Holzminden (red). „Das ist ein Schlag ins Kontor. Die Kürzung der Fördermittel durch den Kreistag um 20 Prozent auf nur noch 80.000 Euro im Jahr steht im krassen Missverhältnis zur Bedeutung, die der Sport für die Gesellschaft in unserem Landkreis innehat.“ Bernd Wiesendorf als Vorsitzender des Kreissportbundes Holzminden und sein kompletter Vorstand ringen deshalb um Fassung und sind stark verärgert: Statt hoffnungsvoll mit ihren 168 Sportvereinen im Landkreis Holzminden einen Neustart nach den erheblichen Einschränkungen durch die Corona-Pandemie wagen zu können, sehen sie nun ihre Handlungsfähigkeit gefährdet.
„Uns ist schon bewusst, dass der Landkreis Holzminden angesichts der sehr angespannten Lage nach Einsparpotentialen suchen muss“, erläutert Wiesendorf. Deshalb sei der Kreissportbund immer solidarisch gewesen, doch jetzt werde eindeutig am falschen Ende gespart! „Womöglich ist nicht allen Kreistagsmitgliedern bewusst, was sie mit ihrer Abstimmung bewirken. Es klingt nach einer verwaltungstechnischen Entscheidung, dem Kreissportbund die Mittel zu kürzen“, so Wiesendorf. „Muss der Kreissportbund eben kürzer treten, mögen sie gedacht haben. Doch von jedem einzelnen Cent dieser Förderung profitieren unsere Vereine, die komplette Summe fließt direkt in den organisierten Sport! Das sind Übungsleiterzuschüsse, Hilfen zum Sportstättenbau, die Sportgeräteförderung und vieles mehr. Ich denke an dieser Stelle auch an die Flüchtlinge aus der Ukraine, die zu uns kommen werden. Das sind mehrheitlich Frauen und Kinder. Jeder weiß doch, dass der Sport als Motor der Integration unbestritten ist. Doch nun fehlt das Geld in jedem Sportverein in jeder Gemeinde des Landkreises.“
Besonders ärgerlich macht ihn diese Kürzung von 40.000 Euro für die nächsten beiden Jahre, weil der Kreissportbund bereits 2021 auf 25.000 Euro verzichtet hat – nach eigenem Wissen als einziger Zuwendungsempfänger. „Diese Kürzung um 25 Prozent haben wir als einmalige Maßnahme zur Konsolidierung des Kreishaushaltes angesehen. Nur mit erheblichen Anstrengungen und einer veränderten Disposition konnten wir das zum Teil kompensieren, unsere Rücklagen wurden dabei aufgebraucht“, blickt KSB-Vorstandsmitglied Heinz-Willi Franke, Fachbereich Finanzen und Verwaltung, zurück.
Gemeinsam mit seinem Vorstand wundert sich KSB-Chef Bernd Wiesendorf über die Intransparenz bei Höhe und Wirksamkeit der Fördersumme an diejenigen Kommunen, in denen keine landkreiseigenen Sportstätten vorhanden sind. „Wir haben kein belastbares Bild, wie die Kommunen diese Förderung an die Sportvereine weitergeben. Aber, wenn das für uns als Vertreter des organisierten Sports nicht nachvollziehbar ist, dann sollte dort vielleicht zunächst geprüft werden“, sagt er und unterstreicht: „Sportförderung aus einer Hand – das ist unsere klare Haltung zu diesem Thema und gleichzeitig auch unsere Forderung.“
Die enorme Bedeutung des Sports wurde dem Kreissportbund auch von Kreisjugendpfleger Benjamin Peters bestätigt. In einer E-Mail hatte dieser deutlich gemacht: „Der Sport ist aus unserer Sicht ein unverzichtbarer Bestandteil der Angebotslandschaft im ländlichen Raum. Die positiven Auswirkungen einer guten finanziellen Ausstattung und damit auch Wertschätzung und Förderung des ehrenamtlichen Engagements sind uns gerade hier im Jugendamt bewusst. Die Einbindung junger Menschen in Vereinsgemeinschaften ist und bleibt von hoher Bedeutung, insbesondere vor dem Hintergrund der Pandemie.“ Wie Peters schreibt, war deshalb wieder die übliche Fördersumme von 100.000 Euro in die Haushaltsplanung eingestellt worden. „Ganz offensichtlich haben die Mitglieder des Kreistages diese Bedeutung nicht erkannt und deshalb anders entschieden“, macht Wiesendorf keinen Hehl aus seinem Ärger.
Dieser verstärkt sich noch angesichts der Entscheidung des Kreistags, alle anderen freiwilligen Leistungen pauschal um fünf Prozent zu reduzieren. „Unsere Sportvereine müssen jetzt eine Reduktion von 20 Prozent mittragen“, so Wiesendorf. „Da muss ich mir an dieser Stelle schon die Frage stellen: Warum sind es beim Sport 15 Prozent mehr?“ Immerhin betrifft das rund 28.500 Sporttreibende im Landkreis Holzminden. „Für mich ist völlig unverständlich, warum es vor der Entscheidung keine Beratung in den Fachausschüssen des Landkreises gegeben hat. Der Weg zu diesem Ergebnis erfolgte ohne Vorankündigung. Wir wären sehr gerne bereit gewesen, mit fundierten Argumenten zur Sachentscheidung beizutragen“, sagt Wiesendorf.
Umso schwieriger sieht er die Kürzung vor dem Hintergrund der hohen Herausforderungen, vor denen alle Sportvereine gerade stehen. „Wir waren durchaus optimistisch, im Jahr 2022 aus der Pandemiesituation herauszukommen“, erklärt Wiesendorf. „Der aktuelle Status sieht aber leider ganz anders aus: Die Vereine verzeichnen einen spürbaren Mitgliederschwund, was einhergeht mit einem Verlust von Vereinsbeiträgen. Der Sport erlebt wieder erhebliche Einschränkungen bis hin zur Einstellung von Sportangeboten. Das ist ein erheblicher Attraktivitätsverlust.“ Ganz zu schweigen von der dramatischen finanziellen Situation der Vereine: „Notwendige Veränderungsprozesse, Corona-Tests und Desinfektion sind zusätzliche Kostentreiber für die Vereine. Darüber hinaus dürfen wir nicht vergessen, dass etwa 90 Sportvereine über eigene Sportsstätten und Liegenschaften mit massiv steigenden Energiekosten verfügen.“ Dass all diese Aspekte bei der Entscheidung über die Fördermittel nicht berücksichtigt worden sind, können er, sein Vorstand und sicher auch alle Sportvereine nicht verstehen.