Höxter (TKu). Reges Interesse an der Geschichte einer mutigen Frau: Der Huxarium Gartenpark in Höxter war am vergangenen Mittwoch Schauplatz eines außergewöhnlichen und bewegenden Vortrags. Prof. Erika Rosenberg-Band, renommierte Biografin und Tochter deutscher Juden, die während des dritten Reiches vor dem Naziregime nach Argentinien geflohen waren, referierte über ihre langjährige Freundschaft zu Emilie Schindler, der Frau des berühmten Oskar Schindler. Anlässlich der Finissage der Bild-Ausstellung „Fearless Women“ des Künstlers Oliver Schäfer, die seit Mai und nur noch an diesem Wochenende im Huxarium-Gartenpark zu sehen ist, wurde der Vortrag eingeschoben. Der Vortrag von Rosenberg-Band im Stroboiden stieß auf ein reges Interesse unter den Zuhörern. Etwa 80 Interessierte waren dazu erschienen. „Mit so vielen Menschen haben wir nicht gerechnet“, erklärt Huxarium-Gartenpark-Pressesprecherin Manuela Puls. Aufgrund des großen Andrangs musste sie mit Unterstützung noch viele weitere Stühle und Bänke heranschaffen, um allen Besucherinnen und Besuchern einen Platz bieten zu können. Die Atmosphäre war von Beginn an gespannt und erwartungsvoll, während Rosenberg-Band ihre Erlebnisse mit Emilie Schindler und dessen Biografie teilte. Die Biografin wurde 1951 als Tochter deutscher Juden in Buenos Aires, Argentinien, geboren. Ihre Eltern, ein Jurist und eine Ärztin, waren 1936 vor dem Holocaust über Paraguay nach Argentinien geflohen. 1990 führte der Zufall sie zu Emilie Schindler, was ihr Leben nachhaltig veränderte. In über 70 Stunden Tonbandaufnahmen hielt sie die bewegende Geschichte von Emilie fest, aus denen schließlich die Biografien „In Schindlers Schatten“ (1997) sowie die überarbeiteten Fassungen „Ich, Emilie Schindler“ und „Ich, Oskar Schindler“ entstanden.
Rosenberg-Band berichtete den Zuhörern von ihrer ersten Begegnung mit Emilie Schindler am 22. Juni 1990, einem Datum, das sie nie vergessen werde. „Ganz zufällig kam ich zu Emilie Schindler im Jahre 1990 in Buenos Aires, Argentinien, etwa 60 Kilometer von ihrem Heimatort entfernt. Den Tag werde ich nie vergessen können. Als ich ihre Diele zum ersten Mal betrat und meine Augen ihren begegneten, verwandelte sich für immer mein Leben“, erzählte sie bewegt. Die Kraft und Ausstrahlung Emilies beeindruckten sie zutiefst und formten eine Freundschaft, die bis zu ihrem Tod im Jahr 2001 elf Jahre andauern sollte. Im Vortrag hob Rosenberg-Band insbesondere Emilies unermüdlichen Einsatz zur Rettung von Juden im Dritten Reich hervor, der jedoch nach dem Krieg kaum gewürdigt wurde – im Gegensatz zu ihrem Ehemann Oskar Schindler. Unter Aufwendung ihres gesamten Vermögens rettete das Ehepaar Schindler etwa 1200 bei ihnen angestellte jüdische Zwangsarbeiter vor der Ermordung in den Vernichtungslagern der NS-Tötungsmaschinerie, woran die mutige Emilie Schindler großen Anteil hatte.
„Trägerin einer Geschichte“, nannte sie die „empathische“ Emilie, und schilderte eindrücklich, wie diese einfache, aber starke Frau trotz aller Widrigkeiten Großes geleistet hatte. Sie sei besonders mutig gewesen, da sie für die Rettung jüdischen Lebens über Jahre lang ihr eigenes Leben auf das Spiel gesetzt hatte. Und sie habe viele Menschenleben gerettet, vor Erschießung oder Verfolgung und sie schmuggelte Menschen auch über Grenzen in ihrem eigenen Wagen. Durch ihren Vortrag hob sie die Zivilcourage, den Mut und die Tapferkeit dieser Heldin im Schatten ihres Mannes hervor und gab den Besuchern tiefe Einblicke in ihr Leben. Musikalisch umrahmt wurde dieser Vortrag durch Magdalena Adlberger aus Österreich, eine Freundin des Künstlers Oliver Schäfer. Auf ihrem Cello spielte sie klassische Musik unter anderem von Johann Sebastian Bach. Oliver Schäfer, dessen Ausstellung „Fearless Women“ noch bis zum 7. Juli im Archäologiepark zu sehen ist, zeigte sich ebenfalls beeindruckt von Rosenberg-Bands Erzählungen. Die Ausstellung, die 18 Porträts mutiger Frauen zeigt, bot laut Schäfer einen würdigen Rahmen für den Vortrag und unterstrich die Bedeutung von Mut und Widerstandskraft starker Frauen. Rosenberg-Band, die am argentinischen Auswärtigen Amt sowie an der Katholischen Universität zu Buenos Aires und dem Goethe-Institut tätig war, beschloss ihren Vortrag mit einem Appell an die Zuhörer, die Geschichten der Vergangenheit zu bewahren und weiterzugeben. Ihr Werk „Schindlers Helfer“, das 2012 auf der Frankfurter Buchmesse erschien, widmet sich den über 32 Helferinnen und Helfern, die die Schindlers zwischen 1939 und 1945 unterstützt haben.
Foto: Thomas Kube