurden die unterschiedlichen Pläne zur Schulentwicklung von den Antragstellern vorgestellt.
Der Beschlussvorschlag der Ampel-Koalition sieht vor, dass die Verwaltung beauftragt wird, im ersten Quartal des Jahres 2022 einen Zeit-, Finanzierungs- und Maßnahmenplan zur Weiterentwicklung der Schullandschaft vorzulegen. Dabei gibt die Mehrheitsgruppe folgenden Maßnahmen vor:
„1. Der beschlossene Neubau der OBS Delligsen im Schulverbund Delligsen-Duingen wird wie geplant weitergeführt.
2. Für den Neubau der Förderschule für geistige Entwicklung wird die Verwaltung beauftragt, in der Stadt Holzminden zeitnah geeignete Standorte vorzuschlagen und die Finanzierung zu klären. Die Standortentscheidung wird im ersten Quartal 2022 getroffen.
3. In Bodenwerder wird gemäß vom Kreistag geforderten Schuluntersuchungen ein Rückbau geprüft, um das Raumangebot an die Schülerzahlen bedarfsgerecht anzupassen und die laufenden Kosten entsprechend zu senken. Die weiter benötigten Räume für die Oberschule sollen energetisch und baulich saniert werden.
4. Die OBS Bevern und die OBS Holzminden werden zu einer neuen gemeinsamen Oberschule mit bestmöglichem integrativem Schulkonzept zusammengeführt. Der Standort Bevern wird dann Außenstelle der neuen OBS Holzminden/Bevern.
5. Am Standort Eschershausen wird eine integrative mindestens vierzügige Nordschule errichtet. Dabei soll das vorhandene Schulgebäude und Sportanlagen bestmöglich einbezogen werden. Die bauliche Ausstattung soll so erfolgen, dass die vierzügige Sekundarschule, jederzeit in eine IGS umgewandelt werden kann.“
Zum Standort Stadtoldendorf heißt es: „Der Landrat wird aufgefordert, mit der Stadt Stadtoldendorf Gespräche für eine stärkere Unterstützung des Standortes insbesondere in den Bereichen Gesundheitszentrum, Wohnen, Wirtschaft, Jugend, Soziales und Mobilität sowie für die Sanierung der Kreissporthalle aufzunehmen, um Stadtoldendorf fit für die Zukunft zu machen. Über die Vorschläge aus Stadtoldendorf soll umgehend in den entsprechenden Gremien des Kreistages beraten werden und entsprechende Haushaltsmittel eingestellt werden.“
Die CDU-UWG-Gruppe präsentierte mit ihrem Änderungsantrag ein abweichendes Konzept zum Vorschlag der Ampel. Mithilfe einer Powerpoint-Präsentation wurde der umfangreiche Vorschlag vorgestellt. Die Hauptpunkte sind, eine IGS am jetzigen Standort der OBS Holzminden zu errichten, eine neue OBS in Stadtoldendorf für Holzminden, Bevern und Stadtoldendorf zu bauen, die Förderschule Geistige Entwicklung nach Bevern zu verlegen und mit dem Bestehen der OBS Bodenwerder gleichzeitig eine Außenstelle in Eschershausen zu errichten. Bereits im Sommer 2024 könne die Umsetzung der Schulstrukturreform an allen Standorten erfolgt sein. Bei der baulichen Umsetzung setzt die CDU-UWG-Gruppe auf den Baustoff Holz. Diese Modulbauweise sei nachhaltig und sorge für ein gutes Lernklima. Auf dieser Basis sei mit Gesamtausgaben für die Umsetzung des Gesamtkonzeptes von rund 45 Millionen Euro zu rechnen. Es ist der einzige Antrag, der zu diesem Zeitpunkt eine grobe Kostenschätzung vorweist.
Auch die Verwaltung brachte einen Änderungsantrag zum Beschlussvorschlag der Ampel-Koalition. Es ist im Grunde die erste Idee des Landrates, die vor rund eineinhalb Jahren die Diskussion zur Schulentwicklung auslöste. Die Verwaltung will den Bau einer neuen Förderschule priorisieren und steht bereits in Gesprächen mit der Stadt Holzminden, die eine Innenstadtnahe Grundschule auf dem ehemaligen Campe-I Gelände errichten möchte. Dort kann sich der Landkreis auch den neuen Standort für die Förderschule sehr gut vorstellen. Hier sollen weitere Verhandlungen geführt werden. Die OBS Bevern und die OBS Holzminden sollen zusammengeführt werden und in Bevern soll eine Außenstelle entstehen. Für die Errichtung einer OBS oder IGS im Nordkreis sollen Standortalternativen geprüft werden. Die Schulstandorte Stadtoldendorf, Eschershausen, Bodenwerder und gegebenenfalls Delligsen sollen aufgelöst werden. „Mit den Städten und Samtgemeinden sind Verhandlungen über eine Nachnutzung zu führen. Gegebenenfalls ist ein Rückbau vorzubereiten“, heißt es in der Vorlage der Verwaltung.
Nach Vorstellung der verschiedenen Anträge wurde die Diskussion eröffnet. Kreisbaurat Ralf Buberti bezeichnete sowohl den Vorschlag der Ampel-Koalition, als auch den Änderungsantrag der CDU-UWG-Gruppe als das Bauen von Luftschlössern. In den Plänen der beiden Gruppen seien weder die Wirtschaftlichkeit, noch die zukünftigen Schülerzahlen berücksichtigt, da man fast alle Standorte erhalten wolle. Buberti schlug zudem vor, schrittweise zu handeln. „Wir sind uns alle einig, dass die Förderschule an der ersten Stelle stehen soll“, erklärte er. Für die Förderschule solle zuerst und gemeinsam gehandelt werden und für die restliche Entwicklung der Schulstruktur solle eine Arbeitsgruppe gebildet werden, um nichts zu überstürzen sowie ein gemeinsames Konzept zu entwickeln. Sabine Echzell sprach sich ebenfalls für eine Arbeitsgruppe aus, hinterfragte jedoch den angedachten Standort für die Förderschule. „Wie ist die zeitliche Perspektive für die Förderschule?“, fragte Echzell. An eine schnelle Lösung glaube sie nicht, da am von der Verwaltung favorisierten Ort noch das Zollamt und die Räumlichkeiten des Campe-Gymnasiums stehen. Peter Ruhwedel (Grüne) betonte, dass die Priorität der Ampel ebenfalls auf der Förderschule liegt und dass ihre Pläne ressourcenschonend seien. So wolle man Bevern und Eschershausen erhalten, da diese Schulgebäude noch am besten dastehen würden und man Eschershausen mit einem Anbau erweitern könne. Zu den Standorten Delligsen und Bodenwerder sagte Ruhwedel: „Unser Landkreis ist bedroht, wenn wir keine Schulen in Bodenwerder und Delligsen vorhalten.“ Elternvertreterin Sonja Bergmann-Gross sprach sich ebenfalls für den Vorschlag einer Arbeitsgruppe aus. Sie schlug vor, den Bildungsgipfel wiederzubeleben. Zudem lobte Bergmann-Gross die Verwaltung für ihren Vorschlag: „Wir waren sehr froh, ihren Vorschlag zu lesen. Das könnte jetzt endlich ein Befreiungsschlag für den Landkreis sein.“ Auch Helmut Affelt meldete sich zu Wort und wies auf die erneute Verunsicherung der Schüler und Eltern hin.
Mit elf Ja-Stimmen zu fünf Nein-Stimmen und einer Enthaltung beschloss die Mehrheit des Ausschusses keine Empfehlung an den Kreistag auszusprechen.