Holzminden (red). Zweite Runde des vom Landrat ins Leben gerufenen Wirtschaftsbeirates. Im Frühjahr hatte Michael Schünemann in der Nachfolge des in die Jahre gekommen Wirtschaftsgespräches ein neues Gremium mit Wirtschaftsvertretern aus dem gesamten Landkreis und aus der Verwaltung gegründet: den Wirtschaftsbeirat. Der soll, nach dem Willen aller Beteiligten, strukturelle Probleme besser identifizieren und damit gemeinsam die regionale Entwicklung stärken. Sowohl Verwaltung als auch die Wirtschaftsvertreter hatten dafür bei der konstituierenden Sitzung Aufgaben mitgenommen. Beim jetzt in der Georg-von-Langen-Schule Berufsbildende Schulen Holzminden stattgefundenen nächsten Treffen wurden die Ergebnisse präsentiert und als eines der wesentlichsten Probleme der zunehmende Fachkräftemangel diskutiert.
Gemeinsam mit Ronald Tolle von der Kreishandwerkerschaft hatte Hans Joachim Rambow von der IHK-Geschäftsstelle Hildesheim bei allen Mitgliedern beider Verbände eine Umfrage vorgenommen, um nicht nur im kleinen Kreis, sondern von allen Betrieben im Landkreis genauer in Erfahrung zu bringen, wo denn die Schwerpunkte künftig am besten gesetzt werden sollten. Das Ergebnis gab einen recht guten Überblick darüber, was Unternehmen in der Region für wichtig halten.
Während der grundsätzliche Erhalt der Infrastruktur und die Gewinnung von Fachkräften bei den an der Umfrage beteiligten Mitgliedern die höchste Priorität genoss, waren Fragen zur Verkehrsanbindung, zur Energiewende bzw. Klimaschutz und den kommunalen Finanzen eher zweitrangig. Wobei alle Punkte, wie Rambow ausführte, durchaus sehr eng beieinander lagen und beispielsweise Energiefragen aus aktueller Sicht sicher mittlerweile höher bewertet würden als zum Zeitpunkt der Umfrage im Frühsommer.
Der Landrat wiederum stellte zusammen mit Kreisbaurat Ralf Buberti und der Leiterin der Wirtschaftsförderung/Kreisentwicklung, Dr. Jutta Klüber-Süßle, umfassend dar, welche Aufgaben der Landkreis derzeit bewältigt und welche noch auf ihn zukommen. Zentrale Entwicklungsziele des Landkreises seien es, mithilfe verschiedenster Maßnahmen die Lebensqualität zu steigern, die Identität und das Engagement der Bürger*innen zu stärken und die regionale Wertschöpfung zu erhöhen. Darüber hinaus sei es auch Aufgabe des Landkreises, die Infrastruktur zu erhalten, das Naturraumpotential in Wert zu setzen und die gesellschaftliche Teilhabe aller Bürgerinnen und Bürger zu sichern. Wie das konkret von der Verwaltung in die Tat umgesetzt wird, erläuterten der Landrat, der Kreisbaurat und die Wirtschaftsförderin in der Folge ausführlich.
Tatsächlich ist der Landkreis tagtäglich im Rahmen seiner Aufgabengebiete mit einer Fülle von unterschiedlichen Planungen und Arbeitsschritten in dieser Richtung beschäftigt, und das trotz schwieriger Bedingungen in bestimmten Bereichen durchaus erfolgreich, will man dem renommierten Wirtschaftsforschungsunternehmen Prognos Glauben schenken. Denn das bescheinigte dem Landkreis noch 2019 ein ausgewogenes Entwicklungspotential mit nur leichten Risiken. Wesentlichste Aufgaben seien künftig beispielsweise, den Berufsschulstandort zu sichern, die Digitalisierung nach den Vorgaben des Onlinezugangsgesetzes (OZG) voranzutreiben und beispielsweise hinsichtlich der Daseinsvorsorge auf Sicht auch für die Schaffung von regionalen Gesundheitszentren zu sorgen.
In der weiteren Diskussion fokussierte sich die Fragestellung vor allem auf das Problem des Fachkräftemangels. Im Kern ging es dabei darum, was die Wirtschaftsunternehmen selbst in der Hand haben und was der Landkreis an Unterstützung dazu anbieten könnte. Gerhard Durchstecher, Vorsitzender der Geschäftsführung der Arbeitsagentur Hameln verwies in diesem Zusammenhang auf schon bestehende Angebote seiner Agentur im Hinblick auf die Personalentwicklung. Es gehe darum, diejenigen, die schon in der Region lebten, aber noch keine Fachkräfte seien, in den Fachkräftemarkt zu bringen. Diese Menschen müssten entsprechend qualifiziert werden.
Die Frage, was die Verwaltung aktiv zur Fachkräftegewinnung beitragen könne, beantwortete schließlich Carina Bolte, die in Boffzen einen Malereifachbetrieb führt. Eine bessere Bus-Verbindung aus der Kreisstadt würde ihr beispielsweise bei der Anwerbung von Fachkräften durchaus helfen. Speziell Betriebe in den kleineren Orten allerdings werden sich wohl auch künftig mit den üblichen Fahrzeiten der Schülerbeförderung zufriedengeben müssen. Denn die Finanzen, darauf machten alle drei Verwaltungsvertreter immer wieder im Verlauf des Treffens aufmerksam, lassen kaum Spielraum.Bis zum nächsten Treffen sollen die demografischen Daten aufbereitet werden, um das Thema noch einmal zu vertiefen und gemeinsame strategische Ziele festzulegen.
Foto: Peter Drews/Landkreis Holzminden