Holzminden (red). „Ich habe heute auf unserem Balkon einen Kolibri gesichtet. Er flatterte mit blitzschnellem Flügelschlag vor einer Blüte, saugte im Flugstillstand und zisch – war er wieder weg. Kann das sein?“. Solche Anfragen häufen sich beim NABU seit einigen Jahren, auch im Landkreis Holzminden. Doch amerikanische Kolibris wird man bei uns vergebens suchen. Es ist ein Schmetterling, genannt Taubenschwänzchen, der da kolibrigleich von Blüte zu Blüte schwirrt.
Taubenschwänzchen sind Wanderfalter, die immer wieder aus dem Mittelmeerraum zu uns kommen und in zunehmender Zahl auch bei uns überwintern. Selbst auf Alpengletschern wie dem oberösterreichischen Dachsteingletscher wurden schon Tiere nach Norden fliegend beobachtet, in der Schweiz in Höhen bis 2500 Meter.
„Eigentlich ist das Taubenschwänzchen ein nachtaktiver Schmetterling“, erklärt Tanja Frischgesell vom NABU Holzminden. „Aber auch tagsüber kann man beobachten, wie es bevorzugt Blüten mit tiefen Kelchen anfliegt, um dort seinen gut drei Zentimeter langen Saugrüssel optimal zu nutzen.“ Gerne kommen die Falter in Gärten, wo sie an Geranien, Lichtnelken, Phlox und Sommerflieder Nektar tanken. Selbst bei Regen sind sie im Gegensatz zu vielen anderen Insekten aktiv. An besonders heißen Tagen meiden Taubenschwänzchen die Mittagszeit und fliegen vor allem morgens und in den Abendstunden bis in die Nacht hinein.
Der Wanderfalter erscheint tatsächlich wie ein Kolibri, weil er sehr schnell und wendig fliegt. Vor jeder Blüte bleibt er kurz im leicht brummenden Schwirrflug stehen und wechselt dann zur nächsten Blüte. „So kann das Taubenschwänzchen in fünf Minuten mehr als hundert Blüten besuchen“, weiß Christine Koziol, Leiterin der NABU-Regionalgeschäftsstelle Weserbergland zu berichten. Jeder zu lange Stopp führt zu einem Auskühlen der Flugmuskulatur. Zudem bietet der Schwirrflug einen überlebenswichtigen Vorteil: Da immer eine ausreichende Distanz zwischen Insekt und Blüte bleibt, ist der Schmetterling gut vor getarnten Fressfeinden wie der Krabbenspinne geschützt.
Insekten wie das Taubenschwänzchen spielen eine wichtige Rolle in der Natur: als Bestäuber für viele Pflanzen oder als Nahrung für Tiere wie Fledermäuse oder Vögel. Es sind schöne und faszinierende Geschöpfe, die es zu entdecken lohnt, und die dem Garten eine lebendige Vielfalt schenken.
Insektensommer
Noch bis zum 13. August findet der NABU-Insektensommer statt. Eine Stunde werden die Insekten im eigenen Garten, im Wald, im Park oder am Badesee gezählt. Vielleicht lässt sich dort auch ein Taubenschwänzchen entdecken?
Weitere Informationen und Materialien zu der Aktion finden Sie unter www.insektensommer.de und im UmWeltladen Holzminden, Oberbachstraße 47.
Foto: NABU/Reinhard Paulin