Kreis Holzminden (r). Für die Eigentümer älterer Gebäude ist es schwer, von unabhängiger Seite Hinweise für die Sanierung und Pflege ihrer Häuser zu erhalten. Landläufig gelten Erwerb und Sanierung von Altbauten als „Fass ohne Boden“, dabei sind es oft kleine Schäden, die über lange Zeit fatale Wirkung haben. Hier setzt der LEADER-geförderte Baukulturdienst Weser-Leine an. Ein bisschen hat es gedauert, weil noch ein paar rechtliche Fragen zu klären waren. Inzwischen aber ist er auch im Landkreis Holzminden mit seinen Experten unterwegs Doch wie genau sieht so eine Beratung aus?
Lokaltermin in Stadtoldendorf am Markt 15. Das Haus von Alexander Dietz liegt im Zentrum der Stadt. Es ist gut 220 Jahre alt, auf den ersten Blick aber sieht man ihm das nicht an. Für ein ehemaliges Malerbedarfsgeschäft ist die Fassade irgendwann einmal dem Zeitgeschmack entsprechend „verschönert“ worden, im hinteren Bereich des Gebäudes ist vermutlich in den 1960er Jahren ein Anbau dazugekommen. Gemessen an heutigen ästhetischen Vorstellungen handelt es sich nicht unbedingt um eine architektonische Perle. Trotz seiner baulichen Veränderungen jedoch bleibt das Haus ortsbildprägend und ist damit auf jeden Fall erhaltenswert.
Eigentümer Dietz sieht das ähnlich. Er kommt ursprünglich aus Hannover und hat das Haus vor dreieinhalb Jahren aus Überzeugung gekauft. Er findet es toll, in einem Haus zu wohnen, in dem schon etliche Generationen vor ihm gelebt haben. Und das Leben im ländlichen Raum gefalle ihm sowieso viel besser, sagt er. Jeden Tag pendelt er deswegen mit dem Zug von Stadtoldendorf nach Hannover zur Arbeit. Sein neues Eigenheim will er zwar nicht komplett durchsanieren, aber den Bestand zu sichern, ist ihm wichtig. Dafür hat er den Baukulturdienst eingeschaltet. „Ich wollte einmal einen Überblick bekommen, wie der Stand des Hauses ist“, erklärt Dietz. Ob vielleicht irgendwo versteckte Gefahren lauerten, die man so nicht erkennen könne.
Ein Ansatz, den Manfred Röver von der Interessengemeinschaft Bauernhaus e.V. – Projektträger des Baukulturdienstes im Gebiet zwischen den Landkreisen Schaumburg und Holzminden - gut nachvollziehen kann. Dem Baukulturdienst gehe es nicht darum, möglichst viel in ein vorhandenes Gebäude zu investieren, sondern es da, wo es notwendigerweise sinnvoll sei, zu tun. „Es ist ein wichtiger Aspekt unserer Arbeit, die Leute davor zu bewahren, an der falschen Stelle etwas zu machen“, betont Röver. Und wenn er davon spricht, dass die Realitäten eben da seien und man nicht zaubern könne, meint er Eigentümer wie auch Baukulturdienst gleichermaßen.
Prüfer in Alexander Dietz Eigenheim ist Bernd Kibies. Der Kölner Baudenkmalpfleger muss sich erst einmal einen Überblick zu verschaffen, um die Konstruktion des Hauses zu verstehen. Er muss sich in einem so alten Gebäude mit seinen An- und Umbauten erst einmal orientieren. Dabei können, soweit vorhanden, Pläne helfen, die im Vorfeld zur Verfügung gestellt werden. Vor Ort fängt Kibies dann typischerweise mit der Inaugenscheinnahme des Dachstuhles an, inspiziert in der Folge die tragenden Wände und untersucht am Ende ganz genau den Keller. Im zweiten Schritt geht er durch und schaut sich alle erkennbaren Problempunkte noch einmal detailliert an, sofern das bei den vielen vorhandenen Wandverkleidungen möglich ist.
Ein wirkliches Schema, nach dem ein Prüfer vorgehen kann, gibt es bei einer solchen Untersuchung trotzdem nicht. Jedes Haus hat seine eigene Geschichte und seinen eigenen Charakter und muss dementsprechend individuell abgearbeitet werden. Mit der Folge, dass auch das Prüfergebnis vorher nicht absehbar ist. „Bei manchen Bauten bleiben nichts offen, bei manchen ganz viel“, schränkt Manfred Röver ein. Die Hauswand des Anbaus im Hof- und Gartenbereich möchte Alexander Dietz jedenfalls noch genauer untersuchen lassen. Ein Hochwasser in der Vergangenheit hat hier Beulen und Blasen aufgeworfen. Ob die wirklich gefährlich sind, muss noch einmal von einem Experten geprüft werden. In Bezug auf seinen jahrhundertealten Kriechkeller jedoch kann Bernd Kiebies erst einmal beruhigen. Der sei zwar feucht, aber weil dort kein Holz verbaut ist, könne eine Beeinträchtigung derzeit erst einmal ausgeschlossen werden. „Als Laie kann man das ja so nicht einschätzen“, freut Alexander Dietz sich.
Ein bisschen ist der Baukulturdienst der holländischen Monumentenwacht abgeschaut. Allerdings beschränkt sich das hiesige Modell nicht auf denkmalgeschützte Gebäude. „Wir kümmern uns generell um alte Gebäude, insbesondere um ortsbildprägende“, umreißt Manfred Röver das. Eben genau da ist auch der Ansatzpunkt für die Förderung durch das europäische LEADER-Programm, ergänzt Christine Bossow, die es beim Landkreis Holzminden für die Lokale Aktionsgruppe “VoglerRegion im Weserbergland“ betreut. Der Baukulturdienst als Instrument der Innenentwicklung solle dabei helfen, das Wohnen und Leben in den Orten attraktiv zu erhalten. Dank der Förderung reduziert sich der Kostenbeitrag der Hauseigentümer für die Gebäudeuntersuchungen deutlich. Er liegt derzeit bei 100 €.
Ein Fass ohne Boden muss eine Altbausanierung also keinesfalls sein. Mit solchen Vorurteilen räumt der Baukulturdienst auf. Der abschließende Inspektionsbericht gibt konkrete Maßnahmenempfehlungen, die den Eigentümer nicht überfordern und sich aufs Wesentliche fokussieren. Speziell für einen eine geplante Sanierung begleitenden Förderantrag oder auch nur für eine Wertermittlung kann das deutlich helfen.
Wer ein Gebäude besitzt, das vor 1945 erbaut wurde und Interesse an einer Untersuchung hat, wende sich bitte an Herrn Robert Große vom Baukulturdienst Weser–Leine, Am Salinenplatz 2, 31552 Apelern; Telefon: 0 57 23 – 98 73 11 0; Email:
Fotos: Peter Drews/ Landkreis Holzminden