Fürstenberg (TKu). Die Samtgemeinde Boffzen würde sich sehr über einen Investor freuen, der bestenfalls auch noch gleich ein Konzept mitbringt, um die „Alte Mühle“ in Fürstenberg wieder zu neuem Leben zu erwecken. In direkter Nachbarschaft befindet sich die alte Brennerei, die ebenso wie die „Alte Mühle“ in den vergangenen Jahrzehnten zu einem „Lost Place“ geworden ist. Gar wachküssen müsste der Investor oder die Investorin das Gebäudeensemble, denn die Alte Mühle nebst alter Brennerei ist für Fürstenberg und die Samtgemeinde ein historisch sehr wichtiges Gebäude im Herzen der Ortschaft. Beide Gebäude sind denkmalgeschützt. 1744 wurde mit dem Bau des Hauses begonnen, das als Windmühle nach einer Entwurfskizze von Johann Bessler geplant war. Die Mühle sollte mit einem horizontal drehenden Flügelrad die in Fürstenberg häufig herrschenden Aufwinde nutzen. Ihr Bau erfolgte im Auftrag des Braunschweiger Hofrates, da es im Amt Fürstenberg aufgrund von Wassermangel keine Mühle gab, die das gesamte Jahr über kontinuierlich mahlen konnte. Nachdem Bessler 1745 in Fürstenberg verstorben war, blieb das Bauwerk als Windmühle unvollendet. Einigen Quellen zufolge soll Johann Bessler durch einen Fenstersturz aus dem Windmühlenneubau zu Tode gekommen sein. 1747 wurde das Gebäude zu einem Laboratorium der experimentellen Porzellanmanufaktur umfunktioniert, noch bevor die Porzellanherstellung industriell im Schloss Fürstenberg begonnen hatte.
Die ehemalige Mühle liegt auf einem Nachbargrundstück des Alten Brennhauses rund 500 Meter entfernt vom Schloss Fürstenberg. Im Inneren des Bauwerkes entstand ein Laboratorium mit Trocken- und Brennöfen für die Porzellanmanufaktur. Die Nutzung als Laboratorium hielt bis etwa 1755 an. Im Gebäude erhielt der technische Leiter der Porzellanfertigung, Johann Christoph Glaser, seine Wohnung. Noch bis in die 1980er Jahre diente die Alte Mühle als Werkwohnung für die Beschäftigten der Porzellanmanufaktur. Im Jahr 2006 erwarb die Gemeinde Fürstenberg die Alte Mühle, die auf einem Erbpachtgrundstück der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz steht, für eine touristische Erschließung. Diese hat aber nie stattgefunden. Seit dem steht das Gebäude leer. Ein Käufer wird seit 2014 gesucht. Im gleichen Jahr stufte der Niedersächsische Heimatbund die Alte Mühle in seiner Roten Mappe als gefährdet ein, mit der Bitte an die Niedersächsische Landesregierung, das Bauwerk als wichtiges Technikdenkmal zu erhalten. Der schlechte Zustand des Gebäudes wurde seinerzeit mit erheblichem Instandsetzungsstau begründet. In seiner Roten Mappe von 2021 sah der Niedersächsische Heimatbund das Gebäude weiterhin als gefährdet an und forderte von der Landesregierung eine wissenschaftliche Bauforschung zu initiieren und ein tragfähiges Entwicklungs- und Nutzungskonzept zu entwickeln. Aus denkmalpflegerischer Sicht stelle die Alte Mühle ein technikgeschichtliches Kulturdenkmal von überregionaler Bedeutung dar, so der Heimatbund. Im Inneren haben sich Teile des Laboratoriums und kleine Versuchsöfen bis heute erhalten. Das Bauwerk bildet mit dem benachbarten ehemaligen Brennhaus ein Denkmalensemble, dessen Elemente im engen Kontext stehen. Zudem handelt es sich gemeinsam mit den Werkwohnungen in der Von Langen-Reihe um die ersten Betriebsanlagen der Porzellanmanufaktur Fürstenberg. Der Niedersächsische Heimatbund hält diese ersten Betriebsanlagen für ein Denkmal von internationalem Rang. Es handelt sich dabei um die ältesten erhaltenen Betriebsanlagen einer Porzellanmanufaktur in ganz Europa.
Das „Alte Brennhaus“ in direkter Nachbarschaft zur Alten Mühle ist um 1750 zum Brennen von Porzellan errichtet worden. Es war eine der ersten Betriebsanlagen der Porzellanmanufaktur Fürstenberg, bevor die Produktion ins Schloss Fürstenberg verlegt wurde. Die bei Ausgrabungen ab dem Jahr 2009 freigelegten Porzellan-Brennöfen im ältesten Bereich des Brennhauses sind die frühesten nachgewiesenen ihrer Art in Mitteleuropa. Das erste Brennhaus wurde in einen früheren Steinbruch gesetzt. In den noch erhaltenen Kellerräumen befinden sich teilweise in die Wände integrierte, ofenähnliche Vorrichtungen. Der älteste Teil des Brennhauses wurde 1889 aufgegeben und zum Teil abgerissen. Da er eingetieft in den Hang gebaut war, wurde 1889 nur das Dach entfernt und der Hohlraum verfüllt. Dadurch blieben der Brennraum mit einer Raumhöhe von 3,6 Meter und die darin befindlichen Brennöfen erhalten. Im Laufe der Zeit wurde das Brennen von Porzellan in den Manufakturbetrieb im Schloss Fürstenberg verlegt. Durch Baggerarbeiten beim Abriss eines Stallgebäudes hinter dem Alten Brennhaus im Jahr 2006 traten die Überreste eines Brennhauses zutage, dessen Existenz bis dahin nur archivalisch bekannt war. Danach wurden archäologische Grabungen zwischen 2009 und 2012 vorgenommen, bei denen drei Brennöfen freigelegt wurden. Die Untersuchungen ergaben, dass die freigelegten Öfen die ersten Brennöfen der Porzellanmanufaktur Fürstenberg waren und fast unberührt erhalten geblieben sind. Nach Abschluss der Ausgrabungen wurde die Grabungsstelle mit Sand verfüllt, um sie später museal und touristisch erschließen zu können. Der Niedersächsische Heimatbund hält auch diese frühen Betriebsanlagen für Denkmäler von internationalem Rang, da sie die ältesten erhaltenen Betriebsanlagen einer Porzellanmanufaktur in Europa sind.
Fotos: Thomas Kube