Holzminden (haa). „Wenn wir heute nichts tun, leben wir morgen wie vorgestern“- ein Zitat von Annemirl Bauer aus dem Film Die Unbeugsamen 2. Der Kreisverband der Frauen Union Holzminden lud am gestrigen Abend zu einem Kinoabend im Roxy Holzminden ein, der ganz im Zeichen der Lebensrealität von Frauen in der DDR stand.
Bevor der Film begann, hatten die Besucher die Möglichkeit sich eine kleine Tüte Popcorn aufs Haus zu holen. Die Reihen des Kinosaals waren gut gefüllt, und aufgrund der hohen Nachfrage musste sogar auf einen größeren Saal zurückgegriffen werden. Um 18.15 Uhr verdunkelte sich der Saal, und Die Unbeugsamen 2 startete. In dem Film erzählen 15 verschiedene Frauen von Ihrer Zeit als junge Frauen, die in der Demokratischen Deutschen Republik mit Widerständen und strukturellen Ungleichheiten zu kämpfen hatten. Obwohl sie im Vergleich zu den Frauen in der BRD beruflich aktiver waren, wurden sie schlechter bezahlt als ihre männlichen Kollegen und mussten die Dreifach-Belastung von Arbeit, Haushalt und Kindererziehung meistern.
Die ehemalige Oberbürgermeisterin von Potsdam, Brunhilde Hanke, die Schriftstellerin Katja Lange-Müller und die frühere Blockwalzerin Katrin Seyfarth – all diese Frauen haben eine Gemeinsamkeit: Sie arbeiteten in Männer dominierten Berufen und waren täglich mit Vorurteilen und angezweifelten Fähigkeiten konfrontiert. Sie mussten sich stärker beweisen als die Männer. Doch wie im Film gesagt wurde, haben die Frauen gelernt, an den strukturellen Ungleichheiten und der fehlenden Gleichberechtigung zu wachsen und sind auf dieser Weise stärker geworden. Mit viel Humor und Ironie erzählen sie die Anekdoten der Vergangenheit, sodass das Publikum im Kino immer wieder schmunzeln und lachen musste.
Nach dem Film konnten sich die Besucher auf eine Diskussionsrunde mit der stellvertretenden Vorsitzenden der Frauen Union, Cornelia-Meyer Löhr, und der CDU-Bundestagsabgeordneten Mareike Lotte Wulf freuen. Auf dem schwarzen Sofa - oder besser gesagt „dem schwarzen Sessel“ - berichteten die beiden Frauen aus ihrer Wahrnehmung der beiden Welten, DDR und BRD. Dabei schilderte Löhr, wie es für sie war, als sie von ihrer Heimat in Ostdeutschland in den Westen kam und den Unterschied vor allem in der Schule bemerkte: „Im Vergleich zur DDR war es in der Schule viel lockerer, besonders was das Verhalten gegenüber den Lehrkräften anging“. Scherzhaft fügte sie hinzu, dass ihr dies auch bei Besuchen bei Freunden auffiel. Löhr musste nie ihre Schuhe ausziehen, bevor sie das Haus betrat. „Das war in unserer Heimat anders“, erklärte sie dem Publikum. Zudem sei das Konsumverhalten sehr unterschiedlich gewesen: Während Werbung in der DDR nicht existierte, sprudelte der Westen nur so vor Werbung und Konsum. „Die goldene Mitte ist der richtige Weg“, so Löhr.
Wulf sprach davon, dass sie die Grenze zwischen Ost und West als Kind nie so wirklich wahrgenommen habe. In ihrer Familie habe das Thema keine große Rolle gespielt, und sie habe den Mauerfall trotzdem als freudiges Erlebnis empfunden. Erst nach der Wiedervereinigung haben die Menschen realisiert, wie erheblich die Unterschiede zwischen Ost und West tatsächlich waren. ###Auf die Frage, welche strukturellen Ungleichheiten und Mängel an Gleichberechtigung auch in der Gegenwart noch bestehen, antwortete Wulf: „Wir haben in vielen Punkten noch Luft nach oben. Ein zentrales Thema ist die männliche Beteiligung an Kindererziehung und Hausarbeit sowie die Wiederseinstiegsmöglichkeiten für Frauen, die nach ihrem Mutterschutz wieder in ihren Beruf einsteigen möchten. Dabei spielt die Kapazität der Kita-Plätze eine wichtige Rolle. Diese muss weiter ausgebaut werden“. Wulf konnte in ihrer politischen Laufbahn von der Tatsache profitieren, dass weibliche Unterstützung in der Politik mittlerweile gefördert wird. Dennoch gebe es immer noch Vorurteile, die Frauen begegnen würden. Im Hinblick auf den Kanzlerkandidaten Friedrich Merz, der bei Umfragen besonders bei jungen Frauen nicht überzeugen kann, wurde Wulf gefragt, welchen Tipp sie ihm geben würde. Sie antwortete: „Ich habe ihn als jemanden erlebt, der sehr viel offener für Frauen Themen ist, als viele Menschen es denken. Er hat sich in den letzten Jahren sehr entwickelt und hat schließlich die Frauenquote in der CDU eingeführt“.
Löhrs Motivation, sich für die Frauen Union zu engagieren, sei das Streben nach Gleichberechtigung von Frauen sowie ihr eigenes politisches Interesse. Die Frauen Union organisiert regelmäßig Veranstaltungen, besucht Firmen mit Frauen in Führungspositionen. Veranstaltungen wie diese, würden den Lerninput fördern und die Menschen dazu anregen, sich mit gesellschaftlichen und historischen Themen auseinanderzusetzen. Eine Besucherin des Kinoabends, Eileen Stiehler, Lehrerin der Sekundarstufe 1, schätzt den zwanglosen Austausch, der sich durch solche Veranstaltungen entwickelt. Sie könne viel für ihre Arbeit mit Kindern und Jugendlichen mitnehmen. Außerdem sei ihrer Meinung nach der Zusammenhalt der Generation wichtig, um sich gegenseitig bei doppelter Belastung zu unterstützen - zum Beispiel, wenn Großeltern auf die Enkelkinder aufpassen, damit beide Elternteile arbeiten gehen können. Für sie sei ihre Großmutter immer der Inbegriff einer starken Frau gewesen. Vergleichbar mit den Frauen, die im Film abgebildet wurden.