Landkreis Holzminden (red). Der Märzenbecher blüht im Wald bei Forst, die Medien hatten über das durchaus sehenswerte Ereignis schon Anfang März. Der Hinweis auf das besondere Naturschauspiel hatte leider jedoch ein böses Nachspiel: Schon ein paar Tage später musste festgestellt werden, dass ein erheblicher Teil der Pflanzen ausgegraben und gestohlen wurde. Der Frevel an schützenswerten Arten ist auch im Landkreis Holzminden leider kein Einzelfall. In den letzten Jahren ist es wiederholt zu ähnlichen Pflanzendiebstählen gekommen, vor allem bei seltenen Pflanzenarten wie Orchideen, aber auch häufiger anzutreffenden Arten wie Schlüsselblumen. Die Diebstähle sind nicht nur ein Ärgernis für andere Naturbegeisterte, die sich ebenfalls an den Blumen erfreuen möchten, es handelt sich dabei um Ordnungswidrigkeiten oder gar Straftaten.
Im Fall des Märzenbecherdiebstahls bei Forst handelt es sich um ein Delikt, dass besonders schwer wiegt, weil es in einem Naturschutzgebiet, das eigens für den Schutz der wild lebenden Tier- und Pflanzenarten und ihrer Lebensstätten ausgewiesen wurde, begangen wurde. Dass die Entnahme wildlebender Pflanzen und Tiere in einem solchen Gebiet laut Verordnung ausdrücklich verboten ist, müsste eigentlich für Jeden selbstverständlich sein.
Die Gesetzeslage
Bei der Entnahme von Pflanzen sind die Regelungen des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) maßgeblich. Dort ist in Paragraph 39 geregelt, dass jeder wild lebende Blumen, Farne, Pilze etc. in geringen Mengen für den persönlichen Bedarf pfleglich entnehmen darf. Aber Achtung: Das gilt nur für Flächen, die keinem Betretungsverbot unterliegen! Da in Naturschutzgebieten in der Regel nur das Betreten der öffentlichen und ausgewiesenen Wege erlaubt ist, dürfen hier auch keine Blumen gepflückt oder Pflanzen entnommen werden, selbst wenn dies nicht extra in der Verordnung steht. Das gewerbsmäßige Entnehmen, Be- oder Verarbeiten von wildlebenden Pflanzen ist übrigens generell nur mit Genehmigung der Unteren Naturschutz erlaubt.
Der entsprechende Paragraph im Bundesnaturschutzgesetz ist allerdings nur für all jene Arten maßgeblich, die keinem besonderen Schutzstatus unterliegen. Für die besonders geschützten Tier- und Pflanzenarten gilt ein anderer Paragraph. Nach dem Paragraph 44 des Bundesnaturschutzgesetzes ist es weder erlaubt, solche Pflanzen oder deren Entwicklungsformen zu entnehmen, noch die Pflanzen oder deren Standorte zu beschädigen. Überhaupt ist schon der Besitz, die Be- oder Verarbeitung oder die Vermarktung von solchen Arten verboten. Dazu zählen Märzenbecher, Schlüsselblumen und Orchideen, aber auch Arnica, Enzian, Leberblümchen, Seidelbast und viele mehr. Entscheidend ist dabei lediglich der Schutzstatus, nicht wie viele Pflanzen am jeweiligen Standort vorkommen.
Wer gegen diese Verbote der jeweils geltenden Schutzgebietsverordnung verstößt, muss mit empfindlichen Geldstrafen rechnen. Mit bis zu 50.000 Euro Bußgeld können solche Ordnungswidrigkeiten geahndet werden, wenn es um streng geschützte Arten wie etwa den Frauenschuh geht, kann sogar eine Straftat vorliegen, die eine Freiheitsstrafe nach sich zieht. Bevor man eine Blume pflückt oder eine Pflanze entnimmt, sollte man sich also sicher sein, dass das auch erlaubt ist. Ob eine bestimmte Tier- oder Pflanzenart einem besonderen Schutzstatus unterliegt, kann über die Recherchefunktion von www.wisia.de ermittelt werden. Im Zweifelsfall ist es jedoch allemal klüger, die Pflanzen stehenzulassen. Damit bleiben sie der Natur weiterhin erhalten und es können sich auch andere Spaziergänger daran erfreuen.
Eine Ahndung von Pflanzendiebstählen gestaltet sich leider oft sehr schwierig, da diese meist erst bemerkt werden, wenn der Dieb bereits verschwunden ist. Daher hofft die Untere Naturschutzbehörde auf Unterstützung aus der Bevölkerung. Sollten Sie einen Pflanzendiebstahl beobachten oder konkrete Hinweise dazu haben, melden Sie dies bitte der Polizei.
Viele Pflanzenarten kann man auch für kleines Geld im Gartencenter bekommen. Insbesondere bei Pflanzen, die so häufig in Hausgärten vorkommen wie der Märzenbecher, lässt sich sicherlich auch ein Nachbar finden, der bereit ist, ein paar Pflanzen aus seinem Garten zu verschenken oder gegen andere Blumenzwiebeln zu tauschen. Eine Notwendigkeit, Märzenbecher in einem Naturschutzgebiet zu stehlen, ist damit wirklich nicht gegeben.
Foto: Stefanie Beyer/Landkresi Holzminden