Weserbergland (red). Die Grundidee des „Insektensommers“ ist einfach: Interessierte Laien gehen raus in die Natur, schauen, was da kreucht und fleucht, notieren, was sie erkennen. Wenn das bei Vögeln erfolgreich ist, sollte es bei Insekten ebenso funktionieren. Schließlich ist der Insektenschwund nicht nur in aller Munde, viele Menschen wollen auch mehr wissen und sie wollen aktiv werden. Beschäftigen Sie sich mit den Sechsbeinern, denn sie werden immer weniger, könnte man zugespitzt formulieren: doch trotz aller Rückgänge hat der Einsteiger in das Thema eher ein Überfluss-Problem. Die enorme Vielfalt von 33.000 heimischen Insektenarten kann auf den ersten Blick erschrecken. Im Vergleich dazu sind die rund 250 bei uns brütenden Vogelarten ein Klacks. Die Vielfalt ist so groß, dass selbst Experten bestenfalls eine Artengruppe überblicken, niemand kennt auch nur annähernd die 33.000. Von der überwiegenden Zahl der Arten weiß man so wenig, dass nicht einmal eine Gefährdungseinschätzung möglich ist. „Also gilt für den Insektensommer erst recht: Jeder so gut, wie er kann“.

Vielfalt überschaubar machen

Der NABU arbeitet beim Insektensommer eng mit naturgucker.de zusammen, die Beobachtungen fließen direkt in dessen Datenbank und sind damit für die Öffentlichkeit zugänglich. Naturgucker.de brachte wertvolle Erfahrungen in die Aktion ein. So dominieren dort zwar insgesamt Vogelbeobachtungen, doch im Sommerhalbjahr liegen die Insekten vorn. „Das Interesse bei Naturfreundinnen und Naturfreunden ist da“ berichtet Britta Raabe von der Regionalgeschäftsstelle Weserbergland. Rund 700.000 Einzelbeobachtungen von über 9000 Insektenarten kamen über die Jahre bereits zusammen – wobei mehr als die Hälfte der Sichtungen auf nur 100 Arten entfallen. „Mit relativ wenigen Arten können wir also einen Großteil der zu erwartenden Beobachtungen abdecken“, freut sich der NABU, welcher zentral in Berlin den Insektensommer organisiert. „Das ist so überschaubar, dass auch Anfänger schnell Erfolgserlebnisse haben.“ 

Der Insektensommer in Kürze

  • Bundesweite Zählaktion, jeweils zehn Tage im Frühsommer und im Hochsommer; 2020 vom 29. Mai bis 7. Juni und vom 31. Juli bis 9. August.
  • Ob Garten, Feld, Wald oder Moor: keine Beschränkung des Lebensraums.
  • Gezählt werden sollte rund eine Stunde auf einer Fläche im Durchmesser von 20 Metern, anders gesagt: zehn Meter im Umkreis um den Beobachter.
  • Teilnehmer können an beliebig vielen Orten zählen, müssen pro Beobachtungsort aber immer eine neue Meldung abgeben.
  • Es zählen Insekten aller Art, ohne jede Einschränkung – einschließlich Larven oder Puppen. Auch die Meldung „unscharfer“ Bestimmungen ist möglich, wenn die Art nicht eindeutig identifiziert wurde. Also Kohlweißling statt Großer Kohlweißling oder Blattlaus statt Schwarzer Bohnenlaus. 
  • Meldung der beobachteten Insekten ausschließlich online hier auf www.insektensommer.de und mit der NABU-Insektenapp. Keine postalische oder telefonische Teilnahme möglich.
  • Auswertung der am häufigsten gemeldeten Arten noch während der Aktion in Karte und Tabelle

Um es noch weiter zuzuspitzen, hat der NABU für beide Aktionszeiträume jeweils acht „Kernarten“ festgelegt, nach denen die Teilnehmer auf jeden Fall schauen sollten. „So erkennen wir auch, wo diese eigentlich häufigen Arten möglicherweise fehlen“, hofft Franzisi. Im Juni sind es Tagpfauenauge, Admiral, Asiatischer Marienkäfer, Hainschwebfliege, Steinhummel, Lederwanze, Blutzikade und Gemeine Florfliege, im August sind es Schwalbenschwanz, Kleiner Fuchs, Ackerhummel, Blaue Holzbiene, Siebenpunkt-Marienkäfer, Streifenwanze, Blaugrüne Mosaiklibelle und Grünes Heupferd. In der Regel sind die „erwachsenen“ Insekten einfacher zu erkennen. Aber egal ob Raupe, Engerling oder Larve: Wer diese findet und zuordnen kann, darf die Tiere auch in ihrer jeweiligen Entwicklungsphase melden.

Mit Fernglas und Lupe

Um Insekten zu bestimmen, ja sie erst einmal zu sehen, muss man meist nah ran. Eine Lupe oder einen Fotoapparat mit Naheinstellung sollte man bei der Insektenpirsch daher möglichst dabeihaben. Bei größeren, beweglichen Arten wie Schmetterlingen ist auch ein Fernglas nützlich.

Es geht beim Insektensommer um die Zählung in einem überschaubaren Gebiet, eine sogenannte Punktzählung. Der Beobachtungsraum sollte maximal zehn Meter im Umkreis (= 20 Meter Durchmesser) umfassen. Dadurch wird sichergestellt, dass auf vergleichbar großen Flächen die Insekten beobachtet werden. Für Vögel wäre das wenig Raum, Insekten lassen sich dort viele entdecken. Ebenfalls der Vergleichbarkeit wegen sollte die Beobachtung je Ort nicht länger als eine Stunde dauern.

Beobachten ja, stören nein

Die gute Absicht der Insektenzählung hat da ihre Grenzen, wo sie die Tiere stört oder den Lebensraum beeinträchtigt. Von Insekten ist nicht bekannt, dass sie seelische Schäden davontragen, wenn man ihnen nahe rückt. Zu körperlichen Schäden kann es bei den zarten Wesen aber leicht kommen, leicht sind von den sechs Beinen nur noch fünf oder vier übrig. Ungeübte Insektenfreunde sollten daher sehr vorsichtig zu Werk gehen, auch wenn sich ein vorübergehend gefangener Grashüpfer mit der Becherlupe wunderbar von allen Seiten begutachten lässt. 

  • Insektenbestimmung per App: Zur Aktion erscheint die NABU-App „Insektenwelt“, die 122 häufige und wichtige Arten vorstellt. Natürlich kann man über die App am Insektensommer teilnehmen. Der Clou ist aber die automatisierte Insektenbestimmung. Eine Mustererkennungs-Software vergleicht vom Nutzer aufgenommene Handybilder und erkennt die Art – wenn es eine von den 122 häufigen ist. Das gab es bisher nur für Tagfalter, für Insekten allgemein ist die Bilderkennung eine absolute Neuheit. 

  • In Zeiten des Internets: Als die „Stunde der Gartenvögel“ vor 15 Jahren begann, gingen die Meldungen noch zum Großteil in Papierform ein. Inzwischen nutzen über 90 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer das Onlineformular. Wir machen daher einen Schnitt und bieten beim Insektensommer ausschließlich die Onlinemeldung an. Die Ergebnisse sind so schneller verfügbar und der NABU spart einen Großteil der Kosten ein. Wer selbst keinen Internetzugang hat, wird sicher in der Familie oder im Bekanntenkreis jemanden finden, der ihm behilflich ist.

Das ist neu 2020: Erforschen Sie Marienkäfer mit unserer Entdeckungsfrage

Erforschen Sie Marienkäfer mit unsere Entdeckungsfrage. Auch die 78.000 Menschen starke Community von naturgucker.de unterstützt uns weiterhin bei der Foto-Artenbestimmung und mit Tipps zu den gemachten Beobachtungen. Eine Kurzliste der häufigsten Arten hilft bei der Online-Meldung. 

Entdecken Sie das Summen und Brummen in Ihrer Umgebung und werden Sie so Teil unserer bundesweiten Meldeaktion für Insekten. Der Insektensommer 2020 findet vom 29. Mai bis 7. Juni und vom 31. Juli bis 9. August statt. Nach der Premiere 2018 geht der NABU-Insektensommer nun ins dritte Jahr. Zuvor haben wir uns angeschaut, was in den letzten Jahren gut lief und was weniger gut. Und natürlich wurden Fragen, Anregungen und Kritik ausgewertet. 

Im Kern bleibt der Insektensommer unverändert, im Detail gibt es aber Verbesserungen. Ein wichtiger Punkt: Viele Naturfreund*innen fühlten sich von der Vielfalt der Insekten überfordert und abgeschreckt. Das bekundete Interesse an der Aktion war deutlich größer als am Ende die Teilnahmezahlen. 33.000 heimische Insektenarten sind tatsächlich eine beeindruckende Hausnummer. Die Aktion nun nachträglich einschränken wollen wir aber nicht. Es soll unverändert alles gezählt und gemeldet werden können, was sechs Beine hat. Um die enorme Vielfalt übersichtlicher zu machen, konzentriert sich das Standard-Meldeformular jetzt aber auf 450 häufige und gut bestimmbare Arten. Die Erfahrungen beim Insektensommer und bei unserem Partner naturgucker.de zeigen, dass damit der allergrößte Teil der wahrscheinlichen Beobachtungen abgedeckt ist. Dabei sind wie bisher auch „unscharfe“ Bestimmungen wie „Käfer“, „Ameise“ oder „Wildbiene“ möglich.

Eine weitere Erneuerung 2020 ist unsere Entdeckungsfrage. Seit ungefähr 20 Jahren lebt der Asiatische Marienkäfer schon in Deutschland. Mit Ihrer Hilfe wollen herausfinden, wie weit sich die invasive Art verbreitet hat und ob der Asiatische Marienkäfer oder der Siebenpunkt-Marienkäfer häufiger zu finden ist. Sie können gerne ausschließlich an unserer Entdeckungsfrage teilnehmen, andere Insekten weiter unten im Formular melden oder Sie machen beides zusammen.

Die Neuerungen in Kürze

  • Das Standard-Insektenliste im Meldeformular ist übersichtlicher geworden, die Komplett-Artenliste steht bei Bedarf aber weiter zur Verfügung.
  • Im Formular können Bilder hochgeladen werden, als Belegfotos oder als Bestimmungsanfrage an die naturgucker-Community (für Letzteres im Formular beim jeweiligen Bild „Bestimmungshilfe erwünscht“ ankreuzen).
  • Für die Komplett-Artenliste und für den Bilderupload ist eine kostenlose und unkomplizierte Registrierung bei naturgucker.de nötig. Der Meldevorgang wird dabei nicht unterbrochen.
  • Mit der Registrierung ist zudem eine wechselseitige Kommunikation über Beobachtungen innerhalb der naturgucker-Community möglich.
  • Die Teilnahme mit der Standard-Insektenliste und ohne Bilderupload ist weiterhin registrierungsfrei
  • Teilnehmer*innen können nun auch an unserer Entdeckungsfrage teilnehmen, die sich 2020 ganz um Marienkäfer dreht.

Wichtig: Wer sich mehr zutraut oder eine gesehene und sicher bestimmte Art in der Kurzliste nicht findet, erhält auf Knopfdruck die bisherige Liste mit allen heimischen Arten samt wissenschaftlichen Namen. Ein zweiter Punkt: Trotz des immer wieder geäußerten Bedarfs wurde das Angebot einer Bestimmungshilfe anhand von Fotos der beobachteten Arten nur wenig genutzt. Offensichtlich war der Weg zu kompliziert. Diese Möglichkeit ist deshalb nun in das Online-Meldeformular integriert. Wie bei der Komplett-Artenliste muss zur Aktivierung der Hochladefunktion ein Häkchen gesetzt werden. Beide Funktionen sind mit einer Registrierung bei naturgucker.de verbunden.

Die weder mit Kosten noch mit weiteren Verpflichtungen verbundene Registrierung passiert im Hintergrund, so dass der Meldevorgang nicht unterbrochen wird. Die Fotobestimmung übernimmt nicht das winzige Häufchen des Insektensommerteams, sondern die 78.000 Menschen starke Community von naturgucker.de. Die Insektensommer-Meldungen stehen einerseits für sich und werden im Rahmen der Aktion ausgewertet. Gleichzeitig fließen sie in den Datenbestand von naturgucker.de ein, der inzwischen elf Millionen Einzelbeobachtungen und mehr als 1,8 Millionen Bilder aus der gesamten Tier- und Pflanzenwelt enthält. 

„Meldungen können sie auch telefonisch in der Regionalgeschäftsstelle Weserbergland unter 05724-4118 durchgeben“ sagt Raabe und verspricht „wir helfen ihnen, ihre Sichtungen ins online-Formular einzutragen “.

Foto: NABU