Holzminden (red). Der Vereinigung Ehemaliger am Campe-Gymnasium ist es gelungen, in Kooperation mit der Schulleitung die wunderschönen, großen Gemälde, die früher in der Aula des Gymnasiums in der Wilhelmstraße hingen, restaurieren zu lassen und sie am neuen Bestimmungsort im Vorraum des Verwaltungstrakts in der Liebigstraße auszustellen.
In einer kleinen, feierlichen Präsentation erläuterte Herr StD Fenz, stellvertretender Schulleiter, die Historie und die Hintergründe der Bilder (Bild 2 zeigt das Gemälde der Schule an der Uferstraße). Die Werke wurden 1894 bzw. 1899 anlässlich der Verlegung des Schulbetriebs von der Uferstraße in das neu errichtete wilhelminische Gebäude in der Wilhelmstraße vom damaligen Schuldirektor beim Maler Karl Büttger in Auftrag gegeben. Ziel war es, die bisherigen Schulstationen Kloster Amelungsborn und Uferstraße in Holzminden traditionsreich darzustellen.
Karl August Friedrich Büttger, auch Carl Büttger genannt, hatte von 1856 bis 1858 an der Kunstakademie Düsseldorf studiert und war danach in einem Künstleratelier in Hannover tätig, bevor es ihn nach Holzminden zog. Dort wirkte er als Zeichenlehrer. Ab 1876 unterrichtete er an der Baugewerkeschule, ab 1878 zudem am damaligen Herzoglichen Gymnasium sowie der Höheren Töchterschule. Büttger spezialisierte sich auf Landschaftsmalerei, wobei viele seiner Motive idealisierte Ansichten aus dem Weserbergland zeigen. Später wurde ihm der Professorentitel verliehen. Einer seiner bekanntesten Schüler war der spätere Maler Fritz Mackensen, Mitbegründer der Künstlerkolonie Worpswede.
Der Anstoß für die Wandgemälde ging schon damals von der Ehemaligenvereinigung aus. Sie bot dem damaligen Direktor Prof. Hermann Lentz im Juni 1894 an, ein künstlerisches Werk für den „Singsaal“, die zukünftige Aula, zu spenden. In einer Festvorbereitungskonferenz hatte das Schulkollegium der Ausführung zugestimmt. Zur Finanzierung sammelte Pastor Seebaß aus Dielmissen unter den Ehemaligen Spenden.
Carl Büttger schuf binnen weniger Wochen ein drei Meter breites und 1,5 Meter hohes Ölgemälde mit der Darstellung von Amelungsborn als erster Schulstation. Im Kloster liegt der Ursprung der Lateinschule, die 1569 zu Zeiten der Reformation von Herzog Julius gegründet wurde. Bei diesem Gemälde (Bild 1) fällt besonders die idealisierte Perspektive auf die Klostergebäude auf.
Das zweite Gemälde entstand etwas später. Nachweislich erhielt Büttger hierfür 1899 die Summe von 467,19 Mark, welche größtenteils aus einer Sonderkasse bzw. dem Garantiefonds für die Festivitäten von 1894 stammte. Dafür erhielt der damalige Schuldirektor einen kleinen Rüffel von der Aufsichtsbehörde. Das Bild zeigt die Schule in der Uferstraße aus dem Jahre 1826, in der heute die Schule an der Weser als Förderschule untergebracht ist. Prägnant ist die Giebelinschrift „DEO ET LITTERIS“, die sowohl an die kirchliche Tradition des Klosters als auch an die Verlegung der Schule in die Stadt Holzminden zu Zeiten der Aufklärung (1760) erinnert. Interessant sind auch die weiteren dargestellten Ansichten und Tätigkeiten, wie die damals bedeutende Schifffahrt und Flößerei auf der Weser.
Bei der Bildereinweihung war Herr Prätorius aus Holzminden anwesend, der Kontakt zur Familie Ossenkopf hat. Ossenkopf und Büttger waren damals Kollegen am Gymnasium. Die Familie Ossenkopf hat Fotos, Bilder und weitere Dokumente von Carl Büttger aufbewahrt, die Herr Prätorius mitgebracht und präsentiert hat. Besonders faszinierend war der „kleine Bruder“ des Amelungsborn-Gemäldes – ein kleines DIN-A4-Bild unter dem großen Wandgemälde. Die Vereinigung konnte dieses Bild erwerben und dem Campe-Gymnasium als Dauerleihgabe, z. B. für den Kunstunterricht, zur Verfügung stellen.
Ein besonderer Dank gilt Restauratorin Barbara Hofmann-Moss aus Höxter. Sie hat nicht nur kleinere Beschädigungen an den Gemälden ausgebessert, sondern diese auch neu gerahmt, sodass die Bilder nun wieder als Gesamtkunstwerke präsentiert werden können. Dank gilt außerdem der Vereinigung Ehemaliger, der VR-Bank Südniedersachsen sowie einzelnen Mitgliedern, die mit ihren Spenden die Restaurierung dieser historischen Zeitdokumente ermöglicht haben – ganz im Sinne des schulischen Leitbilds „Tradition bewahren“.
Wer die Bilder selbst sehen möchte, kann dies zu den regulären Öffnungszeiten des Campe-Gymnasiums tun. Die Werke sind mit QR-Codes versehen, die weiterführende Informationen bieten.
Die Gemälde bilden zusammen mit anderen Exponaten – wie etwa der Urkunde der Baugewerkeschule zur Schuleinweihung 1894 – ein historisches Gesamtkonzept, das die Entwicklung der Lehranstalt von 1569 bis zum heutigen Campe-Gymnasium in der Liebigstraße veranschaulicht.
Fotos: Ehemaligenvereinigung Campe-Gymnasium