Holzminden (red). „Auf einer Party lernte ich Pit kennen. Wir haben uns gut verstanden und tranken noch gemeinsam ein paar Gläser. Nach der Party ging ich noch mit zu ihm. Das war zwar unvernünftig, aber er war doch so sympathisch. Und dann passierte dort etwas, was ich absolut nicht wollte.“ Das Fallbeispiel ist zwar ausgedacht, aber leider sehr realitätsnah und gar nicht so selten. Für Fachkräfte aus der Kinder- und Jugendhilfe gehören solche Schilderungen zum Alltag. Um einen professionelleren Umgang mit Fallproblematiken wie diesen zu erlernen, hat das Jugendschutznetzwerk Südniedersachsen einen kostenlosen Fachtag in Einbeck in der Multifunktionshalle zum Thema „sexualisierte Peergewalt“ organisiert. Teil dieses Netzwerks sind die Jugendschutzfachkräfte der Landkreise Göttingen, Northeim, Goslar, Holzminden und der Stadt Göttingen.
Insgesamt 115 Interessierte informierten sich über das Thema „Sexuelle Übergriffe unter Kindern und Jugendlichen“. Nach einem kurzen Grußwort der Northeimer Jugendsamtleiterin Viktoria Bertram folgte ein informativer Fachvortrag von Andrea Buskotte von der Landesstelle Jugendschutz. Hier wurde unter andern der Frage, was sexualisierte Peergewalt überhaupt sei und wer davon betroffen sei auf den Grund gegangen. Unter „sexualisierte Peergewalt“ werden sexuelle Übergriffe unter Kindern und Jugendlichen gleichen Alters verstanden. Hierbei ist anzumerken, dass auch grenzüberschreitende verbale Äußerungen hierzu zählen.
Nachdem diese Grundlagen geschaffen wurden, bekamen die Teilnehmenden die Möglichkeit, zwei Workshops zu besuchen. Maren Kolshorn von Phönix, einem Beratungs- und Fachzentrum für häusliche und sexuelle Gewalt aus Göttingen, richtete in ihrem Workshop den Fokus darauf, wie Pädagog*innen in ihrem jeweiligen Handlungsfeld auf das Thema eingehen können und wie – ganz konkret - ein gutes Gespräch mit Betroffenen gelingen kann.
Marco Roock vom Männerbüro Hannover e.V. referierte über seine Arbeit mit Tätern sexualisierter Gewalt und vermittelte Grundlagen der opferparteilichen Täterarbeit. Besonders das Thema „Haltung“ sei hier essenziell. Zudem betonte er, dass besonders Sexualstraftäter sehr empathisch wirken und daher schwer zu durchschauen seien. Über die rechtlichen Grundlagen gaben wiederum Thomas Sindram und Sabrina Jaschewski vom Präventionsteam der Polizei Northeim einen genaueren Einblick.
Übergriffe sind allerdings nicht nur im realen, sondern auch im digitalen Raum zu finden. Darüber berichtete die Eltern-Medien-Trainerin Lene Garus-Jochumsen in ihrem Workshop. Zudem erörterte sie, welche Medien zurzeit genutzt werden und wie Sexualität im digitalen Raum ausgelebt wird.
Die Organisator*innen durften sich über zahlreiches positives Feedback freuen. „Das war eine gelungene Veranstaltung für einen fachlichen Austausch auf Augenhöhe in angenehmer Atmosphäre mit vielseitigen, landkreisübergreifenden Vernetzungsmöglichkeiten“, so ein Teilnehmer der Veranstaltung.
Foto: Landkreis Holzminden/Alina Niemeyer