Landkreis Holzminden/Holzen (red).Am späteren Sonntagvormittag haben sich die Vorsitzende des Heimat- und Geschichtsvereins (HGV), Marlies Linnemann, Landrat Michael Schünemann, Samtgemeindebürgermeister Wolfgang Anders und Bürgermeisterin Silke Hage am Ehrenfriedhof Holzen eingefunden, um zum Gedenken an die Opfer des nationalsozialistischen Terrors einen Kranz niederzulegen. Die Kranzniederlegung erfolgt traditionell am Sonntag nach dem 27. Januar, der bundesweit seit 26 Jahren als offizieller Gedenktag anlässlich der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz Ende Januar 1945 begangen wird. Die Teilnehmenden erinnerten in diesem Jahr nicht nur an das Vergangene, sie betonten auch die Wichtigkeit des Erinnerns für die Gegenwart. 

Normalerweise hat die gesamte Gedenkveranstaltung einen breiteren öffentlichen Rahmen. Doch pandemiebedingt musste auf das anschließende Treffen im Gemeindehaus Holzen mit einem Vortrag und anschließenden Diskussionen verzichtet werden. Und auch die Kranzniederlegung fand wegen der aktuellen Infektionszahlen in aller Stille statt. Der Ehrenfriedhof ist überdies stark sanierungsbedürftig, entsprechende Maßnahmen zur Wiederherstellung und künftigen barrierefreien Begehbarkeit sollen aber in Kürze begonnen werden. „Wir haben das Vergabeverfahren für die baulichen Maßnahmen gerade abgeschlossen, die ausführende Firma steht in den Startlöchern und wird, falls es die Witterung zulässt, noch im Februar mit den ersten Arbeiten anfangen“, stellt Samtgemeindebürgermeister Wolfgang Anders dazu fest. 

Das Erinnern an diesem zentralen Gedenkort des Landkreises sei ihm persönlich besonders wichtig, unterstrich der Samtgemeindebürgermeister. „Mit dem Holocaust-Gedenktag erinnern wir an die wohl düstersten Stunden unserer Vergangenheit. Zahlreiche Menschen fielen ihm zum Opfer, mussten Schwerstarbeit verrichten und starben nicht zuletzt an den Folgen und Umständen. Dieses Andenken aufrecht zu erhalten ist ein wichtiger Beitrag, die Geschichte unseres Landes zu verarbeiten und den Opfern sowie ihren Hinterbliebenen und Angehörigen Respekt zu zollen“, erklärte Wolfgang Anders. 

Diese Auffassung teilten auch Michael Schünemann, Marlies Linnemann und Silke Hage. Dem Landrat und der HGV-Vorsitzenden war es jedoch darüber hinaus auch wichtig, den Bezug zur Gegenwart noch einmal besonders hervorzuheben. Es gebe schon lange Stimmen, die forderten, unter die Vergangenheit der Herrschaft der Nationalsozialisten endlich einen Strich zu ziehen, meinte Marlies Linnemann. „Mittlerweile werden diese Forderungen allerdings auch auf die Straße und in die Breite der Gesellschaft getragen“, so Linnemann. Die sogenannten „Spaziergänge“ würden durch rechte Parteien und Gruppierungen über soziale Medien organisiert. „Freie Niedersachsen und Co. benutzen die Sorgen und Ängste der Bürger*innen in der Pandemie, um ihnen vorzugaukeln, dass sie sich für ihre Belange einsetzen. In Wirklichkeit wollen sie Rechtsstaat und Demokratie aushöhlen und eine Spaltung der Gesellschaft erreichen“, unterstrich die HGV-Vorsitzende. Das alles habe es schon einmal gegeben, in den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts. „Das Ende kennen wir: 64 Millionen Tote, ein verwüstetes Europa und so viel menschliches Leid, dass es bis heute nachwirkt.“ 

Dies Auffassung teilte auch Landrat Michael Schünemann. „Wie muss sich ein ehemaliger KZ-Häftling fühlen, wenn der gelbe Stern durch das Tragen auf einer Demo gegen Corona-Maßnahmen so bagatellisiert und verhöhnt wird? Wie geht es Menschen und ihren Nachfahren, wenn ein Großteil ihrer Familie ermordet und ausgelöscht wurde, wenn ihnen befohlen wird, das zu vergessen?“, fragte Schünemann. Deshalb gelte es, sich die Vorgehensweise der Nationalsozialisten immer wieder ins Gedächtnis zu rufen und sich bewusst zu machen, dass es eine perfide Taktik der Demokratiefeinde sei, sich als Wölfe im Schafspelz zu verhalten. Es könne gar nicht genug Aufarbeitung und damit auch Gedenken geben, so der Landrat. „Den Opfern des Nationalsozialismus zu gedenken heißt, die Geschichte anzuerkennen, die Schlüsse daraus zu ziehen und nie wieder eine Diktatur auf deutschem Boden zuzulassen!“, betonte der Landrat während der Kranzniederlegung.