Holzminden (red). Auch 70 Jahre nach der Aufnahme der Gleichberechtigung von Männern und Frauen in das Grundgesetz beträgt die Lohnlücke zwischen den Geschlechtern immer noch 20 Prozent. Kristin Escher und Christopher Jäger, Fakultätsgleichstellungsbeauftragte der HAWK am Standort Holzminden, boten aus diesem Grund die Online-Veranstaltung „Gender-Pay-Gap – gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ an.
„Wir konnten mit Ulla Hendrix und Uta Zech zwei ausgewiesene Expertinnen zum Thema Gender-Pay-Gap und unsere HAWK-Gleichstellungsbeauftragte Nicola Hille für die Veranstaltung gewinnen“, freute sich das Team. Ulla Hendrix, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Koordinations- und Forschungsstelle des Netzwerkes Frauen- und Geschlechterforschung der Universität Duisburg-Essen, fand klare Worte: „Die Zahlen sind ernüchternd – Deutschland liegt mit 20 Prozent Gender-Pay-Gap auf dem vorletzten Platz in Europa“.
Die Gründe für den unrühmlichen vorletzten Platz Deutschlands sind vielfältig, so die Expertinnen Frauen wählen überwiegend Branchen, die im Mittel schlechter entlohnen als die von den Männern bevorzugten Berufsfelder. Sind Frauen in männerdominierten Branchen tätig, fehlt es dort oft an der Gleichbehandlung der Geschlechter, nicht zuletzt bei der Höhe des Einstiegsgehaltes. Beim Einstiegsgehalt liegt das Gender-Pay-Gap bereits bei 19 Prozent. Im Laufe des Berufslebens kommen noch weitere Faktoren, wie z. B. Gehaltsverhandlungen und etwaige Karriereknicke im Zuge von Familiengründungen hinzu, die zur Verstetigung bzw. leichten Erhöhung des Gender-Pay-Gaps beitragen. Das hat auch zur Konsequenz, dass die Rente bei Frauen geringer ausfällt, als dies bei Männern der Fall ist.
Uta Zech, Präsidentin vom Verband Business and Professional Women Germany (BPW), zeigte Möglichkeiten auf, wie der Unterschied reduziert werden könnte: „Gender-Pay-Gap ist kein Frauenthema, sondern eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe“, stellte Uta Zech klar. Wichtig ist neben der Stärkung der Frauenquote in MINT-Fächern auch, dass insbesondere soziale Berufe besser entlohnt würden. Denkbar wären hier Punktesysteme, nach welchen Berufe nach bestimmten Kriterien klassifiziert würden und folglich für Berufsfelder mit gleicher Bepunktung auch eine gleiche Entlohnung entrichten werden müsste. So würden beispielsweise soziale Berufe mit einem grundsätzlich höheren Frauenanteil besser entlohnt werden und damit auch attraktiver für Männer werden, die weitaus häufiger ihre Berufswahl nach dem möglichen Verdienst ausrichten. Zudem plädiert Ute Zech - nach dem Versuch der Freiwilligkeit - für eine gesetzlich fixierte Frauenquote möglichst in zahlreichen Lebensbereichen.
„Es ist immer noch viel zu tun, um eine Gleichstellung zu erreichen. In Familien, Kitas sowie in den Schulen werden Rollenverständnisse geprägt, die später äußerst schwer zu revidieren sind“, war sich das Team der Gleichstellungsbeauftragten nach einer ausgiebigen Diskussionsrunde einig.
„Eine divers ausgerichtete Erziehung ist die Basis für eine über Generationen hinweg initiierte Veränderung gesellschaftlicher Prägungen. Die Tendenz geht zwar in die richtige Richtung, aber jeder Prozentpunkt Unterschied ist ein Prozentpunkt zu viel“, schloss das engagierte Team die Veranstaltung mit seinem Fazit und lobte ausdrücklich die Game Changing Kampagne des BPW, die über Vorbilder diese gesellschaftliche Veränderung in den Fokus stellt. Aufgrund der guten Nachfrage bei der Online-Veranstaltung kündigte das Team „Gleichstellung“ eine Weiterführung der Veranstaltungsreihe „Geschlecht und Recht“ an.
Foto: HAWK